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Teufelsgrinsen: Ein Fall für Anna Kronberg (German Edition)

Teufelsgrinsen: Ein Fall für Anna Kronberg (German Edition)

Titel: Teufelsgrinsen: Ein Fall für Anna Kronberg (German Edition)
Autoren: Annelie Wendeberg
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Schritten das Labor. Er hatte uns belauscht, und ich war zufrieden. Diese Vorstellung hatte ich nur für ihn gegeben.
    »Mr Bonsell, wenn Sie uns bitte einen Moment allein lassen würden …«, bat Bowden und stellte sich neben mich, Arme verschränkt und Augen schwarz wie Themseschlamm. Ich setzte mich wieder und ließ Bowden über mir aufragen.
    »Dr. Kronberg, wie weit sind Sie mit den Choleraerregern?«
    »Wir haben zahlreiche Kulturen, die charakterisiert und identifiziert werden müssen. Strowbridge holt gerade Mäuse. Wir werden die Bakterien an den Tieren testen und sollten in weniger als fünf Tagen sagen können, bei welchen es sich um Choleraerreger handelt.«
    Bowden nickte leicht, räusperte sich und trat einen Schritt näher. Ich zwang mich, seinem schwarzen Blick ruhig zu begegnen. Es fühlte sich an, wie in Teer zu ertrinken.
    »Wieso haben Sie sich mit Cholera angesteckt? Sollten nicht ausgerechnet Sie wissen, wie man das vermeidet?«
    »Ja, das würde man annehmen. Aber es war unausweichlich.«
    »Das verstehe ich nicht«, kommentierte Bowden meine kryptische Aussage.
    »Meine beiden Assistenten haben eine sterbende Frauhier hereingebracht. Eine Spur hoch ansteckender Fäzes wurde dabei quer durch das gesamte Labor geschmiert. Mir blieben zwei Möglichkeiten – den Raum mit konzentrierter Säure auszuräuchern und dabei meine Tetanuskulturen zu opfern, oder den Boden zu schrubben. Ich habe mich für Letzteres entschieden.«
    »Sie hätten die beiden«, er deutete mit dem Kopf zur Tür, »damit beauftragen können.«
    »Entschuldigen Sie, Dr. Bowden, aber hatten die zwei nicht kurz zuvor ihre totale Unzuverlässigkeit bewiesen?«
    Bowdens Augen verengten sich. Er dachte nach, dann beugte er sich vor und sagte mit rauer Stimme: »Was sollten wir Ihrer Meinung nach mit den isolierten Choleraerregern tun?«
    Ich starrte in die Flamme. Im Gegensatz zu allen anderen Flammen brennt ein Bunsenbrenner ruhig und ohne zu flackern. Würde meine Antwort darüber entscheiden, ob ich den heutigen Tag überlebte oder nicht?
    Ich schob den Gedanken an eine mutwillig verkürzte Lebensspanne beiseite und antwortete gelassen: »Ich kann hier nur vermuten, Dr. Bowden. Doch die Tatsache, dass Sie ein Choleraopfer entführen ließen, vermittelt den Eindruck, Sie seien ein Mann ohne Skrupel.«
    Bowdens Halsschlagader klopfte heftig unter der faltigen Haut, das Blut kroch ihm in die Wangen, und sein Mund wurde zu einer schmalen Linie.
    Ich lächelte. »Das bewundere ich.«
    Die Farbe wich wieder aus seinem Gesicht, und ich fügte hinzu: »Sie sind sich wohl darüber bewusst, dass sich mein Hals bereits in ihrer Schlinge befindet. Ich habe die Frau euthanasiert. Das könnte man als Totschlag interpretieren, wahrscheinlich aber eher als Mord. Wie oft muss ich meine Vertrauenswürdigkeit noch unter Beweisstellen, Dr. Bowden?« Ich versuchte, den größten Teil meines Ärgers aus meiner Stimme zu halten. Nur eine Spur blieb hörbar. Er sollte meine Ungeduld zu schmecken bekommen.
    »Ich wiederhole meine Frage: Was machen wir danach?«, knurrte er, und plötzlich sah ich, wie sich das Fenster der Möglichkeiten weit vor mir öffnete.
    »Wir testen beide Krankheiten an Versuchspersonen«, antwortete ich.
    Bowdens Gesicht entspannte sich, doch in seinen Augen flackerte noch immer der Zweifel. Ich sprang kopfüber ins Schwarz und ließ meine Fantasie toben. »Der Kaiser schürt Konflikte in Europa. Nehmen wir an, er plant einen Angriff auf England. Wäre es dann nicht interessant, Waffen zu besitzen, die er nicht hat? Ich könnte hochgradig aggressive Stämme pathogener Bakterien züchten, um sie in systematischer bakterieller Kriegsführung einzusetzen.«
    Es war eine vollkommen kranke Idee, eine wilde Spekulation, etwas, das meine kalte Skrupellosigkeit unter Beweis stellen sollte. Es hatte den gewünschten Effekt – Bowden war wie vom Donner gerührt.

Kapitel Neunzehn

    wei Tage später trafen Stark und ich Mr Standrincks, den Vorsitzenden des Aufsichtsgremiums der Holborn Union. Standrincks sollte in allen Armenhäusern der Union Verträge verteilen, die die Tests neuer Impfstoffe an den Insassen erlaubten. Der Club hatte Unterlagen vorbereitet, die von den Männern und Frauen unterzeichnet werden sollten, die willens waren, an unseren Impfversuchen teilzunehmen. Die meisten konnten nicht oder nur schlecht lesen und würden nicht über die kleine Klausel stolpern – sie gestattete dem Club, zu jedem Zeitpunkt seiner Wahl
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