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Tanz der Engel

Tanz der Engel

Titel: Tanz der Engel
Autoren: Jessica Itterheim , Diana
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Versprechungen. Doch eine Beziehung, in der nur einer bestimmte, war nicht mein Ding und auch nicht, dass Christopher mir wesentliche Aspekte unserer Bindung verschwiegen hatte. Je mehr ich über diese kleine Informationslücke nachdachte, umso riesiger wurde sie – und mit ihr mein Ärger –, aber es kam noch härter.
    »Dein Freund ist sicher unterwegs, um eine Zweite zu überzeugen, sich auf ihn einzulassen. Nur an einen Menschen gebunden zu sein, ist ihm bestimmt zu wenig.«
    »Sanctifer vielleicht. Christopher niemals!« Wütend sprang ich auf. Ich hätte wissen müssen, dass ich aus einem Flüsterer nicht die Wahrheit herauskitzeln konnte.
    Raffael schnitt mir den Weg ab, bevor ich flüchten konnte – und durch den See davonzukraulen, wagte ich nicht.
    »Ich weiß: Die Wahrheit kann weh tun. Das Blut eines Menschen, der die Engelswelt kennt, ist sehr wertvoll. Doch das Blut eines Menschen, der unbeschadet dem Reich der Totenwächter entkommen konnte, ist unbezahlbar. Die Wächter haben ihr Recht auf deine Seele verwirkt.«
    »Na und?«
    Jetzt war es Raffael, der verärgert die Luft zwischen den Zähnen hindurchzog. »Wenigstens das hätte er dir sagen müssen.«
    Mein Geduldsfaden riss. »Spuck’s aus, Flüsterer«, sagte ich samtweich. »Oder geh mir aus dem Weg! Bisher warst du nicht übermäßig informativ«, log ich.
    »Du würdest mir sowieso nicht glauben.«
    Ich bemerkte den traurigen Unterton in Raffaels Stimme, den er mit Sarkasmus zu überspielen versuchte – er wusste, warum ich ihm nicht traute. Ein unerwünschtes Gefühl stieg wieder in mir auf: Mitleid.
    »Dir etwas zu glauben, ist ziemlich schwierig, bei so vielen Andeutungen und so wenig Inhalt.«
    Raffael nickte und setzte sich wieder ins Gras – ich blieb stehen.
    »Verrate niemandem, von wem du es weißt. Besonders nicht deinem Engelsfreund.«
    »Komm zur Sache, wenn du was zu sagen hast.« Demonstrativ tippte ich mit dem Fuß auf die Erde.
    »Wie du vielleicht weißt, wird jede Menschenseele geprüft. Wenn sie im Totenreich besteht, darf sie als Engel weiterleben. Versagt sie, verliert sie ihr bewusstes Sein und erhält – je nach Ausmaß ihres Versagens – früher oder später eine neue Chance.«
    Während Raffael mir die Engelswelt erklärte, stiegen Bilder aus der Totengruft in meinem Gedächtnis auf: die Wartenden, deren Schicksal noch nicht entschieden war. Mit ihren fahlgelben Händen griffen sie nach mir, um mich bei sich zu behalten, während der Schmerz ihres Daseins in meinen Ohren widerhallte.
    »Da du – wie auch immer – das Totenreich passieren konntest, ist deine Seele jetzt frei.«
    »Aber wie du siehst, bin ich weder tot, ohne Bewusstsein, noch ein Engel!«
    Raffael erkannte, dass ich ihm diesen Punkt der Geschichte nicht abnahm. »Und gerade darin liegt das Problem. Eigentlich darf kein noch lebender Mensch das Reich der Totenwächter betreten.«
    »An mir lag’s sicher nicht.«
    »Deshalb wird dir auch kein Vorwurf gemacht.«
    Ich wurde hellhörig. »Und wem dann?«
    »Darüber wird sicher verhandelt werden. Ebenso über die unerlaubte Hilfe, die du erhalten hast.«
    »Was? Es kann ja wohl kaum verboten sein, eine unschuldige Menschenseele aus den Klauen der Totenwächterin zu befreien?!«
    »O doch, da jetzt nicht mehr beurteilt werden kann, ob deineSeele wirklich unschuldig ist oder nicht – und genau das macht dich so wertvoll!«
    Ein ungutes Gefühl breitete sich in mir aus wie feuchter Nebel. Nicht, weil meine Seele aus Versehen ungeprüft der Wächterin entkommen konnte, sondern weil Christopher dafür verantwortlich war. Er hatte mich gerettet, wofür er sicher die Konsequenzen tragen musste.
    In was hatte ich ihn da bloß reingeritten?
    Die einzige Möglichkeit, wie ich ihm beistehen und die Wahrheit ans Licht bringen konnte, war auszusagen. Vielleicht würde Raffael mir verraten, was ich tun musste, um zu dieser Verhandlung eingeladen zu werden.
    »Man hätte mich bestimmt einbestellt, um zu klären, wer mir geholfen und wer mich in diese Situation gebracht hat.«
    Raffaels Miene versteinerte. »Menschen sind bei Engelsprozessen nicht zugelassen. Ihre Vertrauenswürdigkeit gilt als zweifelhaft.«
    Arons Erklärung, in seiner Engelsgestalt nicht lügen zu können, fiel mir wieder ein. Und plötzlich verstand ich den Zusammenhang.
    »Dann bin ich in ihren Augen wohl so etwas wie eine wertvolle Lügnerin?!«
    »Im Moment bist du nur ein Mensch, mit dessen Blut ein Engel sich in der Menschenwelt verankern
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