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Tegernseer Seilschaften

Tegernseer Seilschaften

Titel: Tegernseer Seilschaften
Autoren: Jörg Steinleitner
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öffnen. Als er es dann schaffte, flogen ihm ein alter Wäscheständer und ein Motorradhelm entgegen. Im Nachbarkeller standen nur einige Farbeimer und ein Paar Skier, und im dritten Keller, den ein Schild als den der Familie von Frank Hundt kennzeichnete, war auch alles aufgeräumt. Relativ nahe an der Tür stand auf einem Regal ein Paar gebrauchter Trekkingschuhe, und an einem Stück Wäscheschnur hingen mehrere Karabiner.
    Die Ermittler bedankten sich bei Alfred Endlkramer und setzten sich wieder in ihren Wagen.
    Â»Was meinst du?«, wollte Anne von ihrem Kollegen wissen.
    Â»War wohl nix«, meinte dieser. Dann schwiegen beide, bis sie auf der Autobahn A8 waren.
    Plötzlich schrie Anne so laut »Halt! Wir müssen umkehren!«, dass Sepp Kastner vor Schreck eine Vollbremsung hinlegte.
    Â»Ja, bist du wahnsinnig«, fuhr er Anne wütend an, »was erschreckst du mich so?«, und gab wieder Gas.
    Â»Seppi, wir müssen umkehren, wir haben etwas übersehen«, sagte Anne aufgeregt.
    Kastner schüttelte den Kopf: »Das geht jetzt nicht, wir müssen zurück nach Tegernsee, sonst kommen mir zu spät zum Kindergarten. Mir müssen doch die Lisa abholen.«
    Â»Ach ja, die Lisa«, sagte Anne. »Mist!«
    Â»Was haben mir denn vergessen?«, fragte Sepp, während er nun wieder die normale Geschwindigkeit aufgenommen hatte und in Richtung Tegernsee weiterfuhr.
    Anne sprach langsam, es wirkte, als überlege sie sich jedes Wort genau: »Seit wir das Haus verlassen haben, hatte ich die ganze Zeit das Gefühl, dass ich etwas gesehen habe, was von Bedeutung ist, aber mir fiel nicht ein, was es war.«
    Â»Ja, und was war es?«, fragte er ungeduldig.
    Â»Ruf dir den Keller ins Gedächtnis«, forderte sie ihn auf.
    Â»Anne, jetzt mach’s nicht so spannend!«
    Seine Kollegin ließ sich aber nicht beirren, sie wollte testen, ob Kastner selbst draufkam, denn nur dann, glaubte sie, hätte ihre Theorie Hand und Fuß. »Denk an den Keller vom Gärtner. War da irgendwas Besonderes?«
    Â»Ja, ein Riesenverhau war da!«, schrie Kastner jetzt. »Wie in der ganzen Wohnung auch, der Endlkramer ist ein Messie.«
    Â»Genau«, sagte Anne. »Dann denk mal weiter. Wie sahen die anderen Kellerabteile aus?«
    Â»Aufgeräumt!«, schrie Kastner, der Verzweiflung nahe.
    Â»Stimmt, sehr aufgeräumt. Erinnerst du dich noch, was da alles drin stand?«
    Â»Ski, Stöcke, ein Fahrrad, Farbe«, zählte Kastner auf, »Schuhe, bunte Karabinerhaken …«
    Â»Bingo!«, rief Anne.
    Â»Was, Bingo?«, wollte Kastner wissen.
    Â»Die Schuhe, Seppi, und die Karabiner!«
    Â»Was soll damit sein?«
    Â»Karabiner, die braucht man doch zum Klettern!«
    Ihr Kollege schaute sie noch immer verständnislos an.
    Â»Seppi, Mensch, mit was wurde Fichtner erhängt?«
    Langsam verstand er.
    Â»Und wie sahen die Schuhe aus? Konzentrier dich, Seppi, bitte!«, flehte Anne.
    Â»Na ja, die waren halt nicht neu, Trekkingschuhe, ganz normal«, kramte er aus seiner Erinnerung hervor.
    Â»Wirklich ganz normal?«, fragte Anne nun scharf nach. »Was war an ihnen anders als an anderen gebrauchten Schuhen?«
    Sepp gab auf. Er wusste es nicht. »Keine Ahnung.«
    Â»Sie waren picobello sauber, geputzt, geschrubbt, und das, obwohl es sich um alte, gebrauchte Schuhe handelte. Was sagt uns das?«
    Â»Dass du einen Vogel hast.«.
    Â»Nein, dass sie erst kürzlich picobello sauber geputzt und geschrubbt worden sind, und zwar so lange und ausgiebig, bis keine einzige Dreckspur mehr an ihnen war. So, Seppi, und jetzt sag mir mal, wie war die Bodenbeschaffenheit am Tag von Fichtners Tod?«
    Â»Woher soll ich das wissen?«
    Â»Liest du unsere Ermittlungsakten nicht? Der Boden war feucht und weich«, dozierte Anne jetzt. »Wenn ein schwerer Mann mit Trekkingschuhen durch einen feuchten und weichen Boden geht, vielleicht auch einmal im Matsch versinkt, was passiert dann mit seinen Schuhen?«
    Â»Sie werden schmutzig«, entgegnete Sepp lustlos.
    Â»Genau. Und was macht einer, wenn er nicht will, dass man den Dreck vom Tatort an seinen Schuhen findet?«
    Sepp ließ die Frage unbeantwortet und nahm gerade noch die Ausfahrt Brunnthal, um auf der anderen Seite der Autobahn zurück in Richtung München zu fahren.
    Doch wieder war er es, der Anne an Lisa erinnerte – und vorschlug, dass seine Mutter das Kind
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