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Teufeliaden: Erzählungen (German Edition)

Teufeliaden: Erzählungen (German Edition)

Titel: Teufeliaden: Erzählungen (German Edition)
Autoren: Michail Bulgakow
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oh, zweiundzwanzig – achtzehn. Achtzehn … Gib mir die Feuerwehr von Krasnaja Presnja!«
    Kaskaden fluteten vom vierten Stock die Treppen herunter. Ein Niagara im Treppenschacht, in den Fahrstühlen, bis zum Keller. Hilfe! »Gib mir die Chamownitscheskaja!«
    Hei, Prachtjungen, die Feuerwehrleute! Furchtlose Ritter mit rotgoldenem Helm, in Segeltuch gekleidet. Sie kurbelten ihre Leitern hoch, graue Schläuche krochen wie Riesenschlangen. Verdammt! Verflucht! Haken rissen Dachbleche los. Äxte schlugen fürchterlich zu wie im Kampf. Wasserstrahlen zischten nach rechts, nach links, in den Himmel. Verflucht! Verflucht! Verflucht! Und Tosen, Tosen, Tosen. In der zwanzigsten Minute erschien die Städtische mit Funkeln, Lichtern, Helmen …
    Aber das Benzin, meine Lieben, das Benzin! Das Benzin! Die armen Schweine sind verloren. Benzin! Benzin! Neben Annuschka Pyljajewa, neben dem Zimmer 5, ein fürchterlicher Schlag: krach. Noch einmal: krrrach!
    Und noch viele, viele Male …
    Und jetzt spielte dort, schon gefährlich, kein kleiner Prinz mehr seine Rhapsodie, nein, ein Feuerkönig. Und nicht capriccio, sondern ganz fürchterlich – brioso. Da, von der Gasse her die Feuerwehr aus der Sretenka! Pumpen, Pumpen! Und das Feuer begrüßte die neue Mannschaft mit Salut! Es krachte derart, daß im linken Flügel sämtliche Scheiben barsten. Der mittlere Aufgang war ein einziger Feuerschlund, darüber flogen wie Trauermäntel Dachbleche.
    Die Kupferhelme stürmten den linken Flügel, im mittleren Aufgang aber wütete der Dämon dermaßen, daß die alte Sahnebonbonhändlerin aus dem dritten Stock, Wohnung Nr. 49, die Pawlowna, nicht mehr herauskam! Mit gellendem Todesschrei sprang sie aus dem Fenster, die gelben Beine entblößend. Erste Hilfe! 1-22-31! Eine blutige Masse behandeln! Ach ihr heiligen Märtyrer! Wanja ist verbrannt! Wanja! Wo ist Papa? Oje! Oje! Die Nähmaschine, die Nähmaschine, ach Gottchen! Rums, Bündel aus den Fenstern auf den Asphalt! Halt! Nicht werfen! Genossen! Im rechten Flügel, vierter Stock, elf ehemals bourgeoise Fayenceteller in einem Bündel – klatsch! Es war einmal ein Jegor Niluschkin, doch den Jegor Niluschkin gab’s nicht mehr. Sein Kopf war ein Brei, die Fayenceteller ein Paket Scherben. Genossen! Oje! Wir haben Tanja vergessen! Von der Gasse her einkreisen! Zurücktreten! Verdammt! Verflucht!
    Einer der furchtlosen Ritter erlag im Keller einem elektrischen Schlag. Ein zweiter starb einen ruhmreichen Tod in einem Benzinrinnsal, das, von wütenden Flämmchen umspielt, abwärts raste. Ein Träger riß sich los, zerschlug einem dritten die Wirbelsäule.
    In der einen Hand einen Samowar, in der andern das Bildnis eines stillen blassen Greises, Serafim von Sarowskaja, im Silberornat. Nur mit Hemd bekleidet. Gekreisch, Gekreisch. Durch das Gekreisch Axtschläge, Axtschläge. Zurücktreten! Die Decke! Krachend und polternd stürzt sie vom zweiten in den ersten Stock, vom ersten Stock ins Parterre.
    Nun ist die Hölle los, die reinste Hölle. Der mittlere Aufgang lodert, daß sich die Haare sträuben. Die letzten Fensterscheiben  – klirr! Klirr!
    Der Löschtrupp erstickt im Qualm, die Männer wanken, der Druck reißt ihnen das Strahlrohr aus den Händen. Reserve her! Doch wozu! An den mittleren Aufgang ist auf zwei Dutzend Meter nicht mehr heranzukommen! Die Augen platzen …
    Zum erstenmal in seinem Leben weinte Christi, der ergrauende, stählerne Christi. Er stand bei einem nassen Baumstamm in einem Vorgarten der Gasse, und es war so hell, daß man Kleingeschriebenes hätte lesen können. Der Schafpelz hing ihm von der Schulter, gab die nackte Brust frei. Aber es war ja nicht kalt. Christi hatte ein Gesicht, als brenne er selber im Feuer, doch er war stumm und brachte keinen Schrei hervor. Unverwandt starrte er dorthin, wo zwischen huschenden schwarzen Schatten die unbeweglichen Gesichter der Karyatiden loderten. Tränen krochen ihm über die bläulichen Wangen. Er wischte sie nicht weg, er starrte, starrte.
    Nur einmal wandte er den Kopf, als Elpit ihn an der Schulter berührte und heiser sagte:
    »Nun, was sollen wir noch … Fahren wir, Boris Samoilowitsch. Sie werden sich erkälten. Kommen Sie.«
    Aber Christi schüttelte den Kopf.
    »Fahren Sie nur … Ich komme gleich.«
    Elpit versank unter den Schatten und Fackeln, durch geschmolzenen Schnee stapfte er zu seiner Droschke. Christi blieb zurück, er wandte den Blick hinauf zum fahlen Himmel, an dem ein heißes orangefarbenes
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