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Terakon

Terakon

Titel: Terakon
Autoren: Eva Maria Klima
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Instinkten kann ich, wenn es um dich geht, nicht trauen. Sie
haben mich schon getäuscht. Ich muss mir über einiges klar werden. Du bist über
tausend Jahre alt, soll ich dir wirklich abkaufen, dass du nicht weißt, was du
fühlst?"
    Er machte einen Schritt zurück und fragte mich höflich, als hätten wir uns
gerade erst kennengelernt: "Würdest du vielleicht einmal mit mir essen
gehen?"
    Er wirkte so nett und ungeschickt, ich musste lächeln. "Michael, gib mir
ein wenig Zeit. Ich kann das nicht sofort entscheiden."
    Dann wurde ich ernst: "Weißt du was mich am meisten irritiert? Als ich
zurückkam, um dich und Andreas zu warnen und euch davon abzuhalten einen Krieg
zu beginnen, bist du gegangen. Wie du selbst gesagt hast, du hättest auf Nummer
Sicher gehen müssen und meine Identität überprüfen, bevor du mich den anderen
überlässt. Ich habe es getan. Wenn du mich wirklich liebst, wie konntest du
dieses Risiko eingehen?"
    Ich hatte ihn verletzt. Diesmal war ich mir sicher, denn seine Augen glänzten
feucht. "Melanie, von was sprichst du? Inwiefern hast du es getan?"
    Ich atmete aus und schloss kurz die Augen, bevor ich zu sprechen begann:
"Er hatte mir ein normales Leben angeboten. Er wollte mir helfen meinen Tod
vorzutäuschen. Ich hätte ein menschliches Leben führen dürfen. Niemand hätte
gewusst wer oder was ich bin. Ihr alle hättet mich für tot gehalten. An sein
Angebot war nur eine Bedingung geknüpft, ich dürfte euch nie wieder sehen. Das
heißt, ich hätte euch auch nicht warnen dürfen. Ich konnte nicht riskieren,
dass du stirbst, dass ihr euch gegenseitig tötet, also kam ich zurück. Diese
Entscheidung kostete mich nur den Bruchteil einer Sekunde. Ich habe dir
zuliebe, ohne mit der Wimper zu zucken, auf meine Zukunft verzichtet. Du
hättest mir zuliebe nur fünf Minuten opfern müssen. Fünf Minuten und ich wäre
nicht schon wieder fast gestorben."
    Während ich sprach, bekam sein Gesicht stückchenweise diesen emotionslosen
Ausdruck zurück. Er versuchte mit der Hand nach meiner Wange zu greifen, aber
ich drehte mich um und lief die Stiege hinunter. Bevor ich das Haus verließ,
blieb ich kurz stehen und sagte leise: "Wir sehen uns."
    Natürlich würde er mich hören.
    Eine dreiviertel Stunde später war ich in meiner Wohnung und versuchte zu
lernen. In den kommenden drei Tagen verhielt ich mich wie eine
Vorzeigestudentin. Am vierten Tag, als ich von der Uni zurückkam, wartete
Stefan am Parkplatz vor meinem Haus. Er verzichtete auf jegliche Begrüßung und
kam unmittelbar zum Punkt: "Er hat nicht gelogen, er liebt dich. Das musst
du doch sehen und ich weiß, du liebst ihn. Um was geht es dir? Willst du ihm
eine Lektion erteilen? Glaub mir, das hast du bereits."
    "Nein! natürlich nicht, aber wie soll ich ihm trauen? Wer sagt mir, dass ihr
beide kein abgekartetes Spiel spielt?"
    "Was sagt dir dein Gefühl?"
    "Dass er die Wahrheit sagt, aber meinem Gefühl kann ich nicht trauen. Was
ihn betrifft, ließ es mich bereits im Stich. Ich hatte schon früher das Gefühl,
er würde mich lieben, obwohl er es nicht tat."
    "Vielleicht hatte dich dein Gefühl nicht getäuscht und er liebte dich
bereits ohne es zu wissen."
    Unbeeindruckt wandte ich den Blick von ihm ab, um unser Gespräch zu beenden,
aber er ergriff erneut das Wort: "Männer, ob jung oder alt, sind unreife
Idioten, wenn es um Frauen geht. Wenn wir in eine Frau verliebt sind, machen
wir viele Fehler. Wenn du ihn liebst, solltest du das Risiko eingehen und ihm
eine zweite Chance geben. Was riskierst du schon groß? Eigentlich kannst du nur
gewinnen. Wärst du über ihn hinweg, würde ich etwas anderes sagen, aber so wie
es scheint, hast du bis auf ein wenig Stolz nichts zu verlieren."
    "Du irrst dich. Was wenn ich ihm wieder vertraue und er mir erneut das
Herz bricht."
    Er erwiderte: "Was wenn er nicht lügt und du etwas Großartiges wegwirfst.
Ich finde es ist das Risiko wert. Sollte er dich noch einmal enttäuschen,
kannst du ihn immer noch verlassen."
    Er sah mich flehend an. "Bitte, komm heute um vier mit zu ihm. Wir feiern
seinen Geburtstag und das Einzige was er sich wirklich wünscht, bist du. Allein
deine Anwesenheit würde ihn glücklich machen."
    Ich blieb einen Moment überlegend und regungslos stehen. Was auch immer Michael
getan hatte, wenn man dem Mann den man liebte keine zweite Chance gab, wem
dann?
    Ich sah auf meine Uhr und stellte fest: "Es ist doch schon drei Uhr
dreißig. Wie soll ich das schaffen? Ich müsste mich noch
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