Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Taubenjagd: Jimmy Veeders Fiasko

Taubenjagd: Jimmy Veeders Fiasko

Titel: Taubenjagd: Jimmy Veeders Fiasko
Autoren: Shaw Johnny
Vom Netzwerk:
schienen.
    Sie nickten schüchtern.
    » Y … Essen? Mist, was heißt Essen? Comida , richtig?«
    Sie nickten wieder.
    »Ich komme sofort zurück. Espera .«
    Ich ging ins Haus, leerte eine viertelvolle Flasche Limo und füllte sie mit Leitungswasser. Das einzige Nahrungsmittel, das ich hatte, war eine halbe Packung Ding Dongs, die ich unterwegs gekauft hatte. Die hatten sicher einen gewissen Nährwert, und der Junge würde ganz bestimmt begeistert sein. Ich warf sogar ein paar Eiswürfel in einen Plastikbecher. Wenn man zu lange dieser Hitze ausgesetzt ist, weiß man gar nicht mehr, wie sich Kaltes anfühlt.
    Ich entlud die Flinte und stellte sie zurück in den Schrank.
    Als ich mit Armen voller guter Sachen zum Schuppen zurückkam, waren sie weg. Sie hatten wohl angenommen, ich sei ins Haus gegangen, um La Migra zu rufen. Ich ließ die Wasserflasche für den nächsten Hausbesetzer im Schuppen, kippte das Eis ins Gras und aß ein Ding Dong.

Zwei
    Ich wurde von Schüssen geweckt. In der Stadt ein beunruhigendes Geräusch, aber auf dem Land nur wieder so ein Gerät, das zu früh am Morgen eingesetzt wurde. Die dumpfen Knalle einer Schrotflinte in ein paar hundert Meter Entfernung reißen einen längst nicht so brutal aus dem Schlaf wie die meisten Wecker.
    Ich hörte in der Ferne noch ein paar Schüsse. Die Taubenjagd würde erst anderthalb Monate später beginnen. Aber viele Einheimische schienen die gesetzlich festgelegte Jagdsaison mehr als Richtlinie denn als Regel zu betrachten. Der Beginn der Taubenjagdsaison, immer der erste September, war im Imperial Valley ein wichtiger Termin. Dagegen war der Winterjahrmarkt nur, na ja, eben ein Jahrmarkt. Ich wusste noch, wie Pop mir mit zehn eine Flinte gab. Nicht für die Jagd, sondern um entlang der Felder zu patrouillieren, damit nicht irgendwelche Typen die Ernte zertrampelten. Selbst ein vorpubertärer Knabe wirkt mit einer geladenen Schrotflinte einschüchternd.
    Früher kamen Leute wie Ernest Hemingway und Gary Cooper zur Taubenjagd hier runter. Tagsüber jagen und nachts in Mexicali saufen und zocken. Auch damals war’s nur darum gegangen, Vögel abzuknallen, aber trotzdem war ich überzeugt, dass es irgendwie anders gewesen war. Die Zeiten von Papa Hemingway und
Gary Cooper waren schon lange vorbei. Wenn ich den Schüssen nachgegangen wäre, hätte ich eine Gruppe Rednecks gefunden, die schon mittags in der Affenhitze besoffen rumsaßen und auf das Friedenssymbol schossen. Dagegen wirkt das beliebte »Frösche-Aufspießen« wie ein nobler Sport.
    Das Haus war über Nacht kein bisschen abgekühlt. Noch immer in den Kleidern vom Vorabend richtete ich mich auf der Couch auf. Der Gestank meiner verschwitzten Socken machte selbst mir zu schaffen. Als mein Gehirn Verbindung zu meinen Augen aufgenommen hatte, schaute ich auf die Uhr auf dem Kaminsims. Falls sie noch ging, war es halb neun. Immerhin drei Stunden Schlaf.
    Ich steckte mir eine Kippe an, rekelte mich und ging zum Fenster, das auf den Vorgarten hinausging. Bäume und Rasen hatten nicht nur die Schlacht, sondern auch den Krieg verloren. Das Gras war gelbbraun, in der Hecke wimmelte es von Spinnen und die wenigen Bäume verdursteten. Ein Baum hatte schon ganz den Geist aufgegeben. Er lag quer auf dem Rasen, die toten Wurzeln aus dem Boden gerissen. Der wolkenlose Himmel versprach einen schönen Tag. Aber der Schein kann trügen. Die Temperatur würde sicher bis an die vierzig Grad steigen. Im Sommer berichteten die Lokalnachrichten regelmäßig, wie auf dem Bürgersteig Spiegeleier gebraten wurden. Berichte über schwanzlose Katzen und Wasserski fahrende Eichhörnchen hob man sich für den Winter auf.
    Ich ging mit einer meiner Taschen ins Badezimmer, zog mich aus und sprang unter die Dusche. Der Wasserdruck war ziemlich schwach, und heißes Wasser gab’s gar nicht. Aber das hätte ich sowieso nicht gebraucht. Ich nahm mir vor, eine Reparaturliste zu machen, angefangen mit der Klimaanlage und dem Wasser. Mir war klar, dass meine Instandhaltungsarbeiten kein Ende nehmen würden, aber ich hatte ja Zeit genug. Das Haus war am Arsch. Es war so vieles kaputt, dass einem ganz bange wurde. Früher mal ein schönes Haus, glich es nun eher einem großen Schuppen.
    Auch zwölf Jahre zuvor, als nur ich und Pop hier wohnten, hätte es das Haus nicht auf das Titelblatt des Architectural Digest geschafft. Zwei Männer, die zusammenwohnen – Ferkel, die sich
zufrieden im eigenen Dreck suhlen. Aber ich hatte meine
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher