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Sumpfblüten

Sumpfblüten

Titel: Sumpfblüten
Autoren: Carl Hiaasen
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Freundin angerufen?«
    Sie sprach von Gillian, der ausgeflippten Collegestudentin, mit der Dealey gezwungenermaßen einen Schlafsack geteilt hatte. Es war keine ganz und gar unersprießliche Erinnerung.
    »Niemand im Reservat war bereit, mir irgendwas zu sagen. Die haben so getan, als hätten sie noch nie von Mr. Tigertooth gehört.«
    »Tigertail.«
    »Von mir aus. Der Kerl könnte inzwischen sonstwo sein.«
    »Gillian ist wild entschlossen, ihn zu finden.«
    »Ich versteh nicht, was ihr an dem gefällt.«
    »Wenn Sie das fragen müssen«, stellte Eugenie fest, »dann haben Sie meine Hilfe hier definitiv bitter nötig.«
    Dealeys Nachforschungen in Collier County waren nicht gänzlich fruchtlos geblieben. Von einem Zeitungsreporter hatte er erfahren, dass Louis Piejack, der Irre, der ihn entführt hatte, in den Ten Thousand Islands vermisst wurde. Da er nicht den Wunsch verspürte, sich per gerichtlicher Vorladung in jenen grässlichen Teil des Planeten zitieren zu lassen, hatte Dealey es vorgezogen, die Behörden nicht von Piejacks zahlreichen Verbrechen in Kenntnis zu setzen.
    »Was ist mit Boyd?«, fragte Eugenie Fonda.
    Dealey spreizte die Finger und zuckte die Achseln. »Keine unbekannten männlichen Toten im örtlichen Leichenschauhaus. Wahrscheinlich ist er irgendwie von der Insel runtergekommen und hat sich verdrückt. Hatten Sie damit gerechnet, dass er anruft?«
    »Oh, das würde mich sehr überraschen«, entgegnete Eugenie. Am Tag nachdem sie wieder in Fort Worth angekommen war, hatte sie ihre Telefonnummer geändert. Das war ihr erster Anruf gewesen, nachdem sie ihren Job bei Relentless gekündigt hatte.
    »Und jetzt lassen Sie uns übers Gehalt reden«, sagte sie zu Dealey.
    »Schießen Sie los.«
     
    Mit Ausnahme von Schwester Shirelle waren die Stöhner mittlerweile recht desillusioniert, was den Mann betraf, der sich Boyd nannte. Für einen Heiland schien er ziemlich quengelig und verworfen zu sein.
    Eines Nachmittags nahm Bruder Manuel ihn zur Seite und sagte: »Du hast es versaut, Kumpel.«
    Boyd Shreave war entrüstet. »Hüte deine heidnische Zunge!«
    »Sie haben abgestimmt. Her mit dem verdammten Bademantel.«
    »Kommt nicht in Frage.« Shreave verschränkte die Arme fest über dem Gürtel.
    »Du hattest hier doch einen Supergig laufen«, meinte Bruder Manuel. »Wieso konntest du nicht einfach lächeln und weise aussehen und die Klappe halten?«
    »Aber ich hab mal irgendwo gelesen, Jesus wäre so was wie ein Rockidol gewesen.«
    »Charismatisch nennt man so was, aber das bist du nicht. Du bist bloß ein Trottel mit ’ner großen Klappe.«
    »Okay, ich halt mich zurück.«
    »Zu spät«, erwiderte der Oberstöhner kurz angebunden.
    Der Moment erinnerte Shreave an die zahlreichen Augenblicke des Scheiterns in seiner Vergangenheit. Am Telefon konnte er ein Meister der Überredungskunst sein; von Angesicht zu Angesicht schien er dazu verurteilt, anderen auf die Nerven zu gehen. Die Schuld daran sah er nicht etwa in seinen multiplen Charakterdefekten, sondern darin, dass er sich die falsche Zielgruppe aussuchte. Von jetzt an würde er seine Anstrengungen auf einen urbaneren Markt richten, dessen Bedürfnisse es noch zu erschließen galt.
    »Tatsache ist«, fuhr Bruder Manuel fort, »du bist viel zu mies, um der Sohn Gottes zu sein. Ich kann das nicht mehr durchziehen.«
    »War’s ein einstimmiger Beschluss?«
    »Alle außer Shirelle, und die würde sogar Judas Ischariot einen blasen, wenn er lecker genug aussähe. Und jetzt gib den Bademantel her.«
    »Ich denk nicht dran«, erwiderte Shreave.
    Bruder Manuel versetzte ihm seelenruhig einen Schlag in den Bauch, und er krümmte sich vornüber. Das wunderbare Four-Seasons-Gewand wurde ihm von den Schultern geschält wie eine Schlangenhaut.
    »Morgen fahren wir zum Festland zurück«, sagte Bruder Manuel. »Die Mädels lassen dir zwei Laibe Brot und einen Krug Saft da. Wenn du mal durch Zolfo Springs kommst, schau bei AAMCO vorbei, dann mach ich dir einen Vorzugspreis für ’ne neue Ölwannendichtung.«
    Shreave japste nach Luft. »Das ist ein Witz, stimmt’s?«
    »Nein, mein Freund, das ist ein Abschied.«
    »Ihr könnt mich doch nicht einfach hierlassen! Sogar in Survivor dürfen die, die verloren haben, wieder nach Hause.«
    »Wir rufen von unterwegs aus den Park Service an«, meinte Bruder Manuel.
    »Aber ihr wisst doch noch nicht einmal, wie diese verschissene Insel heißt! Wie sollen die mich denn finden?«
    »Wenn’s ganz hart auf hart
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