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Tausend und eine Nacht, Band 4

Tausend und eine Nacht, Band 4

Titel: Tausend und eine Nacht, Band 4
Autoren: Gustav Weil
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hervor«, antwortete die Prinzessin, »lege ihn doch ab, denn ich fürchte mich vor Genien.« Der Vezier, welcher glaubte, sie sehe wirklich den Diener des Ringes, legte ihn auf das Kissen und näherte sich ihr wieder. Sie stieß ihn aber zurück, daß er ohnmächtig hinfiel, rief ihre Diener herbei und ließ ihn festnehmen; unterdessen rieb sie an dem Ring und befahl Abu Saadat, den Vezier in das schwärzeste Gefängnis zu sperren und ihren Vater und Gatten zu ihr zu bringen. Sie setzte ersteren wieder zum König ein und ließ letzteren zum Großvezier ernennen, den Ring gab sie aber nicht mehr aus der Hand. Am folgenden Tag war diese neue Wendung der Dinge den Häuptern der Truppen und Staatsräten mitgeteilt, die sich außerordentlich freuten, von einem gottlosen Mann, wie der Vezier war, befreit zu sein und ihn zum Tod verurteilt zu wissen.
    Nach fünf Jahren starb der König, da folgte ihm Maruf auf dem Thron, den Ring aber gab ihm seine Gattin erst nach anderen fünf Jahren, als sie auf dem Sterbebett lag, und empfahl ihm denselben so angelegentlichst, wie ihren Sohn, der damals fünf Jahre alt war. Eines Nachts, als Maruf nach dem Tod seiner Gattin sich allein niederlegte, fühlte er schon halb schlafend, jemanden neben sich liegen; er schlug erschrocken die Augen auf und rief Gottes Schutz gegen die Teufel an, und siehe da, seine Frau Fatma lag neben ihm, noch viel häßlicher, als sie früher war. »Wie bist du hierhergekommen?« fragte Maruf erstaunt. – »Wisse«, hob sie an, »daß ich bald nach deinem Verschwinden es sehr bereute, dir so viel Verdruß gemacht zu haben; auch sah ich ein, was ich an dir besessen hatte, denn seit deiner Abreise mußte ich um jedes Stückchen Brot betteln. Gestern ging ich auch lange auf den Straßen bettelnd umher und niemand gab mir etwas, manche beschimpften mich sogar, so daß ich hungrig nach Hause ging und weinte. Da erschien mir ein Geist und fragte mich: Warum weinst du so? Ich antwortete: Weil ich nicht weiß, wo mein Gatte hingekommen ist, der, solange er bei mir war, mich mit allem nötigen versorgte. – Dein Gatte, sagte der Geist, ist jetzt Sultan der Stadt Ichtian; wenn du willst, so trage ich dich zu ihm. Ich bat ihn, es zu tun, und er nahm mich auf seinen Rücken, flog mit mir eine Weile in der Luft zwischen Erde und Himmel, dann setzte er mich in diesem Schloß ab, bezeichnete mir dein Schlafzimmer und sagte: Hier liegt dein Gatte. So ging ich denn herein, in der Hoffnung, du werdest mich nicht verstoßen.« Sie bat dann so lange um Erlaubnis, bei ihm zu bleiben, bis er ihren Wunsch erfüllte, jedoch drohte er ihr mit dem Tod, bei der ersten Bosheit, die sie wieder gegen ihn ausüben würde. »Hier«, sagte er, »fürchte ich deine Klagen nicht, denn ich besitze einen Ring, mittelst welchem ich nur Gott zu fürchten habe, sobald ich daran reibe, erscheint mir ein Geist, der alle meine Befehle vollzieht. Ich lasse dir die Wahl, ob du nach Hause zurückkehren willst, da sollst du so viel Geld haben, daß du bis zum Tod im Überfluß leben kannst, oder ob du bei mir zu bleiben wünschest, da räume ich dir eine herrlich möblierte Wohnung im Schloß ein, schenke dir zwanzig Sklavinnen zu deiner Bedienung und verschaffe dir die schönsten Kleider und die schmackhaftesten Speisen und Getränke.« Fatma wünschte bei ihm bleiben zu dürfen, und lebte einige Zeit wie eine Königin.
    Bald hatte sie aber großes Mißfallen an Marufs Sohn und noch größeren Ärger über Maruf selbst, der bei aller Fürsorge jedoch nicht mehr als Gatte mit ihr lebte, denn sie war alt und hatte ihn zu tief gekränkt. Sie ließ sich daher vom Teufel die Idee eingeben, sich des Ringes zu bemächtigen, ihn zu töten und selbst den Thron zu besteigen. So schlich sie eines Nachts aus ihrem Gemach in das Marufs, im Augenblick, wo er herausging und sie wohl wußte, daß sein Ring auf dem Kissen lag. Aber Marufs Sohn hatte sie gesehen, und es war ihm aufgefallen, daß seine Stiefmutter zu einer ganz ungewöhnlichen Stunde in seines Vaters Schlafzimmer gehe; er folgte ihr daher leise mit einem Schwert umgürtet, das er schon als Kind trug, und als er sah, daß sie den Ring nahm, sich damit freute und schon daran reiben wolle, zog er sein Schwert und schlug ihr den Hals ab. Maruf umarmte seinen Sohn und verspottete ihn nicht mehr wegen seines Schwertes. Am folgenden Tag ließ er Fatma beerdigen und bald darauf heiratete er die Tochter des Bauern, der ihn auf seiner Flucht bewirtet hatte, und
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