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Teufelsgrinsen: Ein Fall für Anna Kronberg (German Edition)

Teufelsgrinsen: Ein Fall für Anna Kronberg (German Edition)

Titel: Teufelsgrinsen: Ein Fall für Anna Kronberg (German Edition)
Autoren: Annelie Wendeberg
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aktive Bakterien zu injizieren, um die Effektivität der Immunisierung zu testen. Keiner der armen Leute ahnte, dass er oder sie damit ihr eigenes Todesurteil unterschrieb, für den lächerlichen Betrag von zwei Sovereigns.
    Da die Ärmsten Londons das Geld als Ausgleich für einen Stich in den Arm erhalten sollten, erwartete der Club eine große Anzahl Freiwilliger.
    Nach dem Treffen in Standrincks’ Büro nahmen wir drei eine Kutsche zum Armenhaus in der Fulham Road. Der Auswahlprozess sollte am folgenden Tag stattfinden.

    ls ich abends in meine Wohnung zurückkehrte, wartete die Vase auf meinem Couchtisch. Die Geste glich einer Ohrfeige. Wie angewurzelt stand ich im Türrahmen, bewegte mich nur zögerlich vorwärts und vermutete Holmes in jeder Ecke. Doch das Zimmer war leer.
    Ich starrte die Vase an, wagte sie weder anzufassen noch aus dem Fenster zu werfen. Ich wusste nur zu gut, was sie bedeutete.
    Keine zwei Minuten später klopfte es, und Holmes trat ein, ohne auf meine Einladung zu warten.
    Er lehnte sich gegen die Tür. »Ich habe dich heute gesehen, Anna«, sagte er bloß. »Ich brauche wohl nicht extra zu erwähnen, dass du mich auswählen musst.«
    Da konnte ich nicht mehr.
    »Nein«, hauchte ich, wandte mich von ihm ab und ging zum Fenster.
    Behänden Schrittes durchquerte er den Raum. Die Holzdielen knarrten unter seinen Füßen, seine Stimme war kalt. »Ich hatte den Eindruck, wir würden zusammenarbeiten. Wie sonst soll ich vor Gericht als Zeuge aussagen?«
    »Die Versuche sind legal. Wir händigen Einverständniserklärungen aus.« Das Fensterglas beschlug und reflektierte meine Worte.
    Holmes war still, ich drehte mich zu ihm um und lehnte mich gegen die Fensterbank. Nachdenklich rieb er sich die Stirn.
    »Tut mir leid. Ich wünschte …«, ich verstummte und schaute auf seine ausgetretenen Schuhe, »ich wünschte, wir könnten die Sache beenden.« Ich wischte meine letzte Bemerkung ungeduldig beiseite und schämte mich fast für ihre Sinnlosigkeit.
    Er ignorierte es und fragte: »Vertraut Bowden dir jetzt?«

    »Noch nicht ganz. Aber ich hoffe, er glaubt, ich sei schlimmer als jeder andere Mann im Club.« Ich vermied ihn anzusehen.
    »Was hast du getan?«
    »Das ist eine lange Geschichte«, sagte ich ausweichend. »Ich erzähle es dir, wenn alles vorbei ist.«
    »Du wirst mich für die Tests aussuchen, Anna.«
    »Zwing mich doch!«, fauchte ich.
    »Und du wirst einen Weg finden, den Tod von Dutzenden von Menschen zu verhindern.« Immer noch diese kalte Stimme.
    »Was glaubst du, was ich tue, Sherlock? Glaubst du, ich amüsiere mich prächtig?«
    »Hmm … vielleicht schon«, erwiderte er, kam näher und zupfte an meiner neu geschneiderten Weste. »Gut verarbeitet, Wolle und Seide. Ziemlich teuer, würde ich sagen.«
    Wütend schlug ich seine Hand fort. »Du bist ein Idiot! Das war ein schwacher Versuch. Du musst dir schon etwas Besseres einfallen lassen, damit ich dich so sehr hasse, um dir Tetanus zu injizieren! Was denkst du dir eigentlich dabei?«
    Ruhige graue Augen sahen mich an, als er sagte: »Mir wäre es lieber, wenn du keine romantischen Gefühle für mich hegen würdest.«
    Was für eine Lawine von Emotionen dieser eine Satz auslöste! Krampfhaft suchte ich nach Worten. Aber alles, was ich über die Lippen brachte, war ein törichtes »Mir auch.«

    tark und ich standen in dem großen Speisesaal des Armenhauses in der Fulham Road. Das Deckengewölbe erinnerte an eine Kirche, ganz im Gegensatz zu dem Gestank von altem Haferbrei und Schweiß, von Bleiche, Schimmel und Staub, der den eisigkalten Saal durchzog.
    Die Bewohner hatten sich für diese Gelegenheit besonders hübsch hergerichtet: die Frauen mit sauberen Leinenkleidern, weißen Schürzen und gestärkten Kappen; die Kleidung der Männer variierte – einige aus der Schuhmacherei mit Lederschürzen, schweren Stoffhosen und Stiefeln; andere kamen vom Viehhof mit ähnlich robuster Kleidung – alle ausnahmslos sauber. Sie wollten gefällig wirken, und es brach mir das Herz, wie sie sich aufreihten, um die Einverständniserklärung zu unterzeichnen.
    Stark und ich hatten bereits mehr als fünfzig Personen aus der großen Menge Freiwilliger ausgewählt. Sie sollten für den ersten Test ausreichen. Zuvor hatte ich Bowden davon überzeugt, dass ich im Auswahlprozess das letzte Wort hatte. Wir wollten kräftige und gesunde Erwachsene, keine Kinder, keine alten oder unterernährten Leute, keine Schwangeren und keine stillenden Frauen. Die
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