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Tausend und eine Nacht, Band 4

Tausend und eine Nacht, Band 4

Titel: Tausend und eine Nacht, Band 4
Autoren: Gustav Weil
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Hände übereinander und rief: »Es gibt keinen Schutz und keine Macht, außer bei Gott, dem Erhabenen!« – »Was hast du?« rief die Prinzessin; »warum seufzest du so?« – »Dein Vater«, antwortete Maruf, »hat unsere Hochzeit so übereilt: Ich wollte warten, bis die Karawane ankommt, da wäre ich auch imstande gewesen, dir deiner würdige Geschenke zu machen, aber so schäme ich mich vor dir und deinen Sklavinnen, denen ich auch, um dich dadurch zu ehren, von meinen Perlen schenken wollte.« – »Gräme dich nicht darüber«, erwiderte die Prinzessin; »du bist niemandem etwas schuldig, und was du geben willst, wird später ebenso angenehm sein; laß uns deshalb die Freuden der Hochzeitsnacht nicht vergessen.«
    Maruf setzte noch zwanzig Tage lang sein bisheriges Leben fort und verschenkte, was die Schatzkammer an Geld und Ehrenkleidern enthielt. Am einundzwanzigsten Tag, als der König allein mit seinem Vezier war, trat der Schatzmeister zu ihm herein und meldete ihm, daß die Schatzkammer bald erschöpft wäre. Der Vezier benutzte diese Veranlassung wieder, um Maruf als einen Abenteurer darzustellen, so daß der König, wegen des aIlzulangen Ausbleibens der Karawane selbst argwöhnisch, zum Vezier sagte: »Wie fangen wir es an, um endlich einmal Gewißheit über den wahren Zustand Marufs zu erhalten?« – »Das beste ist«, antwortete der Vezier, »du bittest deine Tochter, in Maruf zu dringen, daß er dir die Wahrheit über seinen früheren Stand gestehe, denn selten kann ein Mann lange seiner Frau ein Geheimnis vorenthalten.« – »Das soll geschehen«, versetzte der König, »und ist er ein Lügner, so soll er den schlimmsten Tod sterben.« Er ließ sogleich seine Tochter rufen, und der Vezier, den nur ein Vorhang von ihr trennte, belehrte sie, wie sie es anzufangen habe, um hinter die Wahrheit zu kommen. Die Prinzessin, welche selbst der vielen Prahlereien und Versprechungen ihres Gatten müde war, erbot sich, alles aufzubieten, um ihm sein Geheimnis zu entreißen. Als er des Abends nach Hause kam, trat sie ihm mit vielen Liebkosungen entgegen und sagte ihm Worte, süßer als Honig. »Geliebter«, redete sie ihn an, »Freude meiner Augen, Frucht meines Herzens, möge das Schicksal uns nie trennen, denn mein Herz ist so voll von Liebe zu dir erfüllt, daß ich ohne dich nicht mehr leben könnte. Aber ich bitte dich, fahre nicht länger fort, meinen Vater in bezug auf deine Reichtümer zu täuschen, er wird einmal die Wahrheit erfahren und dann im Zorn Maßregeln gegen dich ergreifen, die wir nicht mehr verhindern können; gestehe mir lieber alles, ich werde dann schon Mittel finden, dich außer aller Verlegenheit zu bringen.«
    »Nun«, sagte Maruf zu seiner Gattin, »wenn du die Wahrheit hören willst, so wisse, daß ich kein reicher Kaufmann, sondern ein armer Schuhflicker aus Kahirah bin«, und hierauf erzählte er ihr seine ganze Geschichte. – »Du bist ein gewandter Lügner«, sagte die Prinzessin, »und hast es ziemlich weit mit deinen Lügen gebracht; indessen hielt dich der Vezier immer für einen Abenteurer, und auf seinen Rat hat mein Vater mich ersucht, alles aufzubieten, um dir dein Geheimnis zu entlocken. Ich werde mich aber wohl hüten, es ihm mitzuteilen, er würde dich mit dem Tod bestrafen, ich gälte in der Welt als die Witwe eines Schuhflickers und würde gezwungen werden, ein zweites Mal zu heiraten. Darum folge meinem Rat; hier sind fünfzigtausend Dinare, kleide dich als Mameluck, nimm ein gutes Pferd aus dem königlichen Stall, reite in ein Land, das nicht mehr meinem Vater untertan ist, und lasse dich daselbst als Kaufmann nieder; gib mir dann Nachricht von dir, damit ich dir schicke, was ich für dich auftreiben kann. Dort bleibst du, bis mein Vater stirbt, dann lasse ich dich sogleich wieder hierher rufen; stirbt aber eines von uns zuerst, nun, so wird der Tag der Auferstehung uns vereinen.« Maruf nahm zärtlich Abschied von seiner Gattin und machte sich vor Tagesanbruch auf den Weg. Einige Stunden darauf ließ der König seine Tochter kommen, um zu hören, was sie von Maruf entlocken konnte. »Gott schwärze das Angesicht deines Veziers«, sagte die Prinzessin. »Als gestern Nacht mein Gatte bei mir war, trat mein Eunuche mit einem Brief herein und sagte: Zehn Mamelucken, welche vor dem Schlosse stehen, haben ihn gebracht. Ich öffnete den Brief, und siehe da, er war von den fünfhundert Mamelucken, welche meines Gatten Karawane begleiteten; sie meldeten ihm, daß sie von
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