Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Teuflische List

Teuflische List

Titel: Teuflische List
Autoren: Hilary Norman
Vom Netzwerk:
gemacht, als ich ihn mitgenommen habe.«
    »Wer bin ich dann, dass ich da widersprechen könnte?«, sagte Abigail.
    Das Haus war aus weißen Steinen gebaut und hatte ein Reetdach und einen hübschen Garten mit Spalieren, Apfelbäumen, einem Steintisch und einer Bank.
    Jules hatte zunächst gezögert, als sie die Bank gesehen hatte.
    Sie glich derjenigen, die Silas neben dem Teich über dem Grab ihres Vaters im Beton verankert hatte.
    Dem Grab von Ollis und Thomas’ Großvater.
    Es ist nur eine Bank, Jules.
    Und eigentlich sah sie der in Muswell Hill überhaupt nicht ähnlich.
    Das Haus war perfekt: ausreichend groß für zwei Erwachsene, zwei Kinder und einen alten, rheumatischen Dackel. Allerdings brauchte es noch eine neue Heizung, und Jules plante, auch ein neues Badezimmer einzubauen, doch die Küche war schick, und das Wohnzimmer ging nach Süden.
    Und hier gab es keine Erinnerungen, und es bot den Segen der Anonymität.
    Perfekt.
    »Es hört sich wunderbar an«, sagte Abigail.
    »Das ist es auch«, bestätigte Jules.
    »Was ist mit Jules’ Books?«
    »Ich werde den Laden verkaufen«, antwortete Jules. »Die einzige Bedingung wird sein, dass die neuen Besitzer Drew behalten, wenn er bleiben will.« Sie hielt kurz inne. »In Foldingham gibt es keinen Buchladen. Vielleicht denke ich mal darüber nach.«
    »Wirst du London nicht vermissen?«, fragte Abigail.
    »Ich glaube nicht«, antwortete Jules. »Ich kann ja immer zu Besuch dorthin fahren.«
    »Was ist mit Philip?«
    »Was soll mit ihm sein?« Jules schaute sie ruhig an.
    »Ich dachte, du hättest dich öfter mit ihm getroffen.«
    »Ein Drink und ein Dinner«, sagte Jules. »Das kann man wohl kaum als öfter bezeichnen.«
    »Er hat mich wieder besucht«, sagte Abigail.
    »Ich weiß.«
    »Er ist ein liebevoller Mann«, sagte Abigail.
    »Auch das weiß ich«, erwiderte Jules.
    »Gibt es in Foldingham eine Anwaltskanzlei?«, fragte Abigail.
    »Hör auf, mich verkuppeln zu wollen«, sagte Jules. »Das klappt ohnehin nicht.«
    »Schade«, sagte Abigail. »Damit hätte ich zumindest was Hübsches zum Nachdenken.«
    »Ich fürchte, da kann ich dir nicht behilflich sein«, sagte Jules, »noch nicht einmal dafür.«

65.
    Am ersten Samstag im Juli, elf Tage vor Thomas’ erstem Geburtstag und drei Tage, bevor sie die Wohnung räumen mussten, um nach Suffolk zu ziehen, gab Jules Olli bei Michael im Pfarrhaus ab und fuhr nach Muswell Hill.
    Sie sagte sich, es sei ein ganz spontaner Einfall, doch in Wahrheit geisterte der Gedanke schon seit Wochen in ihrem Kopf herum.
    Vielleicht sind sie ja nicht zu Hause.
    Und wenn sie nicht zu Hause waren, schwor Jules sich, wär’s das gewesen. Sie würde es als Zeichen werten und gehen, ohne einen Blick zurückzuwerfen.
    Ein Lexus stand in der Einfahrt.
    Jules klingelte.
    Nina Salter, eine hübsche Frau in weißem Hemd und Jeans, erkannte sie sofort.
    »Hallo«, sagte sie freundlich. »Haben Sie etwas vergessen?«
    »Ich hoffe, es macht Ihnen nichts aus«, sagte Jules. »Ich weiß, ich hätte erst anrufen sollen …«
    »Aber nein.« Die andere Frau öffnete die Tür weiter und trat zurück. »Bitte, kommen Sie rein.«
    Jules blieb, wo sie war.
    »Es ist nur«, sagte sie, »dass ich in ein paar Tagen wegziehe. Ich verlasse London, und ich dachte, dass ich vielleicht …«
    »Sie wollten sich noch ein letztes Mal umschauen«, beendete Nina Salter den Satz für sie.
    Die Erinnerungen hingen in der Luft; Geister tanzten um ihren Kopf herum. Wären die anderen Salters daheim gewesen und hätten sie das Haus mehr zu ihrem Heim gemacht, wäre es Jules vielleicht nicht so nahe gegangen, aber so war da nur diese freundliche Frau, die ihr Tee anbot und sich dann taktvoll von ihr fern hielt. Trotz der neuen Möbel und der Einrichtungsgegenstände fremder Leute fühlte das Haus sich so vertraut an wie eh und je.
    Wider besseres Wissen hatte Jules gehofft, am ersten Stock vorbeizukommen und vor allem ihr Verlangen unterdrücken zu können, noch einmal in den Garten zu gehen, um Paul Graves Lebewohl zu sagen; doch ohne besondere Aufmerksamkeit auf das Haus zu lenken, blieb ihr nichts anderes übrig, als eine rasche Tour durch das gesamte Haus zu machen. Und da war es wieder, so glasklar, dass einem das Blut in den Adern gefror: das Zimmer, in dem sie ihren toten Vater gefunden hatte und aus dem sie und Silas die Leiche in einem Plastiksack in den Garten getragen hatten; das Hauptschlafzimmer, in dem zuerst ihre Eltern geschlafen hatten, dann
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher