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Tanz der Engel

Tanz der Engel

Titel: Tanz der Engel
Autoren: Jessica Itterheim , Diana
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Hannah durfte ich in einem Einzelzimmer wohnen, in dem weißen, mit Stuck und Marmor verzierten Schloss am See. Das war mit Abstand das Beste, was Hannah – natürlich unbeabsichtigt – je vollbracht hatte.
    »Ich hätte nicht gedacht, dass es so einfach werden würde, aber anscheinend steht Hannah auf alles, was zwei Beine hat und sich täglich den Bart abrasiert«, begann Marisa und räkelte sich genüsslich in den zahlreichen Kissen auf meinem Fast-Himmelbett, auf das die letzten Sonnenstrahlen durch das darüberliegende Dachfenster fielen.
    »Was genau meinst du?! Komm endlich zur Sache!«
    »He, beruhig dich, und setz dich erst mal hin.«
    Marisa klopfte auffordernd neben sich auf die meerblaue Tagesdecke, doch ich beschloss, lieber ein wenig Abstand von ihr zu halten, und ließ mich auf dem flauschigen blauen Teppich nieder, mit dem mein Zimmer ausgelegt war.
    Während Marisa von Florians geglücktem Annäherungsversuch berichtete, malte ich mit meinen Fingern Linien und Kreise in den Flor, um mich zu beruhigen. Das Ganze gefiel mir immer weniger.
    »Und nun zu deiner Rolle.« Marisa sah mich verschwörerisch an. »Du hilfst mir, Raffael zu betören.«
    »Auf keinen Fall!« Ohne dass ich es wollte, ballten sich meine Hände zu Fäusten und rupften dabei ein paar Fäden aus dem Teppich – irgendwie war ich heute schnell aus der Fassung zu bringen.
    »Und warum nicht? Findest du es okay, dass er Juliane so plötzlich abgelegt hat?«
    »Nein, aber …«
    »Nichts Aber . Er soll ruhig spüren, wie sich das anfühlt, wenn man abserviert wird. Am besten gleich zweimal: zuerst vonHannah und dann von mir. Er hat Juliane nicht mal gesagt, warum er mit ihr Schluss gemacht hat. Und das, nachdem die beiden ein paar äußerst innige Stunden zusammen verbracht haben!«
    Ich seufzte – denn sie wusste nicht, was sie tat!
    »Eigentlich wollten Max und Florian dich für die Rolle der Circe – schließlich stand er ja mal auf dich. Doch da du vielleicht schon anderweitig gebunden bist …« Marisa ließ ihre Anspielung kommentarlos im Raum stehen, um mir etwas über meinen geheimnisvollen Freund zu entlocken.
    Als Christopher versuchte, mich abzuschütteln, hatte sie mir geraten, um ihn zu kämpfen. Ich hatte ihren Rat befolgt – und gewonnen. Trotzdem konnte sie nicht wissen, wie zutreffend ihre Worte waren. Christopher hatte sich an mich gebunden, damit er bei mir bleiben konnte.
    Mein Herz zog sich bei der Erinnerung daran zusammen. Christopher, wo steckte er nur? Wie lange ließ er mich noch warten?! Anders als er hatte ich nicht die Ewigkeit vor mir.
    Mein aufkommender Frust half mir, eine Entscheidung zu treffen. Geduldig sein und abwarten, bis Christopher endlich auftauchte, sollte nicht zu meiner Berufung werden.
    »Na gut, ich bin dabei. Unter einer Bedingung: Ich übernehme Raffael und kümmere mich um ihn, bis Hannah mit ihm Schluss macht – mehr nicht.«
    »Super!«, war alles, was Marisa dazu sagte.
    Schon wieder fühlte ich mich manipuliert. Dennoch war es besser, wenn ich die Rolle des Vamps übernahm. Im Gegensatz zu ihr wusste ich ganz genau, mit wem ich es zu tun hatte.
    Raffael erschien erst am übernächsten Tag wieder in der Schule. Florian sorgte dafür, dass Hannah beschäftigt war, und Marisa, dass Raffael mir zufällig in die Arme lief.
    »Und?«, fragte ich. »Geschwänzt?«
    »Arzttermin«, antwortete Raffael kurz angebunden.
    »Zwei Tage lang?«
    »Scheint so.«
    Wir liefen schweigend den kiesigen Weg vom Gelben Haus, in dem die Mensa und – bis auf mich – die Schüler meiner Klassenstufe untergebracht waren, zum Schloss hinüber. Ich spürte Raffaels forschenden Blick, doch ich wagte nicht, ihn anzusehen. Schließlich brach er das Schweigen.
    »Und? Sprichst du wieder mit mir?«
    »Scheint so.«
    Raffael zuckte die Schultern. »Freiwillig oder gezwungenermaßen?«
    »Gezwungenermaßen«, gab ich zu. Es erschien mir kindisch, ihn anzulügen.
    »Dacht ich’s mir. Und? Wer zwingt dich dazu? Deine Freunde oder dein Engel?«
    Wie angewurzelt blieb ich stehen. »Er würde mich niemals zu etwas zwingen!«
    »Bist du dir da so sicher?«
    »Völlig!«
    »Du hast ihm dein Blut also freiwillig gegeben?«
    Betroffen schnappte ich nach Luft. Woher wusste Raffael davon? »Was … was meinst du damit?«
    »Stell dich nicht dümmer, als du bist. Ich weiß, wozu er dich gezwungen hat – jeder weiß das.«
    Ich schwieg. Offenbar kannte er Christopher – und unser Geheimnis!
    »Oder hat er dich auf eine
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