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Tarnen, tricksen, täuschen

Tarnen, tricksen, täuschen

Titel: Tarnen, tricksen, täuschen
Autoren: Gerhard Krug
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er plötzlich nicht mehr so sehr davon überzeugt.
    Das ist mit das Schwierigste im Projekt, einen Meilenstein zu treffen und zu halten. Der Rest ist Routine. An Ideen, dein Projekt mit zusätzlichen Funktionen zu ergänzen, fehlt es nie. Aber an Geld und Kollegen, die diese Ideen noch umsetzen, während die Fertigung schon läuft.
    Nicht wenige Projekte sind daran gescheitert. So werden viele Softwareprojekte ganz klein gestartet, um dann später als Hyperprojekt zu enden. Diese Projekte verlieren sich dann mit Warp 2 im All der Wünsche und werden nach Jahren und viel Geld als undurchführbar gestoppt.
    Die Mechanismen dazu sind primitiv und eigentlich jedem bekannt. Und trotzdem sind dies die meistgemachten Fehler. Man hat das Projekt mit einer Funktionsliste gestartet. Nachdem sich viele Leute, auch du, mit dem Projekt auseinandergesetzt haben, merkt man, was man hätte noch alles reinpacken können. Man hat auch die Konkurrenz genauer angesehen und dabei gemerkt, was man alles vergessen hat. Und vor allem, was diese besser kann.
    Und dann ist die Versuchung groß, diese Wünsche nochmal schnell in das Projekt zu packen. Vor allem die Leute, die an der Front sind, also mit den Kunden zu tun haben, werden von diesen darauf hingewiesen, dass diese Maschine, die man da gerade vollmundig angekündigt hat, vom Mitbewerber bereits seit zwei Jahren auf dem Markt ist und nur die Hälfte kostet. Stimmt zwar nicht, sichert aber dem Kunden 10   % Zusatzrabatt.
    Hier sollte man sich die Theorie des unvollständigen Marktes zu eigen machen. Niemand hat einen vollständigen Marktüberblick. Und da dies so ist, lassen sich auch Dinge verkaufen, die zweitklassig sind. Somit kann dann Version 2.0 des Produkts auf den Marktkommen, während die Version 1 auf dem Markt ist und damit Geld verdient wird. Aber sie ist auf dem Markt. In dieser Zeit kann der Verkauf das Produkt verkaufen und erhält Rückmeldung vom Markt, was wie und wo noch besser gemacht werden kann.
    Wird zu lange entwickelt, kann es passieren, dass eine neue Technik das Produkt überholt, ohne dass es jemals auf den Markt kommt. Die Erfahrung in vielen Firmen zeigt, dass es wesentlich besser ist, ein Produkt mit eingeschränkten Funktionen rasch auf den Markt zu bringen als mit vielen Funktionen in ein paar Jahren. Dazu gibt es Hunderte von Untersuchungen.
    Und wenn das Produkt sehr komplex ist, kann es sich sogar als Vorteil erweisen, es reduziert auf den Markt zu bringen, da man nie ein vollständiges Pflichtenheft erhält. Wenn das Produkt, es kann z.   B. auch Software sein, nicht zu komplex ist, sind auch Änderungen viel leichter möglich. In den letzten Jahren kann ich auch nachweisen, dass viele Produkte so komplex sind, dass die Kunden daran scheitern.
    Die Diskussion um das einfache Handy, das nur telefonieren kann, ist ein schönes Beispiel. Oder die Fernbedienung, die nur der zehnjährige Tommy beherrscht, ein anderes. Und bei Software ist es schon lange bekannt. Nimmt man Word oder Excel, dann benutzen nur wenige mehr als 10   % der Funktionen. Wenn ich mir die Dokumente so anschaue, die ich als Word-Datei erhalte, sehe ich häufig, dass viele Sekretärinnen (und noch mehr Kollegen von dir) den Computer nur als Schreibmaschine benutzen. Da ist die Komplexität so groß, dass sie froh sind, den Text halbwegs formatiert zu bekommen. Aber selbstverständlich will der Kunde nur das hochkomplexe Produkt, nicht das einfache.
    Wenn du also deine Meilensteine halten willst, hüte dich vor der Komplexitätsfalle. An Punkt A ist Schluss mit der Wunschliste. Alles, was dann kommt, gehört in Serie B und wird dort eingebaut. Dann bist du schon nicht mehr Projektleiter, sondern in der Abteilung.
    Was du nun mit den Terminen machst, ist dir überlassen. Die einen drucken sie aus, hängen sie an die Wand und ignorieren sie von da an. Andere führen sie akribisch nach, ergänzen sie täglich mit einem riesigen Aufwand. Die Wahrheit liegt, wie so oft, in der Mitte. Wenn du ein Kleinprojekt hast, das z.   B. zwei Monate geht,und du guckst erst nach sechs Wochen nach den Terminen, dann hast du sicher ein Problem. Wenn du ein Fünfjahresprojekt hast und täglich deinen Plan durchsiehst, auch.
    Wenn du ordentliche Kanapeearbeit gemacht hast, dann hast du dein Projekt schon im Gefühl und brauchst den Plan eigentlich nur für die anderen und um dich zu vergewissern, ob du noch auf Kurs bist, und um dich später zu rechtfertigen. Dann weißt du schon, bevor es kritisch
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