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Tanz mit dem Teufel

Tanz mit dem Teufel

Titel: Tanz mit dem Teufel
Autoren: Daniel Depp
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macht, kommt nur Mist dabei raus.«
    »Und das, was gleich passiert, liegt Ihnen gar nicht im Magen?«
    »Sie wollen wissen, ob ich wie Onkel Atom bin? Ein abgebrühtes Monster? Da müssten Sie mich besser kennen. Ich habe eine Ehefrau, die ich liebe, Söhne, eine Tochter. Ich glaube an Gott, aber ich glaube auch, dass sich jeder selbst helfen muss. Was meinen Sie, wie viele Leute ins Gras beißen müssen, wenn ich diesen Mistkerl am Leben lasse? Ohne ihn kann die Welt wieder ruhiger schlafen, das wissen Sie genauso gut wie ich. Außerdem wäre es regelrecht fahrlässig von mir, wenn ich Sie in diesem entscheidenden Moment aus den Augen lassen würde – was nicht heißen soll, dass ich Ihnen nicht traue.«
    Spandau starrte angespannt zu dem Café hinüber.
    »Geht’s vielleicht ein bisschen unauffälliger?«, meinte Locatelli. »Sie sehen aus, als ob Sie auf den Bus warten. Immer schön locker bleiben, es wird kein großes Drama geben. Vor allen Leuten kann Atom dem Jungen nichts tun, und Araz geht bestimmt nicht mit ihm vor die Tür. Wir wollten den alten Fuchs bloß aus seinem Bau locken. Meine Leute fangen ihn auf dem Weg zu seinem Wagen ab, und er verschwindet von der Bildfläche. Wenn es Ihnen dann besser geht, reden Sie sich ruhig ein, er hätte sich auf Bali zur Ruhe gesetzt. Ende der Geschichte. Probieren Sie die Daube.«
    Locatelli sah aus dem Fenster.
    »Ah, der Fisch ist ins Netz gegangen. Sehen Sie den Typen, der sich da vorne in den Türeingang drückt, das hässliche Narbengesicht? Das ist Omar, der immer ein Riesenmesser einstecken hat. Genau darauf wollte ich raus. Atom sollte allein kommen, so war das ausgemacht. Der Mistkerl spielt jetzt schon falsch. Nicht, dass ich was anderes erwartet hätte. Wenn Atom den Braten riecht und Araz dumm genug ist, mit ihm rauszugehen, schneidet Omar ihn in Scheiben wie eine Mortadella.«

63
    Onkel Atom blieb einen Augenblick lang zaudernd in der Tür stehen, als hätte er eine Zahnarztpraxis betreten, und blickte sich mit angewiderter Miene um. Dann setzte er den Fuß über die Schwelle und ging langsam auf Araz zu.
    »Ich hasse solche Cafés«, knurrte Atom, während er sich setzte. »Sie verkörpern alles, was falsch läuft in diesem Land. Künstliches Licht, künstlicher Kaffee, künstliche Leute. Sieh sie dir doch an! Also, bringen wir es hinter uns. Was willst du?«
    »Heimkommen?«
    »Und was hält dich davon ab?«
    »Ich hab Scheiße gebaut.«
    »Stimmt.«
    »Der Penner ist uns wieder abgehauen. Ich schulde dir viel Geld. Und wie du mich beim letzten Mal zusammengeschissen hast. Ich trau mich einfach nicht.«
    »Ordnung muss sein«, sagte Atom. »Du gehörst zur Familie, aber du musst lernen, dass es ohne Disziplin nicht geht. Du bist meine rechte Hand, ich brauche dich, aber du darfst nicht schwach sein. Es ist meine Aufgabe, dir das einzubläuen. So ist das nun mal. Du denkst, ich bin zu hart? Die Welt ist hart.«
    »Aber was du mir alles um die Ohren gehauen hast …«
    »Du hast einen Holzkopf. In so einen Schädel geht die Wahrheit eben manchmal nur mit dem Holzhammer rein. Los, komm. Das ist doch Mist hier. Wir fahren heim, setzen uns ins Büro, trinken einen anständigen Kaffee, sprechen uns aus.«
    Ein Obdachloser kam ins Café. Ein großer Schwarzer mit Dreadlocks, in einer zerfetzten Armeejacke, die aussah, wie in sieben Sorten Fett gewälzt. Der Blick, mit dem Atom ihn musterte, grenzte an Hass.
    »Ich brauche eine Garantie«, sagte Araz.
    Atom schnaubte. »Du willst eine Garantie? Dann sieh dir dieses abgewrackte Stück Scheiße da an. So wie der wirst du enden, wenn du nicht heimkommst. Wo willst du denn sonst hin, hä? Was willst du machen? Ohne deine Familie landest du in der Gosse. Ohne deine Familie bist du der letzte Dreck.«
    An der Tür brach ein Streit aus. Der Obdachlose wollte zur Toilette, und der Schnösel hinterm Tresen wollte ihn nicht lassen. Sie sei der zahlenden Kundschaft vorbehalten. Der Schwarze kramte tief in ein paar Dutzend Taschen, brachte eine Handvoll Kleingeld zum Vorschein und knallte es dem jungen Mann hin.
    »Was soll ich denn damit?«, nölte der Schnösel. »Dafür kriegen Sie hier gar nichts.«
    »Herrgott noch mal«, mischte sich ein weiblicher Gast ein. »Seien Sie doch menschlich. Lassen Sie den armen Kerl doch aufs Klo.«
    Das Jüngelchen gab sich achselzuckend geschlagen. »Aber das Abziehen nicht vergessen!«
    »Komm nach Hause«, sagte Onkel Atom. »So willst du nicht enden. Du willst dich von der Welt
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