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Tanz der Dämonen

Tanz der Dämonen

Titel: Tanz der Dämonen
Autoren: Uwe Westfehling
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Madonna! Wo hatte ich bloß meine Augen?«
    Diese verdammte Stille, wenn keinem einfällt, was er sagen könnte!
    Ich gab mir einen Ruck. »Eins möchte ich … sollst du wissen«, brachte ich heraus.
    Zögernd, so als drohe ihm ein gefährlicher Anblick, sah er mich an, zum ersten Mal, seit er hinausgestürzt war. Vielleicht überhaupt zum ersten Mal richtig .
    Jetzt, jetzt musste ich es sagen!
    Aber das Einzige, was ich zustande brachte, war: »In dieser ganzen Zeit … Also: Mit keinem bin ich so gerne zusammen gewesen wie mit dir …«
    Jetzt lächelte er, wenn es auch ein sehr verlegenes Lächeln war. »Mit einem Dummkopf«, sagte er. »Aber – glaubst du, mir ist es anders gegangen?«
    Gott sei Dank, da war wieder etwas von diesem mutwilligen Blitzen in seinen Augen, das ich so gut kannte. Vielleicht wurde doch noch alles gut!
    »Verdammt«, sagte er. »Un furbo di tre cotte!«
    »Was hast du gesagt?«
    »Verzeih. Ich habe dich gemeint. Hm. Du bist ein – eine – du hast es faustdick hinter den Ohren!«
    »Mach dir ruhig Luft. Du hast ein Recht dazu. Ich hab dir übel mitgespielt.«
    »Deine Sachen …«, sagte er, und jetzt erst wurde ihm bewusst, dass er das Bündel nicht mehr hatte. »Ich weiß nicht, wo sie sind.«
    »Irgendwo. Es macht nichts.«
    »Aber – nichts davon passt für ein Mädchen!«
    »Das heißt nicht, dass ich sie nicht vielleicht wieder brauche.«
    Nun hätte er fragen können, was aus mir werden würde, aber das tat er nicht. Und was hätte ich ihm geantwortet?
    »Wir wohnen wieder bei Mutter Gluck«, sagte er. »Sambo und ich. Weiß Sambo Bescheid?«
    »Ja. Er hat wohl bessere Augen als du.«
    »Dass er mir nichts gesagt hat!«
    »Er fühlte sich mir verpflichtet, denke ich.«
    Er nickte. »Ich war auch bei deinem Vater«, sagte er. »Es geht ihm schon besser.«
    »Ich weiß.«
    »Wir wollen uns mit ihm zusammentun. Er hat neue Pläne.«
    Ob es wohl einen Platz für mich gab in diesen Plänen?
    Pietro war unruhig. Er fühlte sich immer noch unbehaglich, das spürte ich. Er wollte gehen. Ich konnte es ihm nicht verdenken. Schließlich musste er sich erst einmal mit der neuen Lage vertraut machen. Seine Finger glitten unruhig über seine Jacke, und ich dachte: Er hat wirklich schöne Hände.
    Ich fasste mir ein Herz. »Habe ich jetzt einen Freund verloren?«
    »Unsinn!«
    »Wirst du wiederkommen?«
    »Warum denn nicht?« Und dann, an Stelle eines Grußes, legte er mir die Hand auf die Schulter und ließ sie einen Atemzug lang dort. Ich erschrak fast. Aber es gefiel mir, dass er mich berührte.
    »Weißt du was?«, sagte er. »Du siehst hübsch aus. Viel zu hübsch für einen Jungen.«
     
     
     

BSCHIED?
    Gerüche und Laute, die mir inzwischen wohl bekannt, aber noch immer nicht vertraut waren. Wieder einmal erwachen in einem Bett. Nicht übel, ging es mir durch den Kopf. Wie fremd mir dieses Leben war! Die Monate unter Ahasvers Führung hatten mir ganz andere Gewohnheiten aufgeprägt. Schlafen in Herbergen aller Art, bestenfalls auf Stroh, manchmal in völlig unsäglichen Winkeln, an die ich früher gar nicht gedacht hätte. Schlafen ganz ohne Dach über dem Kopf, unter dem Wagen oder einfach im Wald, eingerollt in eine Decke. Wer so unterwegs ist, wie ich es war, der lernt rasch, unter allen Umständen und in jeder Lage die Augen zu schließen. Und das war es nicht allein! Man lernt noch anderes bei einem solchen Leben. Beispielsweise Wachsamkeit. Gezwungenermaßen ist man stets bereit, schnell auf den Beinen zu sein und sich keine Nachsicht zu gestatten, denn man muss sofort handeln können – falls es nötig ist.
    Deshalb schlief ich nun mit meinem Messer in der Hand, selbst dann, wenn mir ein Bett in beschützter Umgebung zur Verfügung stand – so wie diese Nacht.
    Aber inzwischen war alles anders geworden, nicht wahr? Eigentlich brauchte ich nicht mehr sprungbereit zu sein wie in den letzten Wochen! Diese beruhigende Erkenntnis erlaubte mir, das Messer beiseite zu legen, mich zu entspannen und dem Schlaf noch wohlig nachzuhängen. Ich kroch tief unter die Bettdecke und lauschte in die Stille, eine Stille, die langsam und unmerklich dem Zusammenspiel ganz verschiedener Laute Platz gab, bis schließlich ein Gewirr bunt vermengter Geräusche an ihre Stelle trat.
    Da waren ungewisse Töne, die wohl aus der Küche heraufstiegen. Dann deutlicher das Scheppern von Kesseln. Klar vernehmbardie Stimme einer Frau, die im Flur eine Katze zu locken versuchte. Schritte auf der Diele. Jetzt
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