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Taubenkrieg

Taubenkrieg

Titel: Taubenkrieg
Autoren: S Lüpkes
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gearbeitet und war wesentlich unempfindlicher in diesen Dingen.
    »Und?« Boris blieb auf der Türschwelle stehen und fuhr sich mit den Fingern durch seine etwas zu langen Haarsträhnen, um die Wachtel ihn sicher beneidete. »Sollen wir mal kurz zusammenfassen, was wir haben?«
    »Nicht viel«, musste Wencke zugeben. »Ein zertrümmerter Bootsschuppen auf dem Gelände eines einschlägig bekannten Motorradclubs*. Die
Devil Doves –
Teufelstauben?«
    Boris Bellhorn und KHK Wachtel nickten synchron.
    Wencke betrachtete die Szenerie. »Zwei Wasserflaschen, ein paar Zigarettenkippen und eine solche Menge Blut, dass klar sein dürfte, hier konnte jemand nicht mehr auf eigenen Beinen hinausspazieren.«
    »Die Blutspur zieht sich bis zum Bootssteg«, ergänzte Boris. »Das Opfer wird also über den See abtransportiert worden sein. Vielleicht wurde es dort versenkt, vielleicht auch ans andere Ufer gebracht. Dort gibt es nur Bäume und die Autobahn, da hätte keiner was mitgekriegt.«
    Wencke beschloss, den sturen Kommissar mit einzubeziehen. »Herr Wachtel, wann genau wurde das Ganze hier eigentlich entdeckt?«
    »Um vier Uhr morgens kam der Anruf.«
    »Und wer hat Sie informiert?«
    Wachtel kramte seinen digitalen Notizblock heraus, demonstrativ, auch hier in Meckpomm war man auf dem neuesten Stand der Technik, und selbst ein Beamter auf bestem Weg zur Pension war sich nicht zu schade, die neuen Medien zu nutzen. |13| Wenige Tastendrucke später hatte er die Information parat. »
Patch Blacky

    Wencke musste lachen. »Ein Hund?«
    »Wir kennen die Rocker hier am besten unter ihren Spitznamen.
Patch Blacky
heißt mit bürgerlichem Namen Thorsten Schwarz und ist ein hohes Tier im Motorrad-Club. Gehört sozusagen zum Vorstand, organisiert die Ausfahrten der Mitglieder.«
    »Road-Captain* nennt man diesen Job«, mischte Boris mit und erntete immerhin einen erstaunten Blick aus Wachtels Schlitzaugen. »Der Road-Captain muss einen halbwegs guten Draht zur Polizei haben, damit die bei den Touren ein Auge zudrücken, wenn gnadenlos rote Ampeln übersehen oder Vorfahrtsstraßen blockiert werden.«
    »Sie kennen sich ja richtig aus!« Endlich und zum allerersten Mal seit ihrer Ankunft wandte der Kommissar sich in ihre Richtung und schaute Wencke und Boris an. Was auch immer der Anlass gewesen war, sich schließlich doch auf eine gemeinsame Ebene zu begeben, Wencke war froh, nicht immer mit der Rückseite seines Haarteils kommunizieren zu müssen.
    »Ich habe mein Soziologie-Studium mit einer Diplomarbeit über Männerbünde abgeschlossen. Bin also sozusagen Fachmann für Hooligans, studentische Verbindungen, Mönchsorden und die ganze Bagage   …« Boris hob ein wenig zu tänzerisch die Schultern. Schon beim Wort »Soziologie-Studium« war Wachtels plötzliche Aufgeschlossenheit wieder merklich abgeflaut. Und als er jetzt zu begreifen schien, dass der coole Profiler aus Hannover ganz offensichtlich schwul war, verebbte das letzte bisschen Kollegialität schneller wieder, als es gekommen war.
    Boris nahm es gelassen. »Auch wenn ich nicht so aussehe, ich bin so etwas wie ein Rocker-Experte.«
    |14| Wachtel stieß seinen Atem in den Bart und schaute wieder ins Blaue.
    »Die
Devil Doves
sind ein vergleichsweise neuer Club, der sich vor gut fünf Jahren aus vielen anderen Rockerverbänden zusammengeschlossen hat«, untermauerte Boris noch ein wenig sein Fachwissen. »Soweit ich informiert bin, sorgen sie besonders in den neuen Bundesländern für ziemlichen Ärger, weil sie Gebietsansprüche stellen und den
GPGs
ins Gehege kommen.«
    »Den
GPGs

    »
G-Point -Gangsters
. Ein anderer Motorrad-Club, den es schon wesentlich länger gibt.«
    »Was für ein bescheuerter Name!«
    »Das ist zweideutig zu verstehen, meine Liebe. Einmal der G-Punkt , wie du ihn kennst   …« Wencke konnte ihren Kollegen sogar gegen das Licht leicht erröten sehen. »Na ja, und weil G der siebte Buchstabe im Alphabet ist und die Sieben wiederum eine besondere Bedeutung in der Zahlenmythologie hat, sie symbolisiert die Todsünden und dominiert in den Beschreibungen der Apokalypse   …« Boris hielt inne. »Hört sich schräg an?«
    »Allerdings. Ich dachte, Rocker fahren bloß Motorrad.«
    »Viele Männerbünde berufen sich auf die Prinzipien der Numerologie. Eins steht für Anfang und Einmaligkeit, Zwei für die Gegensätzlichkeit, und so weiter bis zur 144.000, die ja angeblich die Anzahl derer angibt, die nach dem Weltenende die Erlösung finden.«
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