Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Terra Mater

Terra Mater

Titel: Terra Mater
Autoren: P Bordage
Vom Netzwerk:
viel wie meine Mutter. Vielleicht sogar noch mehr.«
    Doch Jek gab nicht nach. Allein wegen Naïa Phykit hatte er diese lange Reise angetreten, nicht um dieses kleine Scheusal Yelle kennenzulernen. Also ging er in den Garten, wo ihre Mutter gerade Früchte trocknete, und fragte sie schüchtern, wie man auf seinen Gedanken reisen könne.
    »Ich werde es euch drei bald lehren«, antwortete sie lächelnd.
    Sie sah ihn mit ihren wunderschönen blaugrünen Augen mit den goldenen Sprenkeln an, und obwohl Jek jetzt ein ihm viel zu großes Hemd von Sri Lumpa trug – welche Ehre! –, errötete er bis unter die Haarwurzeln.
    »Warum hast du dich auf die Suche nach uns gemacht, Jek?«
    »Weil ich ein Krieger der Stille werden will.«

    »Und von wem hast du von den Kriegern der Stille erfahren?«
    »Von Artrarak, einem alten Quarantäner aus dem Ghetto in Anjor.«
    »Und deine Eltern?«
    »Sie … sie wollten mich in eine Schule der heiligen Propaganda schicken, aber ich wollte kein Missionar der Kirche des Kreuzes werden … Und Sri Lumpa? Wohin ist er gegangen?«
    Trauer verdunkelte Naïa Phykits Gesicht. Jek wunderte sich. Niemals hätte er geglaubt, dass eine Göttin Kummer haben könnte, da solche Gefühle nur sterblichen Menschen vorbehalten waren.
    »Er ist fortgegangen, um den Feind der Menschheit zu bekämpfen«, antwortete sie betrübt. »Ich hoffe, dass er eines Tages zurückkehrt …«
     
    Yelle zog ihr Gewand aus und sprang ins kalte Wasser. Jek blieb am Ufer stehen.
    »Worauf wartest du noch? Willst du dich etwa mit deinem Hemd baden?«
    Als er sich nicht rührte, suchte sie nach einem überzeugenden Argument. Und ihr fiel sofort etwas ein, das sie bisher vergessen hatte.
    »Komm, ich zeige dir etwas.«
    »Was?«
    »Erst musst du kommen.«
    Da zog Jek sein Hemd aus und ließ sich schnell ins Wasser gleiten, damit Yelle keine Zeit hatte, ihn mit ihren spöttischen Blicken zu mustern.
    »Also, was willst du mir zeigen?«, fragte er.
    Sie antwortete nicht, sondern schwamm durch den Gebirgsbach,
dessen reißende Strömung sie fünfzig Meter abtrieb. Dann klammerte sie sich an die überhängenden Zweige einer Weide und schwang sich auf die gegenüberliegende Böschung.
    Zwar war sie eine kleine Plage, aber doch auch sehr hübsch mit ihrem langen goldenen Haar und den Wassertropfen auf ihrer braunen Haut, die wie Diamanten funkelten.
    Yelle lief zu dem Busch, wo sie das Kästchen entdeckt hatte. Sie schob die Äste beiseite, doch da war nur ein von welken Blättern bedecktes Loch.
    Sie richtete sich auf und sah sich suchend um. »Jemand hat es genommen.«
    »Was denn?«, fragte Jek, als er sich auf die Böschung hievte.
    »Das graue Kästchen … Ich hatte es ganz vergessen … Das Unglücks-Kästchen, das Blouf-Kästchen …«
    »Blouf?«
    »Ja, Blouf. Das Böse, das die Sterne auslöscht …«
    Jek verstand kaum, was das kleine Mädchen erzählte. Doch seine Ernsthaftigkeit beeindruckte ihn. Er bekam Angst, und das Rauschen des Bachs und das Rascheln der Blätter im Wind kamen ihm plötzlich feindlich vor. Sogar der Himmel schien sich zu verdunkeln.
    »Wir müssen sofort ins Dorf zurückgehen und Mama Bescheid sagen!«
    Sie durchschwammen den Bach, zogen noch nass ihre Kleider an, griffen nach ihren Wanderstöcken und rannten in Richtung Dorf.
    Eine Stunde später waren sie da, schweißbedeckt und außer Atem. Eine bleierne Stille lag wie ein Leichentuch über dem Ort.

    »Du musst mir noch erklären, warum die Blüten dieses Strauchs …«, fing Jek an.
    Yelle legte ihm die Hand Schweigen gebietend auf den Mund. Noch ehe sie das Haus betrat, war sie gewiss, dass ein Unheil geschehen war, und machte sich Vorwürfe vergessen zu haben, ihrer Mutter von diesem Metallkästchen zu erzählen.
    Die Kinder gingen in den Innenhof des Hauses.
    Dort lag San Francisco – mit einem Overall Tixus’ bekleidet  – inmitten von Kisten mit Früchten und Gemüse. Von weitem sah es aus, als ob er schlafe, aber aus der Nähe konnte man einen dunklen Fleck mitten auf seiner Stirn erkennen, als ob er einen heftigen Schlag bekommen hätte. Seine bronzefarbene Haut hatte einen hässlichen Grünton angenommen. Er atmete nicht mehr.
    Jek erstarrte. Welches grausame Monster hat das seinem Freund angetan? Diesem tapferen Mann, der sich dem Dogen Papironda und den fanatischen Priestern seines eigenen Volkes widersetzt hat, nur um ihn zu beschützen?
    Ein paar Meter weiter fanden die Kinder Phoenix, auch sie hatte eine dunkle
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher