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Teufelsstern

Teufelsstern

Titel: Teufelsstern
Autoren: Anthony Horowitz
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Haarausfall. Er versuchte zwar, ihn zu tarnen, indem er die roten Strähnen quer über seinen Kopf kämmte, aber die Kopfhaut schimmerte unübersehbar durch. Er hielt eine eselsohrige Ausgabe von Oliver Twist in der Hand, dem Buch, das sie gerade lasen. Außerdem hatte er einen Stapel Arbeitshefte dabei.
    »Hast du die Kapitel von Oliver Twist gelesen, die ich euch aufgegeben hatte?«, fragte er.
    »Ich habe es versucht«, antwortete Matt. Ihm gefiel die Geschichte, aber er fand die Sprache ziemlich altmodisch, sie erschwerte das Verständnis des Textes. Warum musste Charles Dickens so viele Beschreibungen verwenden?
    »Du hast es versucht?«, höhnte Mr King. »Das soll wohl heißen, dass du sie nicht gelesen hast.«
    »Doch, hab ich – «, begann Matt.
    »Unterbrich mich nicht, Freeman. Dein Aufsatz war der schlechteste von allen. Du hast nur zwei von zwanzig möglichen Punkten. Und du kannst nicht einmal Fagin richtig schreiben! FA-Y-G-I-N! In Fagin ist kein Y, Freeman! Hättest du die Kapitel gelesen, wüsstest du das!«
    Gavin kicherte hörbar, und Matt spürte, wie seine Wangen zu glühen begannen.
    »Du wirst die Kapitel nochmal lesen und den Test wiederholen, und in Zukunft würde ich es begrüßen, wenn du mich nicht mehr anlügst.« Er warf Matts Heft vor ihn auf den Tisch, als wäre es etwas Ekliges.
    Die Stunde zog sich in die Länge. Nach der Mittagspause hatten sie Sport. Normalerweise machte ihm Sport Spaß, denn er war fit und flink, aber auch auf dem Sportplatz gehörte er nicht dazu. In diesem Schuljahr wurde Kricket gespielt, und es hatte Matt kein bisschen gewundert, als man ihn ans hintere Ende des Feldes schickte – so weit weg von den anderen Spielern, wie es nur ging.
    Mittagessen gab es in einem der Neubauten. Dort war eine Selbstbedienungstheke mit warmen und kalten Gerichten aufgebaut, und unter der Decke, an der ein moderner Kronleuchter hing, standen fünfzig lange Tische. Die Schüler durften sitzen, wo sie wollten, aber normalerweise blieben die Klassen zusammen. Das Klappern von Geschirr und Besteck und der Lärm hunderter Stimmen hallten durch den Raum. Alle aßen zur selben Zeit, und die großen Glasfenster schienen den Geräuschpegel aufzufangen und zurückzuwerfen.
    Matt hatte Hunger. Er hatte morgens den Bus gerade noch erwischt und keine Zeit mehr gehabt, bei McDonald’s zu frühstücken. Und am Abend zuvor war in Richards Küche auch nicht viel Essbares zu finden gewesen. Das einzig Gute in Forrest Hill war für Matt das Essen, und er lud sich eine große Portion Braten, Salat, Eiscreme und Fruchtsaft auf sein Tablett. Dann suchte er sich einen freien Platz. Nach fünf Wochen an dieser Schule hatte er die Hoffnung aufgegeben, dass ihn jemand an seinen Tisch rufen würde.
    Er entdeckte einen freien Platz und steuerte darauf zu. Da er das Tablett vor sich hatte, sah er den Fuß nicht, der sich ihm in den Weg streckte. Hilflos stolperte er darüber. Das Tablett, zwei Teller, ein Glas, Messer, Gabel und Löffel flogen ihm aus den Händen und landeten mit ohrenbetäubendem Geschepper auf dem Boden. Matt ereilte dasselbe Schicksal. Er konnte nichts dagegen tun und fiel genau in das, was eigentlich sein Mittagessen hätte sein sollen. Plötzlich war Totenstille im Speisesaal. Matt brauchte nicht aufzuschauen, um zu wissen, dass ihn alle anstarrten.
    Es war nicht Gavin Taylor gewesen, der ihm ein Bein gestellt hatte, sondern einer seiner Freunde. Aber Matt war überzeugt, dass es Gavins Idee gewesen war. Er konnte den Typen sehen, wie er ein paar Tische weiter mit einem Glas in der Hand aufstand und dämlich grinste. Matt kniete auf dem Boden. Eiscreme klebte an seinem Hemd, der Fruchtsaft hatte sich auf seiner Uniform und dem Boden verteilt.
    Und dann fing Gavin an zu lachen.
    Das war das Zeichen für alle anderen, es ebenfalls zu tun. Matt hatte das Gefühl, von der ganzen Schule ausgelacht zu werden. Mr O’Shaughnessy kam auf ihn zu. Warum musste ausgerechnet der an diesem Tag Aufsicht haben?
    »Was bist du doch für ein Tölpel, Freeman!« Die Worte schienen aus weiter Entfernung zu kommen. »Ist dir etwas passiert?«
    Matt schaute auf und sah das hämische Grinsen von Gavin. Er spürte, wie ihn die Wut durchströmte – aber es war nicht nur Wut, sondern noch etwas anderes. Er hätte es nicht stoppen können, selbst wenn er gewollt hätte. Es war, als wäre Matt zu einer Art Trichter geworden, und in seinem Körper loderte es. Er konnte den Brandgeruch sogar riechen.
    Der
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