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Tausend und eine Nacht, Band 4

Tausend und eine Nacht, Band 4

Titel: Tausend und eine Nacht, Band 4
Autoren: Gustav Weil
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ebensowenig mein Leben anvertrauen, als man eine schöne Frau einem Wollüstling, einen Schatz einem Dieb, oder Holz dem brennenden Feuer anvertraut; auch sagt man: Von einer natürlichen Feindschaft, so schwach sie auch sein mag, ist doch starkes Übel zu erwarten.«
    Die Katze antwortete hierauf mit demütiger, rührender Stimme: »Was du sagst, mein Freund, ist wahr; ich leugne meine Sünden gar nicht, doch Gott verzeihe mir und verzeihe auch du mir vergangene Schuld, heißt es doch: Wer einem Geschöpfe seinesgleichen verzeiht, dem verzeiht auch Gott; ich war allerdings bisher dein Feind, doch nun suche ich deine Freundschaft; sagt man nicht: Willst du deinen Feind in einen Freund verwandeln, so erweise ihm Gutes; ich will nun einen festen Bund mit dir schließen und dir versprechen, daß ich dir nie etwas zuleide tun werde; ohnedies habe ich gar keine Kraft mehr dazu. Nimm nur meine Freundschaft an, vertraue auf Gott und versage mir deine Hilfe nicht!« Da sagte die Maus: »Wie soll ich mit einem Treulosen einen Bund schließen? Wie darf ich das tun, da doch unsere Feindschaft uns von Natur angeboren ist? Legte ich mich in deine Gewalt, so wäre es gerade, als wenn jemand seine Hand in den Mund einer Otter stecken wollte.« Da sagte die listige Katze: »Mein Leben erlischt in mir, bald werde ich vor deiner Tür sterben, und du wirst die Schuld tragen, denn du hättest mich retten können; ich sage dir zum letzten Mal, wenn du mich einläßt, so werde ich dein wahrer Freund sein, stets für dich beten, und der Himmel wird dich dafür belohnen.« Bei diesen Worten wurde die Maus von Gottesfurcht ergriffen und dachte bei sich: Wer seinem Feind Gutes erweist, dem steht Gott gegen ihn bei; ich will nun im Vertrauen auf Gott diese Katze vom Untergang retten und mir dadurch himmlischen Lohn erwerben. Sie trat dann zur Katze heraus und schleppte sie in die Höhle: Die Katze machte sich schwer und stellte sich tot, so daß es der Maus sehr mühsam wurde, sie auf ihr Lager zu bringen. Nachdem die Katze ein wenig ausgeruht hatte, öffnete sie den Mund und klagte über Schwäche und Mattigkeit. Die Maus bemitleidete sie und redete ihr Mut ein. Die Katze aber kroch allmählich bis zur Öffnung der Höhle, um der Maus den Ausgang zu versperren, dann sprang sie auf sie los und faßte sie mit allen Vieren und biß sie, hierauf schleuderte sie sie in die Höhe und lief ihr wieder nach. Die Maus rief Gottes Hilfe an und sagte zur Katze: »Treuloser Freund, hältst du so den Bund, den wir geschlossen, und den Eid, den du geschworen? Ist das mein Lohn dafür, daß ich dich in meine Höhle hereingelassen und dir mein Leben anvertraut? Mit Recht sagt man: Wer dem Versprechen eines Feindes traut, der ist seines Lebens nicht mehr sicher und verdient den Tod; doch ich vertraue auf Gott, der wird mich retten.« Wahrend die Maus so zur Katze sprach, welche vorhatte sie zu zerreißen, kam ein Jäger mit Fanghunden herbei; einer derselben hörte das Geräusch in der Höhle, sprang munter heran in der Meinung, es sei ein Fuchs, der etwas zerreißen wolle, packte die Katze von hinten, und zog sie heraus und zerriß sie in Stücke. Die Maus aber kam ohne schwere Wunde davon, denn die Katze hatte sie in ihrem Schrecken losgelassen, und so bestätigt sich hier: Wer Mitleid hat, der wird auch (von Gott) bemitleidet; wer Unrecht handelt, dem geschieht auch Unrecht.
    »Das ist's, o König, was dieser Katze geschehen, darum soll niemand sein Wort brechen und das ihm geschenkte Vertrauen mißbrauchen, sonst geht es ihm auch so; wer aber Gutes übt, dem wird reicher Lohn. Doch betrübe dich nicht, o König, dein Sohn wird später wieder deinen Pfad wandeln und Buße tun. Dein gelehrter Vezier fürchtete sich aber, dir dies zu offenbaren, weil schon mancher durch seine Gelehrsamkeit sich große Gefahr zugezogen.« Der König entließ die Traumdeuter hierauf gnädigst, ging nachdenkend in seine Wohnung und brachte die Nacht bei der geliebtesten und geachtetsten seiner Frauen zu. Nach einigen Monaten, als sie die Merkmale der Schwangerschaft an sich wahrnahm, lief sie freudig zum König, um es ihm zu melden. Dieser rief höchst entzückt aus: »So war mein Traum doch wahr! Gott wird mir auch ferner in allem beistehen.« Er erwies von nun an seiner Frau viele Ehre und ließ ihr das schönste und beste Zimmer im Schloß einräumen. Sobald Schimas ins Schloß kam, teilte ihm der König seine Hoffnung, bald Vater zu werden, mit, und sagte: »Nun sind meine
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