Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tanz der Verführung

Tanz der Verführung

Titel: Tanz der Verführung
Autoren: Catherine Kean
Vom Netzwerk:
blickte immer noch nicht in ihre Richtung.
    Enttäuschung machte sich in ihr breit. Herrgott, sie musste ihn ablenken, andernfalls konnte Henry sich nicht in die Privatgemächer des Sheriffs schleichen und die Liste suchen.
    Zu viele Leben hingen von ihr ab. Vor allem das von Rudd.
    Rexana warf den Musikanten einen flehentlichen Blick zu. Schneller, schrie sie innerlich.
    Als hätte er die Dringlichkeit erkannt, nickte der Trommler ihr zu und steigerte das Tempo der Musik. Sie warf ihre Arme in die Luft und stampfte mit den Füßen, so dass die Glöckchen an ihren Fußgelenken rhythmisch klingelten.
    Immer schneller drehte sie sich auf das Podest des Sheriffs zu und dankte dem Himmel für die schlechte Beleuchtung und die dunkle Schminke, die verhindern würden, dass Darwell sie erkannte. Genau wie der Schleier und die Kopfbedeckung, rief sie sich in Erinnerung. Die Musikanten hatten zuvor noch darüber gesprochen, wie überaus gründlich all ihre Züge, bis auf ihre Augen, verborgen waren.
    Angetrieben von plötzlich aufsteigender Zuversicht, näherte sie sich dem Podium so weit, dass sie die tiefe, etwas rauhe Stimme des Sheriffs vernehmen konnte. Jetzt war sie nahe genug, um die gebräunten, glatten Wangen und den sinnlichen Schwung seiner Lippen erkennen zu können. Nahe genug, um ihn anzusprechen, wenn sie es nur wagte.
    »Seht mich an«, flüsterte sie. »Seht mich an.«
    Linford blickte auf. Über den flatternden Schleier hinweg konnte sie sein Gesicht betrachten. Er hatte braune Augen, umrahmt von langen, schwarzen Wimpern. Sein scharfer, wachsamer Blick traf sie mit überwältigender Kraft.
    Sie stolperte, fing sich aber sogleich wieder und überspielte ihr Stocken mit einer gekonnten Drehung. Während sie herumwirbelte, sah sie, wie Henry sich langsam zur Treppe schob.
    O Gott.
    Die Angst ließ ihren Atem schneller werden, und ihr Blick schoss zu Linford. Er hatte Henry nicht gesehen, sondern lachte über eine Bemerkung von Darwell, während er die Feige langsam zwischen seinen Fingerspitzen drehte. Der Saphirring an seiner Hand funkelte, als er sich die Frucht in den Mund schob. Dann starrte er sie unverhohlen an.
    Endlich hatte sie seine Aufmerksamkeit geweckt.
    Genugtuung erfüllte sie. Mit einem weichen Hüftschwung ließ sie sich auf die Binsen herabsinken. Der Trommler zögerte, nahm dann aber seinen wilden Schlag wieder auf.
    Lass mich nicht im Stich, betete sie.
    Mit katzenartigen Bewegungen schob sie sich durch die rauhen Binsen. Der beißende Geruch von zerhackten Kräutern, verfaulten Essensresten und Moder stieg ihr in die Nase. In ihrem ganzen Leben war sie noch nie einem Saalboden so nahe gewesen. Ihre Mutter wäre vor Entsetzen in Ohnmacht gefallen, wenn sie davon erfahren hätte.
    Rexanas Wangen röteten sich. Sie widerstand dem Drang, sich aufzurichten, erhob sich stattdessen auf die Knie und bog ihr Rückgrat durch, um ihre nackte Haut zur Schau zu stellen. Sie durfte nur an ihr Ziel, nicht an ihre Angst denken. Niemand hatte sie erkannt. Niemand würde je von diesem Geschehnis erfahren. Sobald Henry die Liste gefunden hatte, konnte sie diesen Abend vergessen.
    In einer eleganten Bewegung wölbte sie ihre Arme und richtete sich auf. Durch ihre gespreizten Finger spähte sie zu Linford hinüber. Ihre Blicke trafen sich. Er steckte sich eine weitere Feige zwischen die Zähne, kaute und fuhr dann mit der Zunge über seine Unterlippe.
    Sie schwebte auf ihn zu.
    Linford nahm sein Gespräch mit Darwell wieder auf.
    Am liebsten hätte sie laut aufgeschrien. Dieser störrische, widerspenstige Mann. Sie hatte seine Neugier geweckt, aber wie konnte sie ihn noch weiter locken? Wie konnte sie das Interesse eines Barbaren auf sich ziehen?
    Eine wilde Idee blitzte in ihr auf. Sie musste wie eine Barbarin denken, in die Rolle einer gottlosen Kurtisane schlüpfen. Sein Verlangen entfachen und die Zügellosigkeit offenbaren, die in ihrer Seele schlummerte.
    Tanz, Rexana, tanz!
    Sie schloss die Augen, konzentrierte sich ganz auf den Schlag der Trommel und den wehmütigen Klang der Musik. Rief sich ins Gedächtnis, dass Rudds Leben von diesem Augenblick abhing. Sie wand ihren Körper und ihre Glieder, wie sie es nie zuvor getan hatte.
    Die Glöckchen an ihren Fußgelenken klingelten.
    Schritt. Drehung. Schritt. Schwung.
    Angst, Beklemmung und ein unbestimmtes Verlangen stiegen in ihr auf, Gefühle, die ihr nur zu gut seit ihrer Kindheit vertraut waren. Die Ausbildung einer angehenden Lady ließ nur wenig
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher