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Teufeliaden: Erzählungen (German Edition)

Teufeliaden: Erzählungen (German Edition)

Titel: Teufeliaden: Erzählungen (German Edition)
Autoren: Michail Bulgakow
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prächtigen Wohnung. In einem abgewetzten Mäntelchen ging sie hinter Bellow her und stieß in der Diele auf den Professor.
    Dieser blieb verdutzt stehen, machte schmale Augen und fragte:
    »Darf ich erfahren?«
    »Ich will mich mit ihr registrieren lassen, das ist unsere Stenotypistin, sie wird mit mir leben. Bormental muß aus dem Sprechzimmer ausziehen. Er hat ja eine eigene Wohnung«, erklärte Bellow äußerst mürrisch und feindselig.
    Der Professor klapperte mit den Augen, überlegte, blickte dann das errötete Fräulein an und lud sie sehr höflich ein:
    »Bitte kommen Sie für einen Moment in mein Arbeitszimmer.«
    »Ich gehe mit«, sagte Bellow rasch und voller Argwohn.
    Schon war Bormental zur Stelle, wie aus der Erde gewachsen.
    »Entschuldigung«, sagte er, »der Professor spricht mit der Dame, und Sie bleiben hier bei mir.«
    »Ich will nicht«, erwiderte Bellow böse und versuchte dem vor Scham glühenden Fräulein und dem Professor zu folgen.
    »Nein, entschuldigen Sie«, sagte Bormental, griff Bellow am Handgelenk, und sie gingen ins Untersuchungszimmer.
    Fünf Minuten lang war aus dem Arbeitszimmer nichts zu hören, dann plötzlich drang dumpf das Schluchzen des Fräuleins heraus.
    Der Professor stand am Schreibtisch, und das Fräulein weinte in ein schmutziges Spitzentüchlein.
    »Der Halunke hat gesagt, er wär im Krieg verwundet worden«, schluchzte das Fräulein.
    »Er lügt«, antwortete der Professor gnadenlos. Kopfschüttelnd fuhr er fort: »Sie tun mir aufrichtig leid, aber man kann doch nicht mit dem Erstbesten nur wegen seiner Stellung … Das gehört sich doch nicht, Kindchen … Hören Sie zu …«
    Er zog die Schreibtischschublade auf und holte drei Zehnrubelscheine heraus.
    »Ich nehme Gift«, heulte das Fräulein, »in der Kantine gibt’s jeden Tag Pökelfleisch … und er bedroht mich … er sagt, er wär roter Kommandeur … Du wirst mit mir in einer Luxuswohnung leben, hat er gesagt … jeden Tag Ananas … Ich hab eine gutmütige Psychik, hat er gesagt, bloß Katzen hasse ich. Von mir hat er sich einen Ring schenken lassen zum Andenken …«
    »Aber nanu, gutmütige Psychik … Von Sevilla bis Granada«, murmelte der Professor. »Sie werden’s überleben, Sie sind ja noch so jung.«
    »Wirklich, der vom Torweg?«
    »Nun nehmen Sie schon das Geld, ich leihe es Ihnen«, blaffte der Professor.
    Dann ging feierlich die Tür auf, und auf Geheiß des Professors führte Bormental Bellow herein. Der sah keinen an, und die Wolle auf seinem Kopf stand gesträubt wie eine Bürste.
    »Du Schuft«, sagte das Fräulein mit blitzenden Augen, die verheult und verschmiert waren, und mit streifig gepuderter Nase.
    »Wo haben Sie die Narbe auf der Stirn her? Erklären Sie das der Dame, bitte«, sagte der Professor schmeichelnd.
    Bellow setzte alles auf eine Karte:
    »Ich bin an der Koltschak-Front verwundet worden«, bellte er.
    Das Fräulein stand auf und ging laut weinend hinaus.
    »Hören Sie auf!« rief ihr der Professor hinterher. »Warten Sie! Bitte den Ring«, sagte er zu Bellow.
    Der zog gehorsam den billigen Smaragdring vom Finger.
    »Na schön«, sagte er plötzlich böse, »du wirst noch an mich denken. Morgen sorg ich dafür, daß du abgebaut wirst.«
    »Haben Sie keine Angst vor ihm«, rief Bormental ihr hinterher, »ich lasse nicht zu, daß er Ihnen was tut.« Er drehte sich um und sah Bellow so an, daß der zurückwich und mit dem Hinterkopf gegen den Schrank knallte.
    »Wie ist ihr Name?« fragte ihn Bormental. »Ihr Name!« brüllte er und wirkte wild und furchterregend.
    »Wasnezowa«, antwortete Bellow und suchte mit den Augen, wie er entschlüpfen könnte.
    »Jeden Tag«, sagte Bormental und packte Bellow an den Revers, »jeden Tag werde ich mich persönlich bei der Stadtreinigung erkundigen, ob die Bürgerin Wasnezowa auch nicht abgebaut worden ist. Und wenn sie … Wenn ich er fahre, daß sie abgebaut wurde, erschieße ich Sie mit meinen eigenen Händen. Nehmen Sie sich in acht, Bellow, ich hab’s Ihnen deutlich gesagt.«
    Bellow blickte unverwandt auf Bormentals Nase.
    »Dann muß ich mir auch einen Revolver besorgen«, murmelte Bellow, aber recht lasch, und plötzlich paßte er den Moment ab und witschte durch die Tür.
    »Nehmen Sie sich in acht!« rief ihm Bormental hinterher.
    In der Nacht und am nächsten Vormittag hing Stille in der Wohnung wie eine Gewitterwolke. Alle schwiegen. Aber am nächsten Tag, als Bellow, den schon früh ein scheußliches Vorgefühl
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