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Tausend und eine Nacht, Band 4

Tausend und eine Nacht, Band 4

Titel: Tausend und eine Nacht, Band 4
Autoren: Gustav Weil
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Wünsche erfüllt; ich hoffe, meine Frau wird einen Sohn gebären, der meinen Thron erben kann. Was sagst du dazu, Schimas?« Schimas schwieg und antwortete nichts. Da sagte der König: »Warum freust du dich nicht mit mir? Warum schweigst du? Ist dir das nicht angenehm?« Schimas verbeugte sich und sagte: »Mögest du lange leben, o König; warum sollte der in der Mittagshitze unter einem schattigen Baum Ausruhende, oder der Lechzende, welcher an klarem Wein oder frischem Quellwasser sich labt, sich nicht freuen? Noch größer, o König ist meine Freude mit dem, was dir Gott geschenkt, bin ich doch ein Diener Gottes und dein Diener. Doch sagt man: Von drei Dingen darf ein Verständiger nicht zu früh sprechen: von einem auf die Reise gehenden Kaufmann, bis er zurückkehrt; von einem in den Krieg Ziehenden, bis er seinen Feind überwunden, und von einer Schwangeren, bis sie ihr Kind geboren; denn wisse, o König, wer von etwas spricht, ehe es da ist, dem geht es wie dem Einsiedler mit dem verschütteten Schmalz.« Der König fragte: »Was ist das für eine Geschichte?« Da begann Schimas:

Geschichte des Einsiedlers mit dem Schmalz.
    Wisse, o König, einst lebte ein Einsiedler in einer Stadt bei einem der vornehmsten Bürger, der ihn sehr liebte und ihm jeden Tag drei Brötchen und etwas Honig und Schmalz reichen ließ. Da das Schmalz damals sehr selten und teuer war, sammelte der Einsiedler alles, was er von seinem Gönner erhielt, in einem großen Krug, den er zu Häupten seines Bettes stellte, um immer ein wachsames Auge darauf haben zu können. Eines Tages, als er auf seinem Bett saß, fiel ihm sein Schmalz ein, das jetzt so hoch im Preis stand, und er dachte bei sich: Ich werde es jetzt ganz im stillen verkaufen und dafür eine Ziege kaufen, ich mache dann Gemeinschaft mit einem Bauern, der einen Bock hat, sie wird im ersten Jahr ein Männchen oder ein Weibchen, und im zweiten ein Weibchen oder ein Männchen gebären, und so wird es fortgehen, bis ich eine Menge Böcke und Ziegen habe; ich verkaufe dann die Böcke und kaufe Kühe und Stiere dafür; wenn auch diese sich vermehrt haben, verkaufe ich einen Teil davon und kaufe ein schönes Gut und bebaue es; dann lasse ich mir ein schönes Schloß darauf bauen, schaffe mir kostbare Kleider an, kaufe Sklaven und Sklavinnen, dann heirate ich die Tochter eines reichen Kaufmanns oder Fürsten, und feiere eine Hochzeit, wie noch nie eine gefeiert worden; es wird weder an allerlei Fleischgerichten noch an Süßigkeiten fehlen. Auch lasse ich Musiker und Sänger und Märchenerzähler kommen, die uns bei dem Dufte der schönsten Blumen und der feinsten Wohlgerüche belustigen; ich werde Reiche und Arme einladen, alles was durch Gelehrsamkeit und Bildung sich hervortut, sogar den Sultan mit seinen Offizieren; ich lasse in der ganzen Stadt ausrufen: Jeder soll zu essen und zu trinken bei mir finden! Ist dann die Braut königlich geschmückt, begebe ich mich zu ihr und ergötze mich an ihren Reizen, esse und trinke und scherze mit ihr und denke bei mir selbst: Nun bin ich am Ziele meiner Wünsche, fern von dem traurigen Einsiedlerleben. Bald freue ich mich dann mit dem Knaben, den mir meine Frau gebären wird, und gebe ein großes Fest bei seiner Geburt; ich lasse ihn in Pracht und Glanz erziehen und in allem unterrichten, so daß sein Name berühmt werde in allen Gesellschaften. Ich werde ihm dann dies und jenes befehlen; gehorcht er mir, so lasse ich ihn immer mehr unterrichten, wird er aber ungehorsam, so komme ich mit dem Stocke hinter ihn. Bei diesen letzen Worten hob der Einsiedler den Stock, den er in der Hand hatte, mit aller Kraft in die Höhe, begegnete dem Schmalzkrug, der ihm zu Häupten stand, und zerbrach ihn; das Schmalz stürzte über seinen Kopf herunter, beschmierte sein Gesicht und seinen Bart, und befleckte seine Kleider und sein Bett, und so wurde er eine Warnung denen, die sich belehren wollen.
    »Darum, o König, soll man niemals von etwas sprechen, das noch gar nicht ist.« Der König sagte: »Du hast recht, Schimas, du bist ein herrlicher Vezier, deine Worte sind aufrichtig und dein Wandel gerade, darum nehme ich auch alles von dir gut auf.«Schimas erwiderte, sich verbeugend: »Gott schenke dir ein langes Leben und eine dauerhafte, glänzende Regierung; du weißt, daß ich dir stets meinen aufrichtigsten Rat erteile, daß nur deine Zufriedenheit mit mir mich glücklich macht, daß ich keine andere Freude, als die deinige habe, daß ich nicht schlafe,
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