Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tante Dimity und die unheilvolle Insel

Tante Dimity und die unheilvolle Insel

Titel: Tante Dimity und die unheilvolle Insel
Autoren: Nancy Atherton
Vom Netzwerk:
ungerecht behandelt fühlt. Und außerdem geht unmissverständlich daraus hervor, dass er die Absicht hat, es mir heimzuzahlen.« Er legte den Kopf schräg und musterte mich ernst. »Ich hätte es dir eher gesagt, Lori, aber ich hielt das Ganze für einen schlechten Scherz. Ich dachte, es würde irgendwann aufhören. Stattdessen ist es schlimmer geworden. Viel schlimmer.« Er öffnete die Aktentasche, zog ein Dokument heraus und reichte es mir. »Das hier hat heute früh bei meiner Ankunft im Londoner Büro auf mich gewartet.«
    Ich beugte mich über das Blatt. Es sah aus wie der Ausdruck einer ganz normalen E-Mail, doch aus den Worten sprach der pure Wahnsinn.

    WIE EINDIEB BIST DU IN DER NACHT GEKOMMEN, UM MICH IN DEN ABGRUND
    ZU WERFEN. IN DER DUNKELHEIT HAST
    DU MICH ANGEKETTET, DOCH KEINE IR—
    DISCHEN KETTEN KÖNNEN MICH JETZT
    NOCH HALTEN. ICH BIN AUFERSTANDEN.
    SIEHE: ICH BIN GEKOMMEN, UM DIR ZU
    VERGELTEN, WAS DU GETAN HAST. ALLE, DIE DU LIEBST, WERDEN ZUGRUNDE GEHEN. ICH WERDE DEINE KINDER TOT—
    SCHLAGEN, UND DEIN WEIB SOLL IHR
    TEIL AN QUALEN UND TRAUER ERDUL—
    DEN. ICH HABE DIE SCHLÜSSEL FÜR DEN
    TOD UND DEN HADES, UND ICH WERDE
    DEINEN NAMEN FÜR ALLE ZEITEN AUS
    DEM BUCH DES LEBENS TILGEN.
    DEIN ALBTRAUM HAT BEGONNEN. EIN
    ERWACHEN WIRD ES NICHT GEBEN.
    ABADDON.

    Ich sah Bill fragend an. »Abaddon?«
    Bill machte eine wegwerfende Handbewegung.
    »Eine Gemengelage von echten und falschen Zitaten aus der Offenbarung. Abaddon ist natürlich ein Pseudonym. In der Offenbarung ist Abaddon der König des bodenlosen Abgrunds.
    Seine Lakaien kommen auf die Erde, um die Sünder zu quälen.«
    »Gut zu wissen, dass unser Freund wenigstens die Bibel liest«, murmelte ich.
    »Das ist nicht lustig, Lori!«, blaffte Bill.
    »Ich weiß«, sagte ich hastig. »Aber das ist …
    einfach unfassbar.«
    Ich las die unselige Nachricht noch einmal und gab sie dann Bill zurück, der sie wieder in der Aktentasche verstaute. »›Alle, die du liebst, werden zugrunde gehen.‹ Ich kann einfach nicht glauben, dass ein Mensch uns so sehr hasst, dass er uns … umbringen will. Das ist so unwirklich.«
    »Es ist wirklich«, sagte Bill ernst. »Aus diesem Grund musst du das Cottage zusammen mit den Zwillingen verlassen.«
    »Was?«, rief ich verdattert.
    »Ich habe heute den halben Tag bei Chief Superintendent Wesley Yarborough von Scotland Yard verbracht. Er ist ebenfalls der Ansicht, dass wir die Drohungen ernst nehmen sollten. Er war sogar ziemlich verärgert, weil ich die Sache nicht schon früher Scotland Yard gemeldet habe.« Bill seufzte. »Yarborough beabsichtigt, meine Akten nach Anhaltspunkten auf Abaddons Identität durchzuarbeiten. Und ich muss in London bleiben, um ihm dabei zu helfen. Solange ich dort bin, wollen der Chief Superintendent und ich, dass du mit den Jungs möglichst weit weg von hier bist. Ihr werdet das Cottage morgen früh verlassen und an einem sicheren Ort bleiben, bis diese Angelegenheit geklärt ist.«
    »Aber hier sind wir doch sicher«, hielt ich ihm vor. »Sobald die Dorfbewohner erfahren, was los ist, werden sie sich schützend vor uns stellen.
    Und wenn sich ein Fremder in Finch blicken lässt, werden sie Alarm schlagen. Wir brauchen nur die Nachricht zu verbreiten, und Abaddon ist so gut wie geschnappt.«
    »Und was, wenn Abaddon gar nicht durchs Dorf kommt?«, konterte Bill. »Was, wenn er sich über die Hügel oder durch den Wald heranschleicht?«
    »Wie soll er denn wissen, wo er uns findet?«
    »Lori«, sagte Bill leise, »er hat uns schon gefunden.«
    Auf einmal schien die Zeit stillzustehen. Mein Verstand setzte aus. Auch wenn Bill mit leiser Stimme gesprochen hatte, war mir, als hallten seine Worte im Raum wider. Noch einmal griff er in seine Aktentasche und reichte mir einen Stapel Papiere. Als ich sie durchblätterte, begannen meine Hände zu zittern.
    Das waren Fotoausdrucke vom Apfelbaum in unserem hinteren Garten, den Rosen, die sich um unsere Vordertür rankten, der Buchenhecke, die die Kiesauffahrt säumte. Dass die Aufnahmen offenbar mit einem starken Zoom gemacht worden waren, stellte keinerlei Trost dar. Die Bilder waren einfach zu persönlich. Es gab eines von mir, wie ich auf dem Bambussofa unter dem Apfelbaum lag, und eines von Annelise in der Tür.
    Aber das letzte Foto war das entsetzlichste von allen.
    »Die Zwillinge!«, flüsterte ich. »Will und Rob auf ihren Ponys …«
    Bill setzte sich auf die Ottomane und nahm mir die Bilder aus der jäh erschlafften
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher