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Terroir

Terroir

Titel: Terroir
Autoren: Reinhard Heymann-Loewenstein
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hirnverbrannten Argument, „um es dem Verbraucher einfacher zu machen“, geistert diese Tendenz zur Zusammenlegung von Weinbergslagen nach wie vor durch Ministerien und Hörsäle. Verbraucherbetrug gehört aber, so sehen es zuminderst andere Gesetze unseres Landes vor, weder zusammengelegt noch vereinfacht, sondern abgeschafft.
    Verglichen mit einem Piesporter Michelsberg, der einen nicht vorhandenen Lagencharakter suggeriert, sind Marken wie Liebfraumilch und Blanchet die ehrlicheren Produkte. Hier stimmen Form und Inhalt. Die Produkte sind in der Kommunikation auf einen einfachen, griffigen Markenbegriff reduziert und versprechen nicht nur einen einfachen, ordentlichen Geschmack für wenig Geld, sondern halten das auch.
    Terroirwein sei zu kompliziert, wird immer wieder kritisiert. Ob zu kompliziert, sei dahingestellt. Aber kompliziert, das stimmt. Aberwie soll eine Inszenierung von Don Giovanni „einfach“ kommuniziert werden? Wie eine geschmackliche Reise durch die Spitzenlagen der Wachau, wie die Faszination von Schütt, Achleiten, Kellerberg und Singerriedl? Komplexer Genuss ist alles andere als einfach. Zum Glück!
    Terroirwein steht für Ehrlichkeit und Transparenz, auch in der Kommunikation. Das Konzept der Lagenklassifikation ist daher in Deutschland eng verknüpft mit einer Flurbereinigung im wahrsten Sinne des Wortes, mit einem Verzicht auf geschmacklich nicht definierbare Lagen und auf ein sauberes, auf die Parzelle bezogenes Abgrenzen der großen Terroirs. Bei manchen traditionellen Lagen wie Pündericher Marienburg oder Winninger Uhlen gebietet die Vielfalt der Schiefer sogar die Eingrenzung von Subappellationen. Natürlich ist es nicht einfach, zwischen einer Marienburg Fährlay, Falkenlay und Rothenpfad oder zwischen einem Uhlen Blaufüßer Lay, Laubach und Roth Lay zu unterscheiden. Aber warum soll es denn einfach sein? Die Unterscheidung ist nötig und richtig, denn es handelt sich um eigene Terroirs mit einer sehr spezifischen Geschmacksaufprägung. Und: Es schmeckt …
    Seit Ende der 90 er-Jahre haben es sich die deutschen Prädikatsweingüter (VDP) zur Aufgabe gemacht, den Terroirgedanken durch die Lagenklassifikation voranzutreiben. Langsam bekommt diese Konturen. Die Lagen sind abgegrenzt, und für jede Region wurden Anbaurichtlinien und Rebsorten definiert. Für die Grands Crus, die Weine aus den Ersten Lagen, sind die verschiedenen Geschmacksprofile durch Prädikate klar definiert: Große Gewächse sind weingesetzlich trocken, eine Spätlese schmeckt fruchtig-elegant und die Auslesen, Beeren- und Trockenbeerenauslesen faszinieren durch Edelsüße und höchste Konzentration. Zu erkennen sind die Weine an dem Logo mit der Eins und der Traube, das auf der Flasche oder hinter dem Lagennamen platziert ist. Was momentan noch ein Privatvergnügen der Prädikatsweingüter ist, wird in hoffentlich nicht allzu ferner Zukunft als Bestandsteil unseres Weingesetzes mit dazu beitragen, das antiquierte Öchsle-Denken abzulösen.
    Auch staatliche Stellen haben begonnen, sich mit dem Thema Terroir zu beschäftigen. Weitblickende Beamte, die schon seit Jahren für eine Terroirkultur kämpfen, gelingt es immer öfter, Gelder für entsprechende Projekte flüssig zu machen und agrarstrukturelle Maßnahmen positiv zu beeinflussen. Ein wichtiger Aspekt in diesem Zusammenhang ist die exakte geologische und bodenphysikalische Beschreibung der Weinberge. Es ist schon unglaublich: Während kalifornische Computer mit Gigabytes von zum Teil satellitengestützten Informationen über Böden und Klima zum Bersten gefüllt sind und schon seit Jahren für jede noch so kleine Parzelle auf Knopfdruck Rebsorten- und Anbauempfehlungen geben können, kämpfen sich die geologischen Landesämter in Deutschland mit minimalen Budgets von Weinberg zu Weinberg. Aber immerhin, die Angelegenheit ist in Bewegung geraten. Immer mehr Bodenkarten werden publiziert und, was sehr erfreulich ist, von immer mehr Winzern auch gekauft. Sie bringen vielerorts frischen Wind in die Terroirdiskussion. Soll man ein Terroir exakt nach den geologischen Formationen abgrenzen? Welche Formationen schmecken so ähnlich, dass sie aus önologischer Sicht zusammengefasst werden sollten? Und wie gehen wir mit einem Weinberg wie etwas dem Ürziger Würzgarten um, der sich nicht nur aus dunklen und roten Schiefern, sondern auch noch aus porphyrischen Sedimenten vulkanischen Ursprungs zusammensetzt? Wäre es hier nicht sinnvoll, gerade die Mischung der auch
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