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Tamuli 1 - Die schimmernde Stadt

Tamuli 1 - Die schimmernde Stadt

Titel: Tamuli 1 - Die schimmernde Stadt
Autoren: David Eddings
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es wurde immer dringlicher, daß Ritter Sperber einschritt. Andererseits war es unerläßlich, die Würde des Imperiums zu wahren. Der fähigste Diplomat der kaiserlichen Gesandtschaften, Minister Oscagne, fand schließlich einen Ausweg aus diesem Dilemma. Wir werden den brillanten diplomatischen Schachzug seiner Exzellenz im folgenden Kapitel näher beleuchten.

Erster Teil
EOSIEN





1
    Der Frühling war noch jung, und noch trug der Regen die anhaltende Kälte des Winters mit sich. Ein weiches, silbriges Nieseln sank aus dem Nachthimmel herab. Es umwob Cimmuras quadratische Wachtürme mit Schleiern, ließ die Fackeln zu beiden Seiten des breiten Tores zischen und verlieh den Pflastersteinen der zum Tor führenden Straße einen schwarzen Glanz. Ein einsamer Reiter näherte sich der Stadt. Er hatte einen schweren Reiseumhang um sich geschlungen und ritt einen hochbeinigen zottigen Fuchshengst mit langer Nase und wilden Augen. Der Reiter war ein großer Mann mit schwerem Knochenbau und kräftigen Muskeln, doch ohne eine Spur überschüssigen Fettes. Sein Haar war dicht und schwarz, und seine Nase verriet, daß sie irgendwann einmal gebrochen worden war. Er ritt lässig, doch mit der eigentümlichen Wachsamkeit eines ausgebildeten Kriegers.
    Der mächtige Fuchs schüttelte abwesend die Nässe aus Mähne und Zottelfell, als sie sich dem Osttor der Stadt näherten und schließlich im rötlichen Fackelschein unmittelbar außerhalb der Mauer hielten.
    Ein stoppelbärtiger Torwächter in rostbeflecktem Harnisch und Helm und einem nachlässig über eine Schulter hängenden, mit Flicken besetzten grünen Umhang trat aus der Wachstube, blieb schwankend stehen und blickte den Reisenden fragend an.
    »Bin nur auf der Durchreise, Nachbar«, sagte der große Mann ruhig. Er schob die Kapuze zurück.
    »Oh!« sagte der Wächter. »Ihr seid es, Prinz Sperber. Hab' Euch nicht erkannt. Willkommen zu Haus.«
    »Danke«, antwortete Sperber. Er roch den billigen Wein im Atem des Mannes.
    »Möchtet Ihr, daß ich dem Schloß Eure Rückkehr melde, Hoheit?«
    »Nicht nötig. Ich kann mein Pferd selbst versorgen.« Sperber konnte Zeremonien nicht ausstehen – schon gar nicht mitten in der Nacht. Er lehnte sich aus dem Sattel und steckte dem Wächter eine kleine Münze zu. »Geht wieder in die Wachstube, Nachbar. Ihr erkältet Euch nur, wenn Ihr im Regen stehenbleibt.« Er stupste sein Pferd und ritt durchs Tor.
    Das Stadtviertel gleich hinter der Mauer war ärmlich. Die heruntergekommenen, armseligen Häuser kauerten dicht beieinander, ihr erster Stock ragte über die schmutzigen, nassen Straßen. Sperber ritt eine schmale Kopfsteingasse entlang. Das Klappern der beschlagenen Hufe seines Fuchses hallte von den Häuserwänden wider. Ein Wind war aufgekommen, der an Fensterläden rüttelte und die primitiven Aushängeschilder an ihren rostigen Haken schüttelte.
    Ein streunender Hund kam aus einer Seitengasse gerannt und bellte Sperber und sein Pferd wichtigtuerisch an. Der Hengst drehte den Kopf und bedachte den Köter mit einem drohenden Blick. Der Hund hörte zu bellen auf, zog den dünnen Schwanz ein und wich ein Stück zurück. Herausfordernd stapfte das Pferd auf ihn zu. Der Hund winselte, dann warf er sich jaulend herum und ergriff die Flucht. Sperbers Hengst schnaubte abfällig.
    »Fühlst du dich jetzt besser, Faran?« fragte Sperber den Fuchs.
    Farans Ohren zuckten.
    »Können wir dann weiterreiten?«
    An einer Kreuzung brannte flackernd eine Fackel. Eine vollbusige junge Hure in billigem Kleid stand durchnäßt im rötlichen Lichtkreis. Ihr dunkles Haar klebte am Kopf, Streifen durchzogen ihre Schminke, und sie wirkte niedergeschlagen.
    Sperber zügelte sein Pferd. »Was machst du hier mitten im Regen, Naween?«
    »Ich habe auf Euch gewartet, Sperber«, antwortete sie kokett mit verschmitztem Blick.
    »Oder auf sonst jemand?«
    »Natürlich. Das ist schließlich mein Gewerbe, Sperber. Aber ich schulde Euch noch etwas. Soll ich meine Schuld nicht endlich begleichen?«
    Sperber ging gar nicht erst auf die Bemerkung ein. »Wieso arbeitest du auf der Straße?«
    »Shanda und ich hatten Streit.« Sie zuckte die Schultern. »Da beschloß ich, mich selbständig zu machen.«
    »Du bist nicht ausgekocht genug für ein Straßenmädchen, Naween.« Er steckte die Finger in den Beutel an seiner Seite, fischte mehrere Münzen heraus und gab sie ihr. »Nimm dir eine Kammer in irgendeinem Gasthaus und bleib ein paar Tage von der Straße weg. Ich
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