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Tensegrity. Die magischen Bewegungen der Zauberer

Tensegrity. Die magischen Bewegungen der Zauberer

Titel: Tensegrity. Die magischen Bewegungen der Zauberer
Autoren: Carlos Castaneda
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durchdrungen. Aber nicht nur das, er benutzte das Theater, um sie zu lehren. Der Nagual Julian, ein Schauspieler der Unendlichkeit, und Silvio Manuel, ein Tänzer der Unendlichkeit, waren sich in der Sache einig. Eine neue Epoche zog am Horizont herauf! Die Epoche der reinen Energieunzverteilung!«
    Den Begriff Umverteilung erklärte mir Don Juan in der Weise, daß die Menschen, wenn sie als Energiefelder wahrgenommen werden, in sich geschlossene energetische Einheiten mit klar umrissenen Grenzen sind, die keine Energie eindringen oder ausfließen lassen. Die innerhalb dieses Konglomerats von Energiefeldern existierende Energie ist und bleibt daher alles, worauf jeder einzelne zurückgreifen kann.
    »Die Menschen haben von Natur aus die Tendenz«, sagte er, »Energie aus den Vitalzentren zu verdrängen. Diese Zentren befinden sich auf der rechten Körperseite gleich unter dem Brustkorb, im Bereich von Leber und Gallenblase, und auf der linken Körperseite ebenfalls unter dem Brustkorb, im Bereich von Bauchspeicheldrüse und Milz, außerdem am Rücken direkt hinter den beiden genannten Zentren, um die Nieren und darüber in der Gegend der Nebennieren, an der Halswurzel in der V-förmigen Vertiefung, die Brustbein und Schlüsselbeine bilden, und bei Frauen im Bereich von Gebärmutter und Eierstöcken.«
    »Wie verdrängen die Menschen die Energie, Don Juan?« fragte ich.
    »Indem sie sich Sorgen machen«, antwortete er. »Indem sie dem Streß des Alltags erliegen. Die Zwänge der alltäglichen Aktivitäten fordern vom Körper ihren Tribut.«
    »Und was geschieht mit dieser Energie, Don Juan?« fragte ich. »Sie sammelt sich am Rand der leuchtenden Kugel«, antwortete er. »Manchmal bildet sie eine dicke, rindenähnliche Ablagerung. Die magischen Bewegungen sprechen den ganzen Menschen an, sowohl als physischen Körper wie auch als Konglomerat von Energiefeldern. Die magischen Bewegungen aktivieren die in der leuchtenden Kugel angesammelte Energie und führen sie dem physischen Körper wieder zu. An den magischen Bewegungen ist sowohl der physische Körper als physische Entität beteiligt, die durch das Verstreuen der Energie leidet, als auch der Körper als energetische Entität, die die verstreute Energie wieder umverteilen kann.
    Energie am Rande der leuchtenden Kugel«, fuhr er fort, »also stagnierende Energie, ist so nutzlos, als hätte man überhaupt keine Energie. Es ist eine wirklich bedrohliche Situation, Überschuß an Energie zu haben, die praktisch nicht verfügbar ist. Es ist so, als würde man in der Wüste verdursten, an Dehydration sterben, während man einen Behälter voll Wasser mit sich herumschleppt, den man nicht öffnen kann, weil man kein Werkzeug hat. In dieser Wüste findet man nicht einmal einen Stein, um den Behälter aufzuschlagen.«
    Die wahre Magie der magischen Bewegungen beruht darauf, daß sie die verkrustete Energie in die Vitalzentren des Körpers zurückfließen lassen. Daher entsteht das Gefühl des Wohlbefindens und der körperlichen Tüchtigkeit, das der erlebt, der sie ausführt. Die Zauberer aus Don Juans Tradition hatten, bevor sie mit der übermäßigen Ritualisierung und ihrem Zeremoniell begannen, die Grundlagen der Energieumverteilung formuliert. Sie sprachen von Sättigung und meinten damit, daß sie dem Körper eine Fülle von magischen Bewegungen boten, damit die Kraft, die uns zusammenhält, die magischen Bewegungen so steuern konnte, daß eine optimale Umverteilung von Energie erreicht wurde.
    »Don Juan, willst du behaupten, daß wir jedesmal, wenn du deine Gelenke knacken läßt oder ich versuche, dich zu imitieren, in Wahrheit Energie umverteilen?« fragte ich ihn eines Tages, ohne ironisch sein zu wollen.
    »Jedesmal, wenn wir eine magische Bewegung ausführen«, antwortete er, »ändern wir in der Tat die Grundstruktur unseres Seins. Verkrustete Energie wird freigesetzt und beginnt, in die vitalen Energiewirbel des Körpers einzudringen. Nur mit Hilfe dieser wieder verfügbar gewordenen Energie können wir einen Damm, eine Barriere errichten, um eine sonst unbeherrschbare und auf jeden Fall schädliche Flut aufzufangen.«
    Ich bat Don Juan um ein Beispiel, wie man einen Damm gegen eine von ihm als schädlich bezeichnete Flut errichten kann. Ich wollte es mir bildhaft vorstellen.
    »Ich werde dir ein Beispiel geben«, sagte er. »In meinem Alter müßte ich an hohem Blutdruck leiden. Falls ich zum Arzt ginge, würde er mich ansehen und vermuten, ich sei ein alter
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