Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Teufeliaden: Erzählungen (German Edition)

Teufeliaden: Erzählungen (German Edition)

Titel: Teufeliaden: Erzählungen (German Edition)
Autoren: Michail Bulgakow
Vom Netzwerk:
Professor und der Doktor gingen ihm entgegen. Bellow trat ungewohnt würdevoll auf, nahm in völligem Schweigen die Mütze ab, hängte den Mantel ans Geweih und bot einen ganz neuen Anblick. Er trug eine gebrauchte Lederjacke, eine abgewetzte Lederhose und hohe englische Stiefel, bis an die Knie geschnürt. In der Diele verbreitete sich ein unwahrscheinlicher Katzengeruch. Preobrashenski und Bormental kreuzten wie auf Befehl die Arme vor der Brust, nahmen Aufstellung bei der Tür und warteten auf Bellows erste Mitteilungen. Er strich sich über die störrigen Haare, räusperte sich und sah sich um, und man merkte, daß er seine Verlegenheit mit Hemdsärmeligkeit tarnen wollte.
    »Filipp Filippowitsch«, begann er schließlich, »ich habe eine Stellung angenommen.«
    Die beiden Ärzte stießen einen unbestimmten Kehllaut aus und rührten sich. Der Professor faßte sich als erster, er streckte die Hand aus:
    »Geben Sie mir das Papier.«
    Dort stand: »Der Vorzeiger dieses, Genosse Polygraf Polygrafowitsch Bellow, ist Leiter der Unterabteilung zur Säuberung der Stadt Moskau von streunenden Tieren (Katzen usw.) bei der Stadtreinigung der Moskauer Kommunalwirtschaft.«
    »So«, sagte der Professor schwer, »und wer hat Ihnen den Posten besorgt? Aber ich kann es mir schon denken.«
    »Natürlich, Schwonder«, antwortete Bellow.
    »Erlauben Sie mir die Frage: Warum riechen Sie so scheußlich?«
    Bellow schnupperte besorgt an seiner Jacke
    »Na ja, das riecht … klar, von meinem Beruf. Ich habe gestern haufenweise Katzen umgebracht …«
    Der Professor fuhr zusammen und sah Bormental an. Dessen Augen erinnerten an zwei Pistolenmündungen, die auf Bellow gerichtet waren. Ohne jede Vorrede trat er zu Bellow und umklammerte leicht und sicher dessen Hals.
    »Hilfe!« piepste Bellow und erbleichte.
    »Doktor!«
    »Ich tu nichts Böses, Filipp Filippowitsch, keine Bange«, entgegnete Bormental mit eherner Stimme und schrie: »Sina, Darja Petrowna!«
    Sie erschienen in der Diele.
    »Los, sprechen Sie mir nach«, sagte Bormental und preßte Bellows Hals ein wenig gegen den Pelz, an dem dieser lehnte, »bitte verzeihen Sie mir …«
    »Na schön, ich spreche nach«, antwortete der gänzlich entgeisterte Bellow heiser, holte tief Luft, gab sich einen Ruck und wollte »Hilfe« schreien, aber der Schrei drang nicht heraus, und sein Kopf sank gänzlich in den Pelz.
    »Doktor, ich flehe Sie an.«
    Bellow nickte zum Zeichen, daß er sich fügen und nachsprechen wolle.
    »Bitte verzeihen Sie mir, verehrte Darja Petrowna und Sinaida …?«
    »Prokofjewna«, wisperte Sina erschrocken.
    »Uff, Prokofjewna«, sagte Bellow schwer atmend und heiser, »daß ich mir erlaubt habe …«
    »Mich nachts in betrunkenem Zustand gemein zu benehmen.«
    »… gemein zu benehmen …«
    »Ich will’s nie wieder tun …«
    »Ich will’s …«
    »Lassen Sie ihn los, Iwan Arnoldowitsch«, baten die beiden Frauen gleichzeitig, »Sie erwürgen ihn noch.«
    Bormental ließ Bellow frei und sagte:
    »Wartet der Lastwagen auf Sie?«
    »Nein«, antwortete Bellow höflich, »er hat mich bloß hergebracht.«
    »Sina, schicken Sie den Wagen weg. Jetzt möchte ich folgendes wissen: Sind Sie in die Wohnung des Professors zurückgekehrt?«
    »Wo soll ich denn sonst hin?« antwortete Bellow zaghaft, und seine Augen irrlichterten.
    »Ausgezeichnet. Sie verhalten sich mucksmäuschenstill. Andernfalls kriegen Sie es bei jeder Ungehörigkeit mit mir zu tun. Verstanden?«
    »Verstanden«, antwortete Bellow.
    Der Professor hatte während der ganzen Gewaltanwendung gegen Bellow Schweigen bewahrt. Irgendwie kläglich und fröstelnd hatte er an der Tür gestanden, an seinen Fingernägeln geknabbert und aufs Parkett gestarrt. Dann auf einmal hob er den Blick zu Bellow und fragte ihn dumpf und mechanisch:
    »Was machen Sie mit diesen … mit den umgebrachten Katzen?«
    »Für Mäntel«, antwortete Bellow, »daraus werden Fehkragen auf Arbeiterkredit.«
    Nach diesem Vorfall trat in der Wohnung Stille ein, die zwei Tage und Nächte anhielt. Bellow fuhr morgens mit dem dröhnenden Lastwagen weg, kam abends wieder und speiste friedlich in Gesellschaft des Professors und Bormentals.
    Obschon Bormental und Bellow gemeinsam im Sprechzimmer schliefen, sprachen sie nicht miteinander, und das wurde zuerst Bormental langweilig.
    Nach den zwei Tagen erschien in der Wohnung ein mageres Fräulein mit angemalten Augen und cremefarbenen Strümpfen und wurde sehr verlegen angesichts der
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher