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Teuflische List

Teuflische List

Titel: Teuflische List
Autoren: Hilary Norman
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ist das erste Mal«, sagte er, »dass ich aus deinem Munde solche Scheiße gehört habe, Abigail.«
    Sie blickte ihn überrascht an.
    »Ich benutze dieses Wort bewusst«, sagte Moran.

68.
    »Wir müssen reden«, sagte Abigail drei Wochen vor ihrem Entlassungstermin am Telefon zu Jules. »Über meine Fußfessel.«
    »Was gibt es da noch zu reden?«, entgegnete Jules.
    »Macht es dir wirklich nichts aus, dass Leute ins Haus kommen und dieses Ding mit deinem Telefon verbinden?«
    »Mit unserem Telefon«, verbesserte Jules sie. »Und offen gesagt, würde es mich nicht einmal kümmern, wenn eine ganze Kompanie von Justizbeamten ins Haus kommen würde, solange du nur wieder heimkommst.«
    Abigail hielt kurz inne.
    Das tat sie nur selten, wenn die Einheiten auf der Telefonkarte heruntertickten.
    »Ich habe mich gefragt«, sagte sie, »ob ich nicht erst einmal zu Michael ziehen sollte, bis sie die Fußfessel abnehmen.«
    »Hör auf, dich so etwas zu fragen«, ermahnte Jules sie.
    »Aber was ist, wenn etwas schief geht? Wenn ich eines Abends die Ausgangssperre verpasse oder ein kleines, dummes Verbrechen begehe, und sie holen mich wieder zurück?«
    »Du wirst nichts dergleichen tun«, sagte Jules.
    »Aber was, wenn …«
    »Du kommst nach Hause, Abigail.«

69.
    Am ersten Donnerstagmorgen im Mai roch die Yorkshire-Luft frisch nach einem heftigen Regenschauer, und die Sonne glitt gerade hinter den dunklen Wolken hervor, als Michael Moran sich mit Abigail vor Askham Grange traf.
    »Das Wort, das mir als Erstes in den Sinn kommt, ist ›Halleluja‹«, sagte er und umarmte sie.
    Abigail drückte ihn zaghaft und löste sich dann von ihm.
    »Ich kann nicht glauben, dass du so einen weiten Weg für mich gefahren bist.«
    »Warum sollte ich das nicht tun?«
    Moran versuchte, ihr die Plastiktaschen mit ihren Besitztümern abzunehmen, doch Abigail hielt sie fest, und er nötigte sie nicht, sondern drehte sich um und ging zum Wagen voraus.
    »Jules hat sich so sehr gewünscht, hier zu sein«, sagte er. »Aber da sie über Nacht hätte bleiben müssen, war das wegen der Kleinen nicht möglich.«
    »Wie geht es ihnen?« Abigails Stimme klang beinahe unbeteiligt.
    »Es geht ihnen allen wunderbar.« Moran lächelte. »Und dein Sohn ist fantastisch. In ein paar Stunden wirst du’s ja selbst sehen.«
    »Ich hätte auch allein fahren können, Michael.«
    »Das hätte niemand zugelassen. Es war kein großesProblem, glaub mir. Ich bin über Nacht in einer charmanten Pension untergekommen.« Er hielt kurz inne. »Da fällt mir ein … hast du Hunger, Abigail?«
    Sie schüttelte den Kopf, sah, dass sie sich seinem Wagen näherten und dass es sich dabei noch um denselben alten blauen Ford Granada handelte, den er schon immer gefahren hatte. Das tröstete sie auf seltsame Weise; dann erinnerte sie sich daran, dass es ihre erste Pflicht als halbfreier Mensch war, sich mit ihrem Bewährungshelfer zu treffen.
    »Ich muss zuerst nach Ipswich«, sagte sie.
    »Ich weiß«, erwiderte Moran.
    Er wartete, bis sie die Taschen in den Kofferraum gelegt und sich auf den Beifahrersitz gesetzt hatte.
    »Alles klar?«, fragte er.
    »Ja«, antwortete sie und schnallte sich an.
    Zwei von Morans Worten gingen ihr immer wieder durch den Kopf.
    Dein Sohn.
    Ein Fremder.
    Genauer gesagt, war sie die Fremde hier.
    Nach zwei Stunden Fahrt legten sie eine Pause in einem Pub nahe der A1 ein. Moran schlang ein in Teig eingebackenes Würstchen hinunter, doch Abigail rührte ihr Sandwich kaum an.
    »Lebst du immer noch von diesem Sumpfwasser?« Der Priester schaute missbilligend auf ihren schwarzen Kaffee. »Hättest du nicht lieber etwas Stärkeres?«
    »Nein, danke.« Abigail lächelte. »Später vielleicht.«
    »Ich bin sicher, dein Bewährungshelfer hätte vollstes Verständnis dafür, wenn ich als Priester dich in die Irre führe.« Moran grinste. »Vielleicht hast du Recht.«
    Auf dem letzten Stück der Fahrt versuchte er mehrere Male, Abigail in ein Gespräch zu verwickeln, scheiterte damit aber. Er wollte ihre Anspannung ein wenig lösen, doch sie ließ sich nicht verlocken. Als sie sich Ipswich näherten, fühlte Abigail sich derart angespannt, dass sie glaubte, langsam in Stücke gerissen zu werden; hätte Michael den Wagen auch nur kurz angehalten, hätte sie augenblicklich die Flucht ergriffen. Seltsamerweise vermisste sie plötzlich ihre Freundinnen aus dem Gefängnis, und einige von ihnen waren gute Freundinnen geworden. Monatelang hatten sie in dem gleichen
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