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Tacheles

Tacheles

Titel: Tacheles
Autoren: Andreas Pittler
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ihre Operation heute durchziehen. Ihr Ziel scheint es immer noch, die Regierung gefangen zu nehmen. Und weil es gestern keinen Ministerrat gab, ist die ganze Sache einfach um 24 Stunden verschoben worden.“
    „Sagt das dieser Hudl?“
    „Ja, aber nicht nur er. Wir haben mittlerweile einen zweiten Konfidenten, der uns die Richtigkeit dieser Angaben bestätigt hat. Ich sag Ihnen, Bronstein, da braut sich was zusammen.“
    „Ja, und was soll ich da machen?“
    „Mein Problem ist, die kennen mich. Sie aber sind unbekannt, vielleicht könnten Sie dort nach dem Rechten sehen.“
    „Was heißt dort?“
    „Nach unseren Auskünften versammeln sich die Nazis im 7. Bezirk in einer Turnhalle. Vielleicht könnten Sie sich auf deren Fersen heften und mir dann telefonisch Bescheid geben.“
    „Wo sind Sie?“
    „In meinem Stammcafé. Ich hab eben den Herrn Dr. Stepan von der Vaterländischen Front angerufen, um ihn zu warnen. Aber der schläft noch. Ich hab ihm ausrichten lassen, er soll mich zurückrufen.“
    Bronstein musste trotz seiner Müdigkeit schmunzeln. Stepan war eine der Größen des autoritären Staates. Und da glaubte Kriminalinspektor Marek wirklich, ein Mann wie Stepan würde sich bei ihm melden. Das nannte er, Bronstein, Optimismus.
    „Und wissen wir wenigstens, wo sich die Nazis versammeln?“
    „Derzeit noch nicht, aber ich rechne jede Minute mit einer diesbezüglichen Information.“
    „Wissen S’ was, Marek, ich geh jetzt einmal ins Büro, und dann ruf ich Sie noch einmal an. Wenn’s dann wirklich brennt, dann kommt die Feuerwehr.“ Bronstein wartete nicht auf Widerspruch, sondern legte auf. Er blickte nochmals auf die Uhr und kam zu dem Schluss, dass es ohnehin Zeit war, sich ins Büro zu verfügen. Er kleidete sich an, ging dann in die Küche, nahm noch ein Brioche zu sich und sah zu, dass er an seinen Schreibtisch kam.
    Er hatte sich noch nicht einmal niedergesetzt, als sein Apparat läutete. Ein ziemlich hektischer Marek meldete sich: „Ich konnte nicht länger warten“, platzte es aus ihm heraus, „ich bin jetzt im Café Weghuber. Dort habe ich die Geschichte dem Kassier der VF erzählt, und der hat es dem Fey weitergesagt.“
    „Dem Minister?“ Bronstein klang ungläubig.
    „Ja, genau dem. Und wissen S’ was, Bronstein? Dem war das irgendwie auch schon bekannt mit den Naziaktivitäten. Daher wissen wir jetzt auch, wo sich die sammeln. In der Siebensterngasse. Können Sie dort einmal vorbeischauen? Ich muss da auf weitere Instruktionen warten!“
    Bronstein war unwillig. Einerseits fand er die Sachlage natürlich nicht unspannend, andererseits wollte er sich nicht dieFüße in den Bauch stehen. Und schon gar nicht hatte er Lust, sich gleich wieder in Gefahr zu begeben.
    „Wieso denn ich? Haben S’ denn niemanden anderen für eine solche Aufgabe?“
    „Ganz ehrlich“, Mareks Stimme klang nun gedämpft, und es schien, als zögerte er, so, als ob er nun jedes Wort einzeln abwägen müsse, „es heißt, es seien auch jede Menge Polizisten in die Verschwörung involviert. Angeblich vom Steinhäusl abwärts, wenn Sie verstehen, was ich meine. Und darum wende ich mich an Sie, denn Ihnen kann ich auf jeden Fall trauen.“
    „Wieso wissen S’ denn das?“
    „Weil Sie …“, Marek stockte. Bronstein verdrehte die Augen: „Ich weiß schon, weil ich ein Jud bin.“
    Marek beeilte sich, dem Satz Bronsteins die Schärfe zu nehmen, doch der wiegelte ab: „Schon gut, ich bin mittlerweile dran gewöhnt. Geben S’ mir einfach Ihre Nummer. Ich fahr einmal in die Siebensterngasse, dann sehe ich weiter.“
    Just in diesem Augenblick betrat Cerny das Amtszimmer.
    „Cerny, gut dass du da bist. Ich habe Außendienst. Halte du hier die Stellung. Ich melde mich später.“
    Als Bronstein die Siebensterngasse erreichte, war es wenige Minuten nach zehn Uhr. Die Gasse lag verlassen da, kein Wagen war weit und breit zu sehen. In dem entsprechenden Straßenabschnitt gab es auch keine nennenswerten Geschäfte oder Handwerksbetriebe, sodass man meinen konnte, man habe ein ausgestorbenes Dorf vor sich. Langsam und vorsichtig näherte sich Bronstein der Turnhalle, doch auch hier gab es nicht das geringste Anzeichen menschlichen Treibens. Der Ministerrat, so viel hatte er zuvor noch in Erfahrung gebracht, begann um elf Uhr, dass die Nazis zu Beginn der Sitzung zuschlagen wollten, schien vor diesem Hintergrund ausgeschlossen. Weit wahrscheinlicher war nun ein Überfall mitten im Verlauf der Tagung. Bronstein
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