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Tatort Oktoberfest (German Edition)

Tatort Oktoberfest (German Edition)

Titel: Tatort Oktoberfest (German Edition)
Autoren: Barbara Ludwig
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angesagt. Mails checken und schauen, was die Kisten dort so drauf haben. Hoffentlich ist es dort nicht zu teuer.
    „So, Ludwig, jetzt sind Sie wirklich der Ludwig“, sagt die Friseuse in seine Tagträumereien hinein und tritt einen Schritt zurück.
    Sein vorsichtiger Blick schwirrt in Richtung Spiegel, und ein kleiner Schrei entweicht seinem Mund. „Nee, det bin ick nich.“ Fremd und jung starrt ihm ein helles Gesicht, etwas länglich und schmal, entgegen, mit blauen, erschreckt blickenden Augen unter dunklen Brauen. Das ebenso dunkle Haar liegt am Oberkopf gescheitelt an, um sich dann an den Seiten in Locken bis zum Ohr zu bauschen. Vor Schreck fällt er fast in Ohnmacht. Fassungslos wendet er den Kopf nach links und nach rechts. Das fremde Abbild vollführt die Bewegungen wie schematisch mit. „Jeeht det och wieder wegzumachen?“ fragt er hilflos.
    „Ja klar, aber ich denke, du wolltest …“
    Ludwig presst den Mund zusammen und überlegt. Ja doch, er will ja mit Nadine als Ludwig über die Wiesn gehen. Also murmelt er nach einer Weile schicksalsergeben: „Einverstanden, ich sehe jetzt aus wie der Ludwig auf dem Foto. Geht in Ordnung.“
    Rasch befreit er sich aus dem Stuhl und eilt mit gesenktem Kopf hinaus. Irgendeinen Kommentar könnte er jetzt nicht ertragen. Erleichtert registriert er, dass seine Tante im Hauptsalon nicht auf ihn wartet. Ohne sie hält sich das Interesse an ihm in Grenzen. Er ist froh, dass ihn in München so gut wie keiner kennt. Denn wenn seine Kumpels in Berlin ihn so sehen würden, würden sie in einen Lachkrampf verfallen. Während er in das Internetcafé geht, drückt er sich rasch die Kappe über die Haare.
    Als Ludwig am Abend mit Nadine auf der Roseninsel eintrifft, windet er sich. Am liebsten würde er einen Rückzieher machen oder sich auch jetzt seine Kappe über die Haare stülpen und die Hände in den Hosentaschen versenken. Aber das ist unmöglich. Die geliehene Uniform gestattet nichts dergleichen. Sie sitzt eng am Körper, umspielt seine schlanke Taille und ist von oben bis unten mit runden Metallknöpfen verschlossen. Die eigentlich dazugehörenden weißen Beinkleider saßen eng an wie eine Strumpfhose und betonten jeden Muskel. „So wat ziehe ick nich an“, entrüstete er sich und weigerte sich standhaft, das Ding überzustreifen. Beinahe wäre sein Einsatz gescheitert, hätte Nadine nicht von irgendwo noch eine normale weiße Hose aufgetrieben. Sie war es auch, die ihm einredete, er solle einfach so tun, als wäre er ein Schauspieler. „Such dir einen aus. Vielleicht Til Schweiger oder di Caprio? Die stellen sich auch nicht an, sondern mimen in der entsprechenden Ausstattung einfach den König oder wen auch immer.“ Dem konnte er nichts entgegenhalten.
    Er betrachtet nachdenklich Nadine. Sie gleicht in dem Sisikleid dieser Schauspielerin, für die Oma Herrmann immer schwärmte, fällt ihm ein. Vielleicht sollte er sich den Schmarrn mal reinziehen, wenn er wieder in Berlin ist. Ob die Sisi damals auch so gut gerochen hat wie Nadine? Es ist einfach schön, so nah bei ihr zu stehen, wenn es ihn auch ab und an in Verlegenheit bringt.
    „Komm, wir stellen uns hier an die Tür. Und Ludwig, denk dran, halt den Mund. Ich antworte. Wir gehen später zwischen den Leuten herum. Es ist ein Stehempfang. Lächle einfach, dann bist du umwerfend. Hoffentlich wollen dich nicht alle Frauen mit nach Hause nehmen.“ Sie lacht, und ihr Lachen klingt hell wie die kleinen Glöckchen, die damals um den Hals seines Lieblingsschmusetieres baumelten. „Wenn sie uns fotografieren wollen, dann stellst du dich neben mich oder wenn gewünscht einfach neben die Person.“
    Langsam trudeln die ersten Gäste ein. Sie scheinen sich meist zu kennen, denn es setzt ein in seinen Augen unnatürliches allgemeines Bussi-Bussi ein. In dem nicht sehr großen Raum können sie sich ja auch gar nicht aus dem Weg gehen, stellt er fest. Ein unbeschreiblich schöner, lieblicher Duft flutet durch die offenen Türen und berauscht ihn fast. Dass Rosen so schön riechen können, das sollten sie sich hier patentieren lassen. Die hereinströmenden Frauen und Männer begeistern Ludwig weniger. Er findet, sie sehen auf eine gewisse Art alle irgendwie gleich aus und sie erscheinen ihm, von ein paar Ausnahmen abgesehen, uralt, unnatürlich gepudert und aufgedonnert. Zwischen ihnen wieseln Fotografen hin und her. Sowie bei einem von ihnen eine Kameralinse auftaucht, unterbrechen sie ihre Gespräche und posieren. Wenn
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