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Teufelsengel

Teufelsengel

Titel: Teufelsengel
Autoren: Monika Feth
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Situationen wie dieser.
    Nachdem er sich einen flüchtigen Überblick verschafft hatte, konnte er sich das Vorhandensein des Riegels an der Tür nicht erklären. Im Gegensatz zu den hier abgestellten Sachen hatte er einen relativ neuen Eindruck gemacht.
    Er schien vor nicht allzu langer Zeit angebracht worden zu sein.
    Ebenso wie das Sicherheitsschloss an dem kleinen Fenster.
    Was gab es hier zu schützen?
    »Hier«, rief Rick gedämpft.
    Er stand da und sah auf ein Matratzenlager hinunter, ein notdürftig hergerichtetes, verlassen wirkendes Nest, das sich jemand in diesem kalten Durcheinander geschaffen hatte.
    Bert ließ den Strahl der Taschenlampe über den Boden und die Holzwand gleiten und beugte sich zu den eingeritzten Strichen hinunter.
    Es dauerte eine Weile, bis er begriff.
    Hier hatte jemand gegen das Vergessen angekämpft. Wochenlang. Monatelang.
    Ihm war übel. Er verschob die Matzratze ein Stück, verrückte das provisorische Regal. Und dann starrte er ihn an.
    Den Namen.
    Sally.
    Unbeholfen eingeritzt. Kraftlos. Wie ein Vermächtnis.
    »Schau dir …« Berts Stimme war rau. Er räusperte sich. »Schau dir das an!«
    Rick streckte den Daumen in die Luft. Sie waren am Ziel. Endlich konnten sie ganz offiziell aktiv werden.
    Bert riss sein Handy aus der Tasche und forderte Verstärkung an.
     
    Romy hörte das feine, spitze Geräusch schon, noch bevor es ihre Ohren richtig erreicht hatte, und ihr wurde vor Entsetzen kalt.
    Metall traf auf Metall.
    Während sie gehetzt nach einem Versteck Ausschau hielt, presste sie die Hände vor den Mund, um sich bloß mit keinem Laut zu verraten. Als wäre das überhaupt noch von Bedeutung.
    Wieder wurde ein Schlüssel in ein Schloss gesteckt, näher diesmal und überaus deutlich.
    Wie laut ihr Atem in der Stille war! Sie lief ziellos im Zimmer umher, und ihre Angst wuchs mit jedem Schritt. Kein Versteck! Nirgends! Der Schrank, das Bett, die Vorhänge, mehr Möglichkeiten gab es nicht. Vor Anstrengung fing sie an zu keuchen.
    Lieber Gott …
    Sie warf sich auf den Boden, kroch unter das Bett und robbte gleich wieder darunter hervor. Zog verzweifelt die Schranktüren auf und machte sie wieder zu. Tränen ließen die Umrisse der Gegenstände vor ihren Augen verschwimmen.
    Sie saß in der Falle.
    Jetzt konnte sie die Schritte hören. Viele. Und sie waren unterwegs zu ihr.
    Langsam wich sie zum Fenster zurück, öffnete es mit bebenden Händen und warf einen Blick in die Tiefe. Ein Schweißtropfen rann an ihrer Wirbelsäule hinunter.
    Vor ihrer Tür machten die Schritte Halt.
    Mit allerletzter Kraft schwang sie sich auf die Fensterbank, ohne die Klinke aus den Augen zu lassen. Lieber Gott, dachte sie. Gib mir den Mut zu springen …
    Dann hörte sie den Schlüssel im Schloss.
     
    Bruder Arno erfasste die Situation mit einem Blick. Er hob abwehrend die Hand.
    Romy sah ihm in die Augen.
    Innerhalb weniger Sekunden lief ein Film in seinem Kopf ab, der ihm alles noch einmal zeigte.
    Ihre erste Begegnung. Ihr erstes Gespräch.
    Romys Ernsthaftigkeit. Ihr Lachen.
    Dann schaute er Vero an, der unbeweglich neben ihm stand.
    Veros Lippen waren zwei gerade, dünne Linien.
    Bruder Arno hielt den Film an.
    Wir brauchen uns die Hände gar nicht schmutzig zu machen, dachte er. Wenn sie springt, ist alles vorbei.
    Und doch empfand er für einen kurzen Moment ein Gefühl von Liebe, das nicht Gott gehörte, sondern diesem Mädchen, das da auf dem Fensterbrett kauerte.
    Er tat das, was er im Laufe der Jahre gelernt hatte. Er machte dicht. Schottete sich ab. Beobachtete, wie seine Gefühle sich ins Gegenteil verkehrten.
    Wäre Vero nicht neben ihm gewesen, er hätte sich auf das Mädchen gestürzt und sie in die Tiefe gestoßen.
     
    Romy verlagerte das Gewicht, stellte einen Fuß auf die Außenfensterbank. Mit kalten Fingern zerrte der Wind an ihrem Pulli, blies ihr ins Haar.
    Die Wirkung der Spritze hatte nachgelassen. Romy hatte wieder Kontrolle über ihren Körper. Nur ihr Kopf schmerzte, dass es ihr vor den Augen flimmerte.
    Sie hütete sich, hinunterzusehen.
    »Geht weg! Sonst springe ich!«
    Wie absurd, dachte sie. Genau das wollen sie ja. Meinen Tod.
    Aber etwas sagte ihr, dass sie nicht nur ihren Tod wollten. Etwas sagte ihr, dass seine Inszenierung ihrem Drehbuch entsprechen sollte.
     
    Damit hatte Vero nicht gerechnet. Das Mädchen würde wirklich springen, um ihnen zu entkommen. Und ihrer gerechten Strafe.
    Er las es in ihren Augen.
    Mit einer Handbewegung bedeutete er seinen
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