Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tenebra 1 - Dunkler Winter

Tenebra 1 - Dunkler Winter

Titel: Tenebra 1 - Dunkler Winter
Autoren: Dave Luckett
Vom Netzwerk:
vergangen, aber der Pass würde erst im Frühling offen sein. Also verdingten wir uns als Arbeiter und Baumeister und errichteten draußen an der frischen Luft neue Gebäude.
    Im Laufe der nächsten Wochen kehrten die Bewohner nach und nach aus dem Hinterland zurück und machten sich an den Wiederaufbau ihrer Stadt. Es war ein ungewöhnlich kalter Winter, und wir mussten auf der Erde Feuer brennen, um Fundamente in den gefrorenen Boden zu graben, aber wir taten es, und neue Mauern begannen aus den Ruinen zu wachsen. Bald würde es hier wieder Heimstätten geben.
    Und die Festung Ys. Der Orden sei sehr besorgt über die gewaltige Bresche in der äußeren Mauer, sagte die Priorin, und die Wiedererrichtung der Mauer sei jetzt das wichtigste Anliegen. Aber sie solle höher und stärker als die Alte sein.
    Es war am Ende eines langen Tages - seit ich zur Stadtwache von Tenabra gegangen war, hatte ich nicht mehr so angestrengt mit Schaufel und Breithacke gearbeitet. Auch für Silvus und die anderen war es wie eine neue Erfahrung. Das Bedürfnis, etwas zu schaffen statt zu zerstören, war stark in uns allen.
    Um uns herum herrschte im Speisesaal gedämpfte Stimmung. Die Schwestern aßen nach den Novizinnen und hielten auf Schicklichkeit. Wir waren eingeladen, am Tisch der Priorin zu sitzen, was ein Vorrecht war, obgleich die Gesellschaft das Einzige schien, was sich dort von den anderen Tischen unterschied.
    Merceda hatte ihre Krise längst überwunden und war wieder voll Selbstbewusstsein und Tatendrang. »Ja, natürlich sollen sie ihre Häuser wieder aufbauen, einstweilen«, sagte sie, als sie hereinkam. »Selbstverständlich.« Sie setzte sich und machte sich über ihre Schale mit Suppe her. »Aber sie müssen uns die Arbeitskräfte zur Verfügung stellen, sobald das Tauwetter erlaubt, tiefe Fundamente zu graben. Gegenwärtig sind wir mehr oder weniger ungeschützt. Die Leute können sich kaum beklagen -schließlich hat Ys sie auch beschützt.«
    Ihre Adjutantin zog die Stirn in Falten. »Die Leute müssen im Frühjahr ihre Felder bestellen, sonst gibt es keine Ernte«, sagte sie. »Und die ganze Stadt muss wieder aufgebaut werden, nicht nur die Außenmauern der Häuser.«
    Merceda wedelte unbekümmert mit dem Löffel. »Das Pflügen können sie gleichzeitig erledigen. Die alten Männer und die Kinder können das auch. Sie haben kaum Zugtiere verloren. Und die Stadt kann warten. Wenn sie Hütten haben, die ihnen Wetterschutz bieten, genügt das einstweilen. Die Festung kommt zuerst, und das wissen sie.«
      Die andere machte eine Notiz und Merceda fuhr fort: »Und die neue Mauer muss widerstandsfähiger sein. Der Graben muss vertieft und verbreitert werden, damit er nicht so leicht zugeschüttet oder überbrückt werden kann.« Die Priorin wandte sich Silvus zu. »Sie müssen Fürst Nathans neue Festungsbauten gesehen haben. Schwester Winterridge beurteilte sie günstig. Welche Veränderungen sollten wir hier vornehmen?«
    Silvus schürzte die Lippen. »Ich bin kein Ingenieur und Festungsbaumeister. Doch wie Sie sagen, ich habe im Laufe meiner Dienstzeit einiges gesehen. Es trifft zu, dass Fürst Nathans Konstruktion in mancherlei Weise von der dieser Festung abweicht. Ich würde mir die Einzelheiten vergegenwärtigen und die entsprechenden Merkmale hier ansehen müssen. Wenn Sie es gestatten…«
    »Gewiss. Gehen Sie, wohin Sie wollen und stellen Sie Ihre Fragen.«
    Silvus verneigte sich auf seinem Platz und lächelte. Ich beugte mich über meine Schale, denn ich erinnerte mich plötzlich, wie Silvus das letzte Mal vornehme Umgangsformen herausgekehrt hatte.
    Die kurzen Tage waren ausgefüllt, die Nächte kalt und dunkel. Routine ist mir nicht fremd, aber man muss nicht alle Bekanntschaften mögen. Und es war besser, müde zu Bett zu gehen. Die Träume waren dann weniger beunruhigend. Ich fuhr in der Nacht seltener aus dem Schlaf hoch, schnappte in der Dunkelheit nach Luft, sah die Flammen und die Untoten, hörte wieder die Schreie.
    Die Leute arbeiteten, und wir taten es ihnen gleich. Eumas und Hubert waren Soldaten gewesen; sie konnten mit einem Spaten umgehen. Auch Schwester Winterridge.
    Es war ungefähr zehn Tage nach dem Gespräch im Speisesaal. Tauwetter hatte eingesetzt, es war schlammig, aber in der Schmiede, wo ich einem Nagelschmied half, warm und angenehm. Schneeglöckchen begannen ihre Köpfe zu zeigen, und der Westwind, der seit eineinhalb Tagen wehte, hatte den Schnee geschmolzen. Schlamm ist schlimmer,
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher