Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tage in Burma

Tage in Burma

Titel: Tage in Burma
Autoren: George Orwell
Vom Netzwerk:
wollen. Die Angelegenheit wird bei der nächsten Generalversammlung zur Diskussion
    stehen. Einerseits kann man darauf hinweisen ...‹ - na ja, ist wohl nicht nötig, das alles durchzukauen. Er kann nicht mal eine
    -24-
    Bekanntmachung aufsetzen ohne literarischen Durchfall.
    Worauf es jedenfalls ankommt, ist, daß er verlangt, daß wir gegen all unsere Regeln verstoßen und einen lieben kleinen Nigger in diesen Club aufnehmen. Den lieben Dr. Veraswami zum Beispiel. Dr. Schwammischlammi. Das wäre ein Fest, was?
    Kleine kugelbäuchige Nigger am Bridgetisch, die einem
    Knoblauchdunst ins Gesicht pusten. Herrgott, wenn man sich das vorstellt! Wir müssen zusammenhalten und sofort ein
    Machtwort sprechen. Was sagt ihr, Westfield? Flory?«
    Westfield zuckte philosophisch die mageren Achseln. Er hatte sich an den Tisch gesetzt und sich einen schwarzen, stinkenden burmanischen Stumpen angezündet.
    »Müssen uns wohl damit abfinden«, sagte er. »Diese
    Scheißeingeborenen kommen heutzutage in alle Clubs. Sogar in den Pegu-Club, hab ich gehört. So geht’s eben mit diesem
    Lande, wißt ihr. Wir sind ungefähr der letzte Club in Burma, der sich noch behauptet.«
    »Das sind wir; und me hr noch, wir werden uns verdammt
    nochmal weiter behaupten. Eher verrecke ich im Graben, als daß ich hier einen Nigger reinlasse.« Ellis hatte einen
    Bleistiftstummel hervorgeholt. Mit dem merkwürdigen Trotz, den manche Leute in ihre kleinste Geste legen können, heftete er den Anschlag wieder an das Brett und schrieb neben Mr.
    Macgregors Unterschrift ein winziges, sauberes »V. L«. »So, das ist meine Meinung zu dieser Idee. Ich werde ihm das auch sagen, wenn er kommt. Was sagst du, Flory?«
    Flory hatte die ganze Zeit nichts gesagt. Obgleich von Natur durchaus kein schweigsamer Mann, hatte er in
    Clubunterhaltungen selten viel zu sagen. Er hatte sich an den Tisch gesetzt und las G. K. Chestertons Artikel in der London News und kraulte gleichzeitig mit der linken Hand Flos Kopf.
    Ellis gehörte jedoch zu den Leuten, die ständig andere
    piesacken, damit sie ihre eigene Meinung nachplappern. Er
    wiederholte seine Frage, und Flory blickte auf, und ihre Blicke
    -25-
    begegneten sich. Die Haut um Ellis’ Nase wurde plötzlich so blaß, daß sie fast grau erschien. Das war bei ihm ein Zeichen der Wut. Ohne jedes Vorspiel brach er plötzlich in einen Strom von Beschimpfungen aus, der erschreckend gewesen wäre, wenn
    sich die anderen nicht längst an dergleichen gewöhnt hätten.
    »Mein Gott, ic h hätte gedacht, in so einem Fall, wenn sich’s darum dreht, diese schwarzen, stinkigen Schweine von dem
    einzigen Ort fernzuhalten, wo wir uns noch in Ruhe unterhalten können, hättest du den Anstand zu haben, mich zu unterstützen.
    Selbst wenn dieses kugelbäuchige, schmierige kleine Ferkel von einem Niggerdoktor dein bester Kumpel ist. Mir kann’s egal sein, wenn du dich mit dem Abschaum aus dem Bazar
    anfreundest. Wenn es dir Spaß macht, Veraswami zu besuchen und mit seinen Niggerkumpels Whisky zu trinken, so ist das deine Sache. Tu was du willst außerhalb des Clubs. Aber, bei Gott, wenn du davon redest, Nigger hier hereinzubringen, das ist etwas anderes. Du willst den kleinen Veraswami wohl gern als Clubmitglied haben, heh? Damit er sich in unsere Unterhaltung einmischt und jeden mit seinen schweißigen Händen antatscht und uns seinen dreckigen Knoblauchatem ins Gesicht pustet. Bei Gott, er würde mit meinem Stiefel hinter sich rausfliegen, wenn ich je seine schwarze Schnauze hier drin sehen müßte. Dieser schmierige, kugelbäuchige kleine ...!« usw.
    So ging es mehrere Minuten lang weiter. Es war merkwürdig
    eindrucksvoll, weil es so völlig aufrichtig war. Ellis haßte die Orientalen wirklich
    - haßte sie mit einem bitteren,
    unermüdlichen Abscheu wie etwas Böses oder Unreines.
    Obwohl er als Angestellter einer Holzfirma zwangsläufig in ständigem Kontakt mit den Burmanen leben und arbeiten mußte, hatte er sich nie an den Anblick eines dunklen Gesichts
    gewöhnt. Jede Andeutung eines freundschaftlichen Gefühls
    gegenüber eine m Orientalen erschien ihm als grauenhafte
    Perversion. Er war intelligent und ein fähiger Angestellter seiner Firma, aber er gehörte zu jenen leider häufigen - Engländern,
    -26-
    denen man nie erlauben sollte, einen Fuß auf östlichen Boden zu setzen.
    Flory saß da und streichelte Flos Kopf in seinem Schoß und war außerstande, Ellis’ Blick zu begegnen. Meistens machte sein Muttermal es schon
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher