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Teufeliaden: Erzählungen (German Edition)

Teufeliaden: Erzählungen (German Edition)

Titel: Teufeliaden: Erzählungen (German Edition)
Autoren: Michail Bulgakow
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verstummt, aber die Grammophone lebten und dudelten oft mit bedrohlichen Stimmen. Quer durch die Salons zogen sich Leinen mit nasser Wäsche. Primuskocher zischten wie Schlangen, Tag und Nacht zog widerlicher Brodem über die Treppen. Von sämtlichen Konsolen waren die Glühbirnen verschwunden, und allabendlich trat Finsternis ein. In der Finsternis stolperten Schatten mit Bündeln, und wehmütige Rufe ertönten:
    »Manja, Maaanja! Wo bist du! Verdammt noch mal!«
    In der Wohnung Nr. 50 war in zwei Zimmern das Parkett ruiniert. Die Fahrstühle … Na ja, was soll man da erzählen …
    Aber ein Wunder gab es: Die Elpit-Arbeiterkommune wurde geheizt.
    Dies kam, weil in der Souterrainwohnung mit ihren zwei Zimmern einer geblieben war – Christi.
    Die drei Personen, denen der Löwenanteil an den Elpitschen Teppichen zugefallen war und die an der Tür de Barreins in der Beletage einen Fetzen »Hausleitung« angehängt hatten, sie wußten, daß das Haus der Arbeiterkommune ohne Christi keinen Monat stehen, sondern zerfallen würde. Darum durfte der Geschäftsmann mit der mattbräunlichen Haut und der Lackschirmmütze auf dem Kopf hinter den grünen Vorhängen im Souterrain bleiben. Es war eine ungeheuerliche Verbindung: einerseits die laute, schwielenreiche Hausleitung, andererseits der »Aufseher«! So nannte sich Christi. Aber es war die dauerhafteste Verbindung der Welt. Christi war der Mann, der nicht minder als die Hausleitung wünschte, die Arbeiterkommune möge als unversehrtes mausgraues Riesenhaus stehenbleiben, nicht aber zu Staub zerfallen.
    Daher geschah Christi nicht nur kein Leids, man zahlte ihm sogar Gehalt. Ein nichtiges freilich. Vielleicht ein Zehntel dessen, was Elpit ihm zahlte, der, ohne Lebenszeichen von sich zu geben, in zwei Zimmerchen am anderen Ende von Moskau hockte. »Was scheren mich Klosettbecken, was scheren mich Stromleitungen«, sagte Elpit heftig, mit geballten Fäusten. »Wenn nur geheizt wird. Erhalten – darauf kommt es an. Boris Samoilowitsch, behüten Sie mir das Haus, bis all das vorbei ist, und ich werde es Ihnen zu danken wissen! Was? Glauben Sie mir!«
    Christi glaubte ihm, nickte mit dem ergrauenden Bürstenkopf und ging finster und sorgenvoll. Als er bei dem Haus vorfuhr, sah er im Tor die Leitung des Hauses und schloß, vor Haß erbleichend, die Augen. Aber nur für einen Moment. Dann lächelte er. Er verstand sich zu gedulden.
    Hauptsache, es wurde geheizt. Bezugscheine wurden beschafft, Heizöl antransportiert. Die Röhren wurden warm. Zwölf Grad, zwölf Grad! Wenn da, wo das Heizöl herkam, etwas stockte, warf Elpit mit Geld um sich. Seine Augen glühten.
    »Gut, ich bezahle. Geben Sie allen beiden und dem Sekretär auch. Was? Nicht heizen? Auf keinen Fall! Keine einzige Minute.«
     
    Christi war genial. Im mittleren Aufgang, vierter Stock, belegte er eine Wohnung, in der früher ein Studio gewesen war, mit Tabu.
    »Da könnten wir Jegor Niluschkin reinsetzen …«
    »Aber nein, Genossen, seien Sie vernünftig. Ohne Lagerraum komme ich nicht zurecht. Es ist ja für das Haus, für euch.«
    Es war eigentlich lauter Plunder. Irgendwelche blöden Dekorationen, Armaturen. Aber … Aber da waren auch dreißig Kannen mit Elpitschem Benzin und noch dies und jenes Eingewickelte, was Christi für bessere Tage aufhob.
    Und so lebte denn die graue Arbeiterkommune Nr. 13 unter einem immer wachen Auge. Freilich, im linken Flügel ging dauernd das Licht aus. Der Elektriker, der im Januar 1918 zu trinken begonnen hatte, der wie ein Filzlatschen abgewetzte, vertierte Elektriker schrie die Weiber an:
    »Krepieren sollt ihr! Schmeißt nur immer weiter die Türen zu hier beim Schaltkasten! Bin ich ein Zuchthäusler für euch? Bezahlt mir die Überstunden.«
    Und die Weiber heulten ingrimmig und wehmütig in der Finsternis:
    »Manja! Maaanja! Wo bist du?«
    Wieder gingen sie zum Elektriker:
    »Du Mistkerl! Saufloch! Wir werden uns bei Christi beschweren.« Und allein von dem Namen Christi ging wie durch Zauberei das Licht an.
    Jawohl, Christi war ein Mensch.
    Er setzte der Hausleitung so lange zu, bis sie ihm eines ihrer Mitglieder, Jegor Niluschkin, mit dem Titel »sanitärer Beobachter« beigab. Jegor Niluschkin ging zweimal in der Woche durch sämtliche fünfundsiebzig Wohnungen. Er hämmerte mit den Fäusten an verschlossene Türen, trat ungeniert in unverschlossene Zimmer, ob da nackte Weiber waren oder nicht, kroch unter den nassen Unterhosen herum und schrie heiser und
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