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Sunset - King, S: Sunset - Just After Sunset

Titel: Sunset - King, S: Sunset - Just After Sunset
Autoren: Stephen King
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Wurzeln aus der Erde reißen würde, aber sie gab nicht nach. Als der Saum, durch den er sich quetschte, ihm die Hose bis zu den Turnschuhen runterriss, verspürte er einen brennenden Schmerz im Hintern. Um sich ganz hindurchzuzwängen, musste er sich drehen und winden, bis er die Turnschuhe abgestreift hatte. Und als der Tank endlich seinen Fuß losließ, konnte er es kaum fassen, dass er es wirklich geschafft hatte.
    Er drehte sich auf den Rücken, nackt bis auf die Unterhose (und die saß schief, weil das Gummiband ausgeleiert war, und wo der Stoff gerissen war, kam sein stark blutender Hintern zum Vorschein) und eine weiße Socke. Mit weit offenen Augen starrte er zum blauen Himmel empor. Und fing an zu schreien. Er hatte sich fast heiser geschrien, bevor ihm bewusst wurde, was er da überhaupt schrie: Ich lebe! Ich lebe! Ich lebe! Ich lebe!
     
    Zwanzig Minuten später rappelte er sich auf und hinkte zu dem auf Betonklötzen aufgebockten Wohnwagen hinüber, der einmal als Büro gedient hatte. In seinem Schatten verbarg sich eine große Pfütze, die sich bei dem Regenschauer am Vortag gebildet hatte. Die Tür war abgeschlossen, aber neben der grob zusammengezimmerten Holztreppe lagen noch weitere Betonklötze. Einer war in zwei Stücke zerbrochen. Curtis hob das kleinere Stück auf und drosch damit auf das Schloss ein, bis die Tür nachgab. Ihm schlug heiße, abgestandene Luft entgegen.
    Bevor er hineinging, wandte er sich um und betrachtete die Toilettenhäuschen auf der anderen Seite der Straße. Das Wasser, das in den Schlaglöchern stand, spiegelte den leuchtend blauen Himmel wider wie Splitter eines schmutzigen Spiegels. Fünf Toilettenhäuschen – drei davon standen noch, zwei waren in den Graben gekippt. In dem linken wäre er fast verreckt. Und obwohl er hier stand und aus zahllosen Schürfwunden blutete, nichts am Leib außer einer zerschlissenen Unterhose und einer Socke und bis zum Hals mit Scheiße beschmiert, kam ihm das alles bereits völlig unwirklich vor. Wie ein schlechter Traum.
    Das Büro war zum Teil schon leergeräumt worden – oder zum Teil geplündert, wahrscheinlich nur ein paar Tage, bevor das ganze Projekt stillgelegt wurde. Es gab keine Trennwände. Der Wohnwagen bestand aus einem langen Raum mit einem Schreibtisch, zwei Stühlen und einem billigen Sofa in der vorderen Hälfte. Im hinteren Bereich stapelten sich Kartons mit Unterlagen; auf dem Boden stand eine verstaubte Rechenmaschine, neben ihr ein Kühlschrank mit gezogenem Stecker, ein Radio und ein Drehstuhl, an dessen Lehne ein Zettel klebte. Darauf war zu lesen: Bitte für Jimmy dalassen.
    Außerdem stand noch eine Schranktür einen Spalt offen, aber bevor Curtis hineinschaute, riss er den kleinen Kühlschrank auf. Darin befanden sich vier Flaschen Mineralwasser, eine davon geöffnet und dreiviertel leer. Curtis schnappte sich eine der vollen Flaschen und kippte sie hastig hinunter. Das Wasser war warm, aber es schmeckte wie das Wasser, das die Flüsse im Himmel mit sich führen mochten. Als er ausgetrunken hatte, bekam er einen Magenkrampf. Er hastete zur Tür, die noch offen stand, und erbrach sich neben die Treppe.
    »Na, wer sagt’s denn – jetzt muss ich nicht mal mehr nachhelfen!«, rief er, und Tränen rannen ihm über das schmutzige Gesicht. Eigentlich, dachte er, hätte er ebenso gut auf den Boden des Wohnwagens kotzen können.Aber er wollte sich nicht in einem Raum aufhalten, in dem er sich gerade übergeben hatte. Nicht jetzt, nach allem, was geschehen war.
    Genau genommen werde ich von jetzt an nie wieder kacken gehen, dachte er. Von jetzt an werde ich mich entleeren, wie es dem lieben Gott gefällt: auf dem Wege der unbefleckten Defäkation.
    Die zweite Flasche Wasser trank er langsamer, und er behielt sie unten. Unterdessen warf er einen Blick in den Schrank. In einer Ecke lagen zwei Paar schmutzige Hosen und einige ebenso schmutzige Hemden. Curtis vermutete, dass noch vor gar nicht so langer Zeit eine Waschmaschine neben den Kartons gestanden hatte. Oder da war noch ein zweiter Wohnwagen gewesen, der inzwischen mit einer Zugmaschine abgeschleppt worden war. Es war ihm egal. Besser gefielen ihm dagegen die beiden billigen Latzhosen, die im Schrank hingen, eine an einem Drahtbügel, die andere an einem Haken. Die Latzhose am Haken sah aus, als wäre sie ihm viel zu groß, aber die auf dem Kleiderbügel mochte ihm passen. Und das tat sie auch. Mehr oder weniger. Zwar musste er sie ein Stück umkrempeln, und
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