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Szenen aus dem Landleben - Die Bauern (German Edition)

Szenen aus dem Landleben - Die Bauern (German Edition)

Titel: Szenen aus dem Landleben - Die Bauern (German Edition)
Autoren: Honoré de Balzac
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Person des Wächters begangenen Mordes entdecken?«
    »Wie es scheint, nein,« antwortete der Unterpräfekt.
    »Das wird dem Verkaufe von Les Aigues recht schaden,« erklärte Gaubertin vor allen Leuten. »Das weiß ich genau, ich würde die Besitzung nicht kaufen. Die Bauern der Gegend sind zu schlecht; selbst zu Mademoiselle Laguerres Zeit stritt ich mich mit ihnen herum, und doch ließ sie sie weiß Gott schalten und walten!«
    Gegen Ende Mai deutete nichts darauf hin, daß der General Les Aigues dem Verkaufe zu unterstellen beabsichtige; er war unentschlossen. Eines Abends gegen zehn Uhr kam er auf einer der sechs Alleen, die zum Jagdpavillon führten, aus dem Walde zurück; er hatte seinen Wächter fortgeschickt, als er sich ziemlich nahe beim Schlosse wußte. An der Alleebiegung trat ein mit einer Flinte bewaffneter Mann aus dem Gebüsch.
    »General,« sagte er, »es ist nun das dritte Mal, daß Sie vor meiner Büchsenmündung stehen; und zum dritten Male schenke ich Ihnen das Leben ...«
    »Und warum willst du mich töten, Bonnébault,« fragte der Graf, ohne die mindeste Aufregung zu zeigen.
    »Meiner Treu! wenn's nicht durch mich geschähe, würd' es durch einen andern sein; und ich, wissen Sie, liebe die Leute, die dem Kaiser gedient haben. Ich kann mich nicht entschließen, Sie wie ein Rebhuhn abzuschießen ... Fragen Sie mich nicht, ich will nichts sagen ... Aber Sie haben Feinde, die mächtiger und verschlagener sind als Sie, und die Sie schließlich erdrücken werden. Tausend Taler krieg ich, wenn ich Sie töte, und werde dann Marie Tonsard heiraten.
    Nun wohl, schenken Sie mir einige elende Arpents Land und eine schlechte Hütte. Ich werde weiterhin erklären, ich hätte keine Gelegenheit gefunden ... Sie werden Zeit haben, dies Besitztum zu verkaufen und davon zu gehen ... Doch beeilen Sie sich. Noch bin ich ein braver Bursche, ein so übles Subjekt ich auch sonst bin; ein anderer könnte Ihnen was Böses tun ...«
    »Und wenn ich dir gebe, worum du mich bittest, wirst du mir dann sagen, wer dir dreitausend Franken versprochen hat?« fragte der General.
    »Ich weiß es nicht; und die Person, die mich dazu treibt, liebe ich zu sehr, um sie Ihnen zu nennen. ... Und dann, wenn Sie auch wüßten, daß es Marie Tonsard ist, so würde Sie das nicht viel weiter bringen. Marie Tonsard wird stumm wie ein Grab sein, und ich, ich würde leugnen, Ihnen was gesagt zu haben ...« »Komm morgen zu mir!« sagte der General.
    »Das genügt,« erklärte Bonnébault; »wenn man mich ungeschickt finden sollte, würd' ich Sie benachrichtigen.«
    Acht Tage nach dieser seltsamen Unterhaltung waren im ganzen Bezirk, im ganzen Kreise und in Paris große Anschläge angeklebt, die den parzellenweisen Verkauf von Les Aigues im Bureau von Meister Corbineau, dem Notar von Soulanges, anzeigten. Alle Parzellen wurden Rigou zugeschlagen und beliefen sich auf die Gesamtsumme von zwei Millionen einmalhundertfünfzigtausend Franken. Anderen Tags ließ Rigou die Namen ändern: Monsieur Gaubertin bekam die Wälder und Rigou und Soudry hatten die Weinberge und die anderen Parzellen. Schloß und Park wurden an die schwarze Bande [Fußnote: Eine Gesellschaft von ausbeutenden Spekulanten, vergl. Balzacs »Dorfpfarrer«.] weiterverkauft, mit Ausnahme des Pavillons und seiner Nebengebäude, die Monsieur Gaubertin sich vorbehielt, um sie seiner sentimentalen und poetischen Lebensgefährtin als Angebinde zu geben.
     
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    Viele Jahre nach diesen Ereignissen, während des Winters 1837, geriet einer der bemerkenswertesten politischen Schriftsteller dieser Zeit, Emile Blondet, ins äußerste Elend, das er bis dahin unter der Außenseite eines glänzenden und eleganten Lebens verborgen hatte. Er zauderte, einen verzweifelten Entschluß zu fassen, als er sah, daß seine Arbeiten, sein Geist, sein Wissen und seine politischen Kenntnisse ihn zu nichts geführt hatten, als zum Vorteil anderer wie eine Maschine zu arbeiten; als er sah, daß alle Stellen besetzt waren, als er sich am Beginn des reifen Alters angelangt fühlte, ohne Ansehen, ohne Vermögen zu besitzen, und Dummköpfe von der Bourgeoisie an die Stelle der Hofleute und der unfähigen Köpfe der Restauration getreten, und die Regierung sich wieder konstituieren sah, wie sie vor 1830 war. Eines Abends, als er dem Selbstmord, mit dem er so oft gespielt hatte, nahe war und einen letzten Blick auf seine klägliche Existenz warf, die verleumdet, und sehr viel mehr mit Arbeiten als mit jenen
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