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Tapas zum Abendbrot

Tapas zum Abendbrot

Titel: Tapas zum Abendbrot
Autoren: Basel Nicole Frick Marike
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Flirt, eine Affäre. Ich würde es später beenden, dachte ich, und das sagte ich ihm auch: Es sei eine Liebelei auf Zeit, keine Beziehung. Aber dann fingen wir damit an, einmal in der Woche Salsa zu tanzen und blickten uns dabei tief in die Augen. Wir kochten abends zusammen, tranken Rotwein, erzählten viel, unternahmen Streifzüge durch die Stadt, aßen schwedischen Himbeerkuchen in kuscheligen Cafés, und schon bald sagte er mir, dass er sich sehr verliebt hätte. Als wir dann noch mit Hundeschlitten durch die Eiseskälte Nordschwedens kurvten und am Kaminfeuer Händchen hielten, war klar: Ein Flirt war das auch für mich schon längst nicht mehr.
    Als Roberto einen Monat später zurück nach Barcelona ging, war er todunglücklich. Ich würde ein ganzes Jahr in Schweden bleiben, so war es seit Langem geplant. Und Roberto verbrachte von nun an viel Zeit in Flugzeugen. Viermal besuchte er mich in den folgenden Monaten, zweimal flog ich nach Barcelona. Wahrscheinlich ist es dort passiert, an einem blauhimmligen Tag unter der Sonne Spaniens, dass ich merkte: Du hast dich verliebt. Dort sagte er mir auch, dass er für mich nach Deutschland kommen würde. Heute weiß ich, dass mein Zukünftiger kein Risiko mag, dass er kein großer Abenteurer ist. Umso mehr staune ich rückblickend darüber, wie ein Mensch ohne Weiteres ein Land in Betracht ziehen kann, dessen Sprache er nicht spricht und das er, abgesehen von einer Stippvisite, noch nie gesehen hat. Mir war in dem Moment wohl nicht bewusst, was für ein riesengroßer Schritt das für Roberto war. Für mich Deutsche waren Auslandsaufenthalte ja auch etwas ganz Normales. Die meisten Spanier aber reisen deutlich weniger. Für meinen Freund bedeutete das Projekt Deutschland also ein großes Abenteuer.
    Als wir dann schließlich im September gemeinsam seine Koffer packten und das Auto seiner Eltern bis obenhin vollstopften, war er aufgeregt und optimistisch. Aber auch ein wenig besorgt. Erst viel später erzählte er mir, was er in seiner ersten Nacht in Deutschland gedacht hatte: Was machst du hier bloß? Er hatte alles auf eine Karte gesetzt. Und war sich plötzlich nicht mehr sicher, ob das richtig gewesen war.
    Wir hatten in Tübingen eine Dreizimmerwohnung gefunden, in der wir einen der Räume als Arbeitszimmer nutzen konnten. Dort wollte Roberto an seiner Doktorarbeit schreiben, während ich zu Ende studierte. Immer wieder würde er nach Barcelona fliegen, um in Blockseminaren an der Uni zu unterrichten. Was danach kommen würde, wussten wir nicht. Deutschland? Spanien? Ganz woanders? Wir wollten für alles offen sein. Klar würden wir das schaffen. Wir waren ein Paar wie jedes andere auch! Kulturunterschiede? Ach was, dachten wir: Spanier und Deutsche trennen doch keine Welten!
    Ja, so dachten wir damals. In den Jahren darauf zogen wir erstens nach Hamburg und wurden zweitens eines Besseren belehrt.
    Noch immer keine Neuigkeiten von den Fluglotsen. Aber wenigstens bin ich mit meiner To-do-Liste weitergekommen. Zufrieden streiche ich mehrere Punkte durch. Ja, ich war zur Vorbesprechung bei meiner Friseurin. Ja, ich habe einen Termin für die Maniküre ausgemacht. Ja, die Marmeladengläser für die Gastgeschenke sind angekommen. Was noch auf meiner Liste steht: Marmelade kochen, 65 Etiketten beschriften, Blumen aussuchen, Pralinen für die Kellner besorgen (kleine Bestechung vorab), Dankeskarten für die Musiker schreiben, Wegbeschreibung an den Fotografen schicken, Zimmerreservierungen überprüfen, Ohrringe und Musikequipment abholen, Wein ins Hotel bringen, letztes Vorgespräch beim Standesamt führen, Eheversprechen ausdrucken und auswendig lernen. Zwischendrin die ersten ankommenden Gäste bespaßen. Der ganz normale Hochzeitswahnsinn.
    Â»Wie läuft’s mit deiner Rede?«, schreibe ich Nicole. Ich habe sie gebeten, durch unsere Trauung zu führen – wir werden weder Pastor noch Standesbeamten dabeihaben. Keinen Pastor, weil wir beide nicht religiös sind, und keinen Beamten, weil der uns klargemacht hat, dass er nicht außerhalb seines Standesamtes traut, grundsätzlich nicht. Deshalb heiraten wir offiziell erst am Montag in eineinhalb Wochen, im sehr kleinen Kreis. Am Samstag, zwei Tage zuvor, findet die inoffizielle große Sause statt.
    Dann wollen wir uns an einem See unter altehrwürdigen Eichen das Jawort geben, in unserer ganz
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