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Tanz unter Sternen

Tanz unter Sternen

Titel: Tanz unter Sternen
Autoren: Titus Mueller
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Revolver regelmäßig Schüsse in die Nacht ab.
    An Bord der Carpathia soll er es sich, Berichten zufolge, nach dem Essen auf einem Stapel Decken bequem gemacht haben, die eigentlich zum Verteilen an die Überlebenden gedacht waren. Eine junge Frau, die sich darüber ärgerte, zog die obere Decke mit solchem Schwung unter ihm weg, dass er zu Boden rollte. Die Anwesenden applaudierten, und Alfred Nourney trollte sich.
    Er kehrte wenige Wochen später nach Europa zurück, lebte zunächst in Paris und dann in Bad Honnef. Alfred Nourney wurde Vertreter bei Daimler-Benz, heiratete und bekam zwei Töchter. In den 60er Jahren interviewte ihn der Süddeutsche Rundfunk zu seinen Erlebnissen auf der Titanic. Nourney starb 1972 im Alter von 80 Jahren in Köln.
    Keine Deutsche, aber eine Deutsch sprechende Schweizerin war Hedwig Margaritha Frölicher, 22 Jahre alt, aus Zürich. Sie reiste mit ihren Eltern nach New York, um dort ihren zukünftigen Ehemann Robert Schwarzenbach zu treffen. Schwarzenbach, selbst gebürtiger Schweizer, war Direktor einer Seidenweberei. Mädi – so lautete ihr Spitzname – überlebte das Unglück, ihre Eltern ebenfalls. Die Eltern kehrten in die Schweiz zurück. Mädi blieb in New York und heiratete. Nach dem Tod ihres Mannes lebte sie wieder in Zürich. Sie starb 1972.
    Antoinette Flegenheimer wohnte laut den Recherchen von Gerhard Schmidt-Grillmeier in der Windscheidstraße 41 in Berlin-Charlottenburg. Sie hatte einst einen reichen jüdischen Börsenmakler namens Alfred Flegenheimer geheiratet, war inzwischen allerdings verwitwet. Vermutlich reiste sie nach New York, um Freunde zu besuchen – mit Alfred hatte sie einige Zeit dort gelebt. Sie bewohnte an Bord der Titanic eine Kabine erster Klasse. Den Untergang überlebte sie im Rettungsboot Nummer sieben. Ihre Schwiegermutter, Bertha Flegenheimer, lebte nachweislich noch 1917 in Berlin. Auch Antoinette kehrte dorthin zurück. Sie heiratete den Briten P. W. White-Hurst. 1913 findet sich im Charlottenburger Telefonbuch unter ihrer Adresse in der Windscheidstraße ein Eintrag mit dem neuen Nachnamen. Ab 1914 fehlt er allerdings, das Paar musste wohl bei Kriegsausbruch als Angehörige einer gegnerischen Nation das Land verlassen.
    Joseph Peruschitz, Benediktiner der Abtei vom Heiligen Kreuz im bayerischen Scheyern, war Erzieher und Lehrer für Mathematik, Musik und Turnen an der Klosterschule. Er fuhr mit der Titanic nach New York, weil amerikanische Benediktiner ihn zur Unterstützung für die St. John’s Preparatory School in St. Cloud in Minnesota angefordert hatten. Seiner Familie sagte er nichts davon, er hatte vor, sie zu überraschen, sobald er in Amerika angekommen war. Auf dem Schiff hielt er Gottesdienste ab und predigte in Ungarisch und Deutsch. Nach dem Zusammenstoß mit dem Eisberg lehnte der Priester einen Platz im Rettungsboot ab und blieb an Bord, um mit den Todgeweihten zu beten. Augenzeugen aus dem letzten Rettungsboot berichteten davon, ihn mit einer großen Anzahl kniender Passagiere beten gesehen zu haben. Er starb in jener Nacht, 41-jährig.
    Warum hieß es, die Titanic sei unsinkbar?
Und weshalb ging sie unter?
    1902 wurde die White Star Line an die amerikanische Reedereigruppe International Mercantile Marine Company des J. P. Morgan verkauft. (Der Name des Bankiers kommt Ihnen zu Recht bekannt vor: JPMorgan Chase & Co. ist heute die größte Bank der Welt.)
    Ein Aufruhr ging durch die britische Öffentlichkeit, gefährdete der Verkauf doch die britische Vorherrschaft über den Atlantikverkehr. Längst waren die deutschen Schiffslinien zu gefährlichen Herausforderern herangewachsen. Nun entstand mit amerikanischem Geld ein weiterer starker Konkurrent. Die White Star Line war ein Kronjuwel der britischen Seefahrt gewesen.
    Dem Präsidenten der weit abgeschlagenen Nummer zwei, der Cunard Line, gelang es in dieser Situation, die britische Regierung dazu zu bewegen, Cunard fortan zu subventionieren. So ging man sicher, dass die Cunard Line nicht ebenfalls an einen ausländischen Investor verkauft wurde.
    Unterstützt mit staatlichen Geldern, liefen 1906 zwei neue Schiffe vom Stapel, mit denen Cunard die Oberhand zurückgewann: die Lusitania und die Mauretania. Kein anderes Schiff konnte es an Größe oder Geschwindigkeit mit ihnen aufnehmen. Da die Regierung finanziell an der Entwicklung ihrer neuen Kolbenmotoren beteiligt war – Cunard und die Royal Navy hatten gemeinsam daran gearbeitet und hielten auch gemeinsam das Patent
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