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Taeter wie wir

Taeter wie wir

Titel: Taeter wie wir
Autoren: Kim Fupz Aakeson
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Zeitung an, wir lasen den Artikel alle zusammen. Unbekannte Täter, so nannten sie uns. Und sinnloser Vandalismus, so nannten sie es. Und sie schrieben, die Polizei nähme jede Information entgegen, falls jemand etwas gesehen habe.
    Worauf wir ein bisschen stolz waren, na klar, Zeitung und alles.
    »Hier kommen die unbekannten Täter!«, riefen wir, wenn wir losfuhren. »Lange leben die unbekannten Täter!«
    In der Achten bekamen wir einen neuen Klassenlehrer, Anders, wir hatten ihn in Englisch. Er war nett und ziemlich witzig, natürlich so eine Art Lehrerhumor, aber wir lachten trotzdem immer mal wieder über seine Witze. Wir mochten ihn gern, erredete so ein Englisch wie aus Oxford. Richtig vornehmes Englisch.
    Und er nannte uns Zwerggestalten und Pygmäen, aber auf eine Art, die ganz okay war. Er war ja noch nicht so alt.
    Und dann eines Tages nahm die Polizei ihn fest. Ein Mädchen, sie hieß Krista, hatte behauptet, er wäre mit ihr im Bett gewesen, in der Zeit, als sie noch zur Schule ging. Sie war älter als wir, Nana kannte sie ein wenig. Diese Krista behauptete, Anders hätte es auf sie angelegt, damals, als er ihre Klasse hatte, und er hätte sie dazu überredet, ihn in seiner Wohnung in Roskilde oder wo das nun war zu besuchen. Sie wollten über all die Probleme reden, die sie mit ihren Eltern und mit den anderen in der Klasse hatte. Und dann hatte er sie in sein Bett gekriegt und das durfte er ja nicht, da er doch ihr Lehrer war.
    Er kam nicht ins Gefängnis, aber er hörte sofort an der Schule auf, sie suspendierten ihn. Er leugnete alles. Und wir hielten zu ihm.
    »Scheiße, die ist doch so hässlich, die sollte dankbar sein«, meinte Henk.
    »Und warum kommt sie erst jetzt damit?«
    »Mal ehrlich, das ist fast zwei Jahre her!«
    Aber dann behaupteten einige unserer Mädchen, dass er etwas Ekliges an sich hätte, er würde sie immer so schmierig angucken.
    »So in etwa?«, fragte Wilam und schaute Louise Wiedemann zwischen die Brüste.
    »Und überlegt mal, wer die besten Noten kriegt«, sagte Louise Wiedemann.
    »Haha«, lachten wir. »Merete und Louise Vest, die mit den dicksten Titten, das stimmt schon.«
    Und so kamen uns langsam auch Zweifel. Er behauptete zwar, dass er nichts getan hätte, aber warum sollte Krista auf so etwas kommen? Vielleicht hatte er tatsächlich etwas Ekliges an sich, vielleicht war an dem, was unsere Mädchen sagten, etwas Wahres dran. All diese Witze. Diese Art, wie er redete. Und wie er glotzte.
    »Sie war in Therapie«, erzählten Kristas Freundinnen. »Sie hat das ihrem Psychologen anvertraut, und der Psychologe hat gesagt, dass sie etwas damit machen sollte. Deshalb hat sie ihn erst jetzt angezeigt.«
    »Okay«, sagten wir und wussten nicht, was wir davon halten sollten.
    Er wurde nicht verurteilt, es stand Aussage gegen Aussage. Sein Anwalt konnte beweisen, dass Krista unausgeglichen war oder wie das nun auch immer hieß. Und keiner von uns wusste, ob er es nun getan hatte oder nicht. Krista sah man ab und zu mal. Dann dachte man nur daran, dass sie unausgeglichen war, aber was weiß man schon? Sie wurde die Freundin von einem, der hieß John,der hatte im Sommer einen Bootsverleih. Eigentlich sah sie meistens so aus, als ginge es ihr richtig gut.
    Das erste Mal, als wir uns Joints kaufen wollten, waren wir noch nicht besonders alt. Da gab es einen Pusher in den Hochhäusern, der hieß Pede, aber alle nannten ihn Panik oder Paranoia, weil er so eine Scheißangst hatte, geschnappt zu werden.
    Man musste bei ihm auf eine ganz spezielle Art klingeln, zweimal kurz, einmal lang und noch zweimal kurz. Sonst ließ er einen nicht ins Treppenhaus. Dann musste man an seiner Tür klingeln, das wieder auf eine andere Art, kurz, lang, kurz. Und dann musste man sich vor die Tür stellen, während er durch den Türspion guckte. Dann öffnete er schließlich und ließ einen auf den Wohnungsflur herein, aber nie weiter in die Wohnung.
    »Wer hat euch von mir erzählt?«, fragte er, als wir das erste Mal zu ihm kamen, wir waren nicht alle zusammen oben, nur vier von uns. Aber trotzdem, es war nicht mehr viel Platz auf dem Flur.
    »Karsten Iversen«, erklärten wir. Jeder in der Stadt wusste, dass Pede Shit, Joints, Koks und flüssiges Amphetamin vertickte, aber wir nannten einfach Karstens Namen, um überhaupt etwas zu sagen. »Wir wollen etwas zum Rauchen haben.«
    Er hob den Zeigefinger vor die Lippen, er hattesicher Angst, dass sie seine Wohnung abhörten, er war wirklich paranoid.
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