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Survivor 1.05

Survivor 1.05

Titel: Survivor 1.05
Autoren: Peter Anderson
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den Mund. »Er hat mich immer als Loser hingestellt. Jetzt tue ich, was mir Spaß macht.« Er lachte auf und musste husten, weil ihm das Bier wieder hochkam. Dann zuckte er die Schultern. »Ob ich mir den Arsch aufreiße, um meinen Eltern ein guter Sohn zu sein, oder ob ich einfach nur Spaß habe – es bleibt sich gleich. Dad hasst mich so oder so, und Mom gibt mir die Schuld an ihrem jämmerlichen Leben, an ihren Depressionen und ihrer Sauferei.«
    »Aber das Leben, das du jetzt führst, kann dir doch keinen Spaß machen«, meinte Tom. »In der Schule nennen sie dich einen Freak, und Lindsey hat mit dir Schluss gemacht. Mann, mit so ’ner geilen Braut hättest du es dir nicht versauen dürfen.«
    »Was soll ich denn tun?« Ryan blinzelte ihn verärgert an. »Verrate es mir.«
    Tom trank einen Schluck Bier; dann sagte er sehr ernst: »Versuch gar nicht erst, es deinem Dad recht zu machen, denn das schaffst du nicht. Das schafft keiner. Und versuch auch nicht, ihm zu beweisen, was für ein Kerl du bist, indem du gegen ihn aufmuckst. Wie du schon sagtest – es bleibt sich gleich. Du bist für ihn so oder so der Loser.« Er drehte den Kopf und blickte Ryan an. »Lebe stattdessen dein eigenes Leben«, fuhr er fort. »Tue das, was du für richtig hältst. Übernimm Verantwortung – und zwar in erster Linie für dich selbst. Es ist dein Leben, nicht das von deinem Alten.«
    Nun war es Ryan, der nickte. Tom hatte recht; er sah es ein. Es wurde wirklich Zeit, dass er sein Leben in die eigenen Hände nahm und etwas Sinnvolles damit anstellte, anstatt es zu verplempern in der Hoffnung, seinem Vater eins auszuwischen.
    Ja, Tom hatte recht. Wie meistens.
    »Und jetzt lass uns schwimmen gehen!«, rief Tom, warf seine Bierdose weg, schlüpfte aus Jeans und Shirt und lief zum See.
    Ryan tat es ihm gleich. Dem Warnschild schenkten sie keine Beachtung.
    Baden verboten – Lebensgefahr!
    Das Wasser war herrlich und hatte nach dem heißen Tag genau die richtige Temperatur. Am wolkenlosen Himmel funkelten die Sterne, und der Mond, der in zwei Tagen voll und rund sein würde, goss sein silbernes Licht über die Landschaft.
    Die beiden Jungen tollten wie Kinder im Wasser herum. Ryan fühlte sich wie befreit. Ja, Tom hatte die richtigen Worte gefunden und ihm die Augen geöffnet. Er musste aufhören, gegen seinen Vater zu rebellieren oder es ihm recht machen zu wollen. Ab heute würde er sein eigenes Leben führen.
    Übermütig drückte Tom den Kopf des Freundes unter Wasser, und Ryan tauchte unter. Ein Rausch der Freiheit befiel ihn.
    In diesem Moment geschah es.
    Zu spät sah er die alten verrosteten Stangengerüste am Grund des seichten Sees. An einem der Gerüste hing ein altes Stahlseil, das sich um Ryans Knöchel legte und sich verhedderte.
    Ryan erschrak, denn zuerst dachte er, irgendetwas hätte ihn angegriffen. Panisch versuchte er, an die Wasseroberfläche zu kommen. Als es ihm nicht gelang, tastete er sein Bein hinunter bis zum Fuß.
    Ein Stahlseil hielt ihn gefangen!
    Verzweifelt versuchte er, sich zu befreien, aber es ging nicht. Irgendwie schien sich das verdammte Seil verdreht zu haben. Bald konnte er vor Panik keinen klaren Gedanken mehr fassen.
    Er kam nicht mehr frei!
    Wo war Tom?
    Er musste ihm helfen! Er musste ihn retten!
    In wilder Panik zerrte Ryan an dem Stahlseil, konnte aber nichts ausrichten.
    Wie lange war er schon unter Wasser? Wie lange würde die Luft noch reichen? Hätte er nicht längst ertrunken sein müssen?
    Es wunderte ihn selbst, doch in der nackten Todesangst schien ihm das Gefühl für die Zeit abhandengekommen zu sein. Sekunden mussten sich zu Minuten gedehnt haben, wie man es in Kitschromanen immer las, wenn der Held in Lebensgefahr geriet. Denn nach Ryans Einschätzung mussten mehr als zehn, vielleicht sogar fünfzehn Minuten vergangen sein.
    Aber das war unmöglich. Dann wäre er längst tot.
    In diesem Moment stellte er fest, dass er atmete.
    Aber das konnte nicht sein!
    Wahrscheinlich starb er, und sein Gehirn schuf wirre Bilder und Gedanken, weil unkontrollierte biochemische Prozesse darin abliefen und sich Träume, Erinnerungen und Wahnvorstellungen mischten …
    Nein! Was er erlebte, war Wirklichkeit.
    Er atmete Wasser! Irgendwie filterten seine Lunge den Sauerstoff heraus, als wäre es Luft.
    Mit einem Mal hatte Ryan keine Angst mehr. Die Panik wich einem Hochgefühl. Er war kein Loser. Er war kein Freak. Er war etwas Besonderes. Sein Vater würde staunen. Alle würden staunen!
    Im
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