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Tante Dimity und der unheimliche Sturm

Tante Dimity und der unheimliche Sturm

Titel: Tante Dimity und der unheimliche Sturm
Autoren: Nancy Atherton
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dann muss es verdammt gut verborgen sein. Nächstes Ziel: die zwei Suiten.«
    Mein erster Gedanke, als ich die Suite auf Jamies Seite des Flurs betrat, war, dass sie den Geschmack von Grundy DeClerke widerspiegeln musste. Die Mahagonimöbel, die schweren, drapierten Stoffe und die damastrote Wandbespannung, all das war genau so, wie ich es im privaten Tempel eines viktorianischen Gentleman erwartet hätte, der aus eigener Kraft zu Wohlstand gelangt war.
    Ich durchquerte das Schlafzimmer und betrat das angrenzende Ankleidezimmer, wo ich als Erstes die Schranktüren öffnete, in der Hoffnung, eine Garderobe aus der Zeit der Jahrhundertwende vorzufinden – bis zum Boden reichende Schlafröcke mit Paisleymuster, Westen mit Goldknöpfen und Smokingjacketts mit Samtaufschlägen. Enttäuscht stellte ich fest, dass der Schrank stattdessen mit ziemlich fantasielosen modernen Kleidungsstücken gefüllt war. Eine gründliche Untersuchung sagte mir, dass er ansonsten nichts Verdächtiges enthielt.
    Das Schlafzimmer hingegen schien mir recht vielversprechend zu sein, zumindest barg es unzählige Möglichkeiten für geheime Verstecke.
    Wer immer das Zimmer eingerichtet hatte, musste eine Leidenschaft für Schachteln aller Art gehabt haben, denn überall gab es welche – auf dem Kaminsims, dem Schreibtisch, den Nachttischen, den diversen Beistelltischen und auf den Fenstersimsen. Jede horizontale Fläche schien eigens zu dem Zweck da zu sein, die Sammlung an Schachteln darauf zu präsentieren. Ich öffnete Holzschachteln mit aufwendigen Einlegearbeiten, lackierte Schachteln, Schachteln mit Perlmuttintarsien, Teakholzschachteln, Schachteln, die mit Blattgold überzogen waren, Bambusschachteln, Schatullen aus Porzellan und eine große samtbezogene Schachtel, deren Anblick mich mit Hoffnung erfüllte, bis ich mir ins Gedächtnis rief, dass die Schachtel, die wir suchten, aus Marmor war.
    Ziemlich ernüchtert wandte ich meine Aufmerksamkeit den Dielenbrettern zu, den Wänden und schließlich den schwerfälligen Möbeln. Als ich fertig war mit Klopfen, Pochen und Tasten, waren meine Knöchel empfindlich gerötet, und ich war mir ziemlich sicher, jedes Staubkorn eingeatmet zu haben, das dem wöchentlichen Putztrupp entkommen war. Hundertprozentig sicher war ich mir, dass ich weder die Schmuckschatulle gefunden hatte, die für die Parure angefertigt worden war, noch ein geheimes Fach, in dem sie möglicherweise aufbewahrt worden war.
    Neben einem geheimfachlosen Sekretär saß ich auf meinen Fersen, lutschte an meinen wunden Knöcheln und tat mir ein wenig leid, als die Tür aufgerissen wurde, Wendy hereinplatzte und mir beinahe einen Herzinfarkt verursachte.
    »Schnell!«, rief sie. »Sofort ins Bett zurück!
    Catchpole ist im Anmarsch!«

19
    WÄHREND WENDY IN ihr Zimmer flüchtete, huschte ich in meines, angetrieben durch die Gesprächsfetzen, die die Treppe heraufdrangen.
    Jamie schien sich alle Mühe zu geben, Catchpole aufzuhalten, aber die Stimme des alten Mannes hörte sich ziemlich ungeduldig an. Ich zog das Leinennachthemd über meine Kleider, hüpfte ins Bett und zerrte die Decke bis zum Kinn. Ich schnaufte noch immer heftig, als das vertraute laute Klopfen an meiner Tür ertönte.
    »Ich bring Ihnen das Mittagessen, Madam«, sagte Catchpole mürrisch. »Sind Sie wach?«
    »Jetzt schon«, murmelte ich. Ich warf einen Blick auf meine Uhr und stellte überrascht fest, dass es bereits Mittag war. Dann forderte ich Catchpole auf einzutreten.
    »Rindfleischbrühe und pochierte Eier, Madam«, verkündete er, während er das Tablett auf meinem Schoß platzierte. »Es gibt auch ein kleines Glas Kaviar, als Beilage zu den Eiern, wenn Sie möchten.«
    »Mmmh«, ließ ich vernehmen und bemühte mich, ruhig zu atmen.

    »Mr Macrae meinte zwar, dass Sie keinen Hunger hätten«, fuhr Catchpole fort, »aber ich sagte ihm, dass Sie, hungrig oder nicht, essen müssen. Sie müssen wieder zu Kräften kommen, sagte ich ihm.« Er musterte mich besorgt. »Sie sehen ein wenig gerötet aus, Madam. Wahrscheinlich haben Sie Fieber. Unangenehme Sache, so ein Fieber. Man weiß nie, wohin es führt. Was halten Sie davon, Ihr Handy zu benutzen und einen Arzt anzufordern? Heutzutage haben die Hubschrauber, und ich bin sicher …«
    »Ich brauche keinen Arzt, Catchpole«, platzte ich heraus und ließ den Kopf matt in die Kissen sinken. Dann bemühte ich mich um ein engelhaftes Lächeln. »Ich brauche nur Ruhe und Ihre gute Brühe, glauben Sie
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