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Tanz mit dem Teufel

Tanz mit dem Teufel

Titel: Tanz mit dem Teufel
Autoren: Daniel Depp
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nicht in die Gosse stoßen lassen.«
    Als der Obdachlose an ihnen vorbeikam, konnten sie ihn riechen: Urin und Schweiß. Atom verzog verächtlich das Gesicht.
    »Ich muss es mir überlegen«, sagte Araz. »Lass mir ein bisschen Zeit.«
    Kurz vor den Toiletten blieb der Schwarze stehen. Er drehte sich um. Araz blickte auf und sah die Pistole. Er sah, wie der Mann Onkel Atom in den Kopf schoss, und als der Pistolenlauf auf ihn selbst schwenkte, kam es ihm nicht einmal unfair vor.

64
    Es fielen insgesamt vier Schüsse, zwei mal zwei, popp popp, popp popp. Sie waren gegenüber zu hören, aber wie Locatelli gesagt hatte, großes Drama sah anders aus. Erst die panischen Schreie ließen sie aufmerken. Viel war nicht mehr zu sehen, Atom und Araz waren hinter einem Spinnennetz aus geborstenem Glas verschwunden, an dem rote Tropfen hinunterrannen. Spandau sprang auf, als ob er noch irgendetwas ändern könnte.
    »Hinsetzen«, befahl Locatelli. »Oder wollen Sie die nächsten fünfzehn Jahre im Knast verbringen?«
    Omar war zum Eingang des Cafés gestürzt, als die Schüsse fielen, doch dann hatte er unauffällig wieder kehrtgemacht und sich, das Handy am Ohr, zwischen den bereits zusammenlaufenden Schaulustigen verloren.
    »Sie Schwein«, sagte Spandau.
    »Es musste sein.«
    »Das ist doch Wahnsinn! Und unser ganzer Plan …?«
    »Es musste sein«, wiederholte Locatelli. »Sicher, Sie hätten es lieber weniger spektakulär gehabt, und deswegen tut’s mir auch ehrlich leid, aber soll ich Ihnen was verraten? Mir ging es plötzlich gegen den Strich, Sie so ganz unbeschadet aus der Sache rauskommen zu lassen, damit Sie sich noch ein bisschen länger in die eigene Tasche lügen können. Sie wollen wissen, ob ich ein Monster bin? Nein, Texas, ich bin das, was Sie jetzt auch sind. Und wie schon gesagt, es ist nicht so, dass ich Ihnen nicht traue, aber ich brauche eine Rückversicherung. Sonst müsste ich Sie fürchten, Texas, und das kann ich mir nicht leisten. Es ging nicht anders, sonst hätte ich mir für Sie auch noch eine endgültige Lösung überlegen müssen. Keine Bange, die Bauchschmerzen vergehen mit der Zeit wieder. Und sie sind immer noch besser als Sterben.«
    »Das ist Wahnsinn.«
    »Jetzt hören Sie schon auf damit«, blaffte Locatelli. »Sie sind doch nicht gehirnamputiert. Natürlich haben Sie gewusst, wie die Sache ausgeht. Wieso sollte ich den einen gefährlichen Gegner durch einen anderen gefährlichen Gegner ersetzen? Wenn Araz den Laden übernommen hätte, wäre er mir in spätestens einem halben Jahr genauso ins Gehege gekommen wie sein Onkel. Der war mir viel zu clever. Außerdem hat ihm das Pech wie Scheiße an den Füßen geklebt. Sein schwules Freundchen hatte schon angefangen zu quatschen. Was meinen Sie denn, wie ich ihm sonst auf die Schliche gekommen bin?«
    »Bilden Sie sich im Ernst ein, damit hätten Sie das Problem vom Tisch? Wollten Sie bei den Armeniern nicht jemanden an der Spitze haben, mit dem man sich verständigen kann? Und jetzt? Übernimmt irgendeine unbekannte Größe den Laden, einer, der sich von Ihnen nicht dreinreden lässt. Ist das etwa kein Wahnsinn?«
    »Jetzt strengen Sie mal Ihre Fantasie an, Texas. Bei den Armeniern geht es zu wie bei den Royals. Es gibt eine geregelte Thronfolge.«
    »Was reden Sie denn da? Es ist doch keiner mehr übrig. Bloß noch …«
    Es dauerte eine Sekunde, bis der Groschen fiel. Die Vorstellung war aber auch einfach zu absurd.
    »Eben«, sagte Locatelli. »Tavit. Er hat zwar das Pulver nicht erfunden, aber mit ein bisschen Nachhilfe müsste es schon gehen. Der Knabe ist geradezu ideal für uns. Wenn Araz ihn schon wie einen Tanzbären springen lassen konnte, was meinen Sie, was er dann erst alles für mich tun wird? Optimale Lösung.«
    Spandau stand auf, warf die Serviette auf den Tisch.
    »Hinsetzen, Texas. Essen Sie was. Noch Wein? Kommen Sie, wir trinken uns einen an.«
    »Egal, was Sie sich einreden«, sagte Spandau. »Sie sind auch nicht besser als Atom. Vielleicht sogar schlimmer. Er war verrückt. Sie sind verkommen.«
    »Sie haben gerade selbst die Grenze überschritten, und das macht Ihnen Angst, verständlicherweise«, entgegnete Locatelli ungerührt. »Sie haben bei der Ermordung von zwei Männern Beihilfe geleistet, und Sie können sich nicht auf Ahnungslosigkeit herausreden. Dafür habe ich gesorgt. Herzlich willkommen in meiner Welt. Es dauert vielleicht eine Weile, bis Sie das verdaut haben, aber keine Sorge, Sie schaffen es. Auf jeden
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