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Teufelsstern

Teufelsstern

Titel: Teufelsstern
Autoren: Anthony Horowitz
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Kronleuchter explodierte.
    Es war ein hässliches Ding, ein Gewirr aus stählernen Armen und Glühbirnen. Und es hing direkt über Gavin. Und während Matt den Kronleuchter anstarrte, platzte eine Glühbirne nach der anderen, und jedes Mal knallte es wie ein Pistolenschuss. Scherben regneten herunter und prasselten auf die Tische. Gavin sah nach oben und schrie auf, als ihn ein Splitter im Gesicht traf. Noch mehr Scherben fielen auf ihn herab. Rauch lag in der Luft. Jetzt lachte keiner mehr. Im ganzen Raum herrschte schockiertes Schweigen.
    Dann explodierte auch das Glas, das Gavin in der Hand hielt. Gavin kreischte. Seine Handfläche war aufgeritzt. Er sah erst seine Hand an, dann Matt. Gavin öffnete den Mund, aber es schien eine Ewigkeit zu dauern, bis Worte herauskamen.
    »Das war er!«, schrie Gavin. »Matt hat das getan!« Er zitterte am ganzen Körper.
    Der stellvertretende Schulleiter stand hilflos da. Er sah fassungslos aus und schien nicht zu wissen, was er tun sollte. So etwas war in Forrest Hill noch nie passiert. Damit hatte er keine Erfahrung.
    »Das war er!«, schrie Gavin wieder.
    »Sei nicht albern«, wies ihn Mr O’Shaughnessy zurecht. »Ich habe gesehen, was passiert ist. Freeman war nicht einmal in deiner Nähe.«
    Gavin war blass geworden. Das hätte am Schmerz oder am Anblick des Blutes liegen können, das aus der Schnittwunde an seiner Hand floss, doch Matt wusste es besser: Gavin hatte Angst vor ihm.
    Mr O’Shaughnessy schien sich gefasst zu haben, denn er übernahm jetzt wieder das Kommando. »Jemand muss die Schulschwester holen!«, befahl er. »Und wir werden diesen Raum verlassen. Hier liegt überall Glas herum…« Die Schüler hatten sich schon in Bewegung gesetzt. Sie wussten nicht, wie alles passiert war. Aber sie wollten auf keinen Fall im Speisesaal sein, wenn die ganze Decke einstürzte. In diesem Moment hatten sie Matt vollkommen vergessen, und deshalb bemerkte keiner, dass Matt bereits verschwunden war.

EIN ZWEITES TOR
    Die Straßen leerten sich bereits, als Matt nach Hause kam. Es war Sommer, und täglich strömten zahlreiche Touristen in die Stadt. Schon bald würde es in York mehr Besucher als Einwohner geben, aber das passierte in jedem Jahr.
    Matt stand in der engen, mit Kopfsteinen gepflasterten Gasse und sah hoch zu der dreigeschossigen Wohnung über dem Souvenirladen. Hier war er eine Zeit lang glücklich gewesen. Bei Richard zu wohnen war komisch – der Reporter war mehr als zehn Jahre älter als er –, aber nach allem, was sie gemeinsam durchgemacht hatten, war es irgendwie ganz gut gelaufen. Sie hatten einander gebraucht: Richard wusste, dass Matt ihm die Story geben konnte, die ihn berühmt machen würde, und Matt hatte niemanden, zu dem er sonst gehen konnte. Die Wohnung war gerade groß genug für zwei Menschen, und außerdem waren sie ohnehin den ganzen Tag nicht zu Hause. Am Wochenende gingen sie meistens wandern, schwimmen oder auf die Kartbahn. Matt versuchte, in Richard einen großen Bruder zu sehen.
    Aber im Laufe der letzten Wochen hatte er sich immer unwohler gefühlt. Richard war nicht sein Bruder, und als die Erinnerung an ihr gemeinsam bestandenes Abenteuer zunehmend verblasste, schien es keinen vernünftigen Grund mehr zu geben, weiterhin zusammenzubleiben. Matt mochte Richard. Doch er konnte Richard keine Story liefern, mit der er eines Tages den Pulitzerpreis gewinnen würde. Matt fühlte sich Richard gegenüber wie ein Störfaktor, eine Karrierebremse. Deswegen hatte er vorgeschlagen, ins FED-Programm zurückzugehen. Bei einer normalen Familie irgendwo auf dem Land zu leben, konnte nicht allzu schlecht sein, egal, was Richard sagte.
    Und es gab noch einen Grund, York zu verlassen. Matt fragte sich, ob die Schule schon bei Richard angerufen
    und ihm gesagt hatte, was passiert war. Eigentlich gab es keinen Anlass dafür. Trotz Gavins Anschuldigungen hatte keiner der Lehrer ernsthaft geglaubt, dass er etwas mit der Explosion im Speisesaal zu tun hatte. Matt wusste es besser. Er hatte gespürt, wie die Kraft ihn durchströmte. Es war dieselbe Kraft gewesen, die in Omega Eins das Messer aufgehalten und die Fesseln gesprengt hatte, als er geopfert werden sollte. Aber diesmal war es anders gewesen. Diesmal hatte er seine Kraft gegen jemanden in seinem Alter gerichtet. Gavin war nicht sein Feind. Er war nur ein verzogener Junge.
    Er konnte nicht länger in Forrest Hill bleiben. Noch eine Stichelei von Gavin, noch ein grässlicher Morgen mit Mr King –
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