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TS 41: Schach dem Unbekannten

TS 41: Schach dem Unbekannten

Titel: TS 41: Schach dem Unbekannten
Autoren: Poul Anderson
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1. Kapitel
     
    Ruethen bereitete es zweifellos ein großes Vergnügen, seine Feinde zum Kristallmond einzuladen und dort zu bewirten. Er wußte, daß sie kommen würden – kommen mußten. Der Stolz der menschlichen Rasse war im gleichen Maße geschwunden, wie das Bedürfnis, nach außen hin selbstsicher und klug zu erscheinen, zugenommen hatte. Die nackte Tatsache, daß kaum fünfzig Lichtjahre jenseits Antares Raumschiffe mit ihren Besatzungen kämpften und starben, machte es sogar noch unmöglicher, die Einladung des merseiischen Gesandten abzulehnen. Und von allen diesen Gründen abgesehen – man fühlte sich ungeheuer frech und tapfer, wenn man sich in die Höhle des Löwen begab.
    Captain Sir Dominic Flandry vom Geheimdienst der Raumflotte allerdings erlaubte sich eine kleine Kritik.
    „Nicht, daß ich irgend jemand etwas Alkoholisches abschlagen möchte“, sagte er, „auch ist die irdische Küche Ruethens berühmt, und sein Koch wäre fast einen Krieg wert, aber ich nahm an, ich wäre auf Urlaub.“
    „Das sind Sie doch“, entgegnete Diana Vinogradoff, Erste Lady des Mare Crisium. „Ihr Pech, daß ich Sie entdeckte.“
    Flandry grinste und legte einen Arm um ihre Schulter. Er fühlte sich sehr sicher und wußte, daß er seine Wette mit Ivar del Bruno gewinnen würde. Er ließ sich ein wenig auf der Couch zurücksinken und schaltete das Licht aus.
    Die ausgeborgte Raumjacht war zierlich und gebrechlich, aber der Salon – ein Wunderwerk aus Plastik und Kristall. Als das Licht erlosch, wurde der Weltraum sichtbar. Das vorher absolute Dunkel überzog sich mit einem milchigen Schleier, in dem die frostigen Sterne wie Nadeln aus Diamanten lagen. Der mit Streifen überzogene Ball des Jupiter wurde zusehends größer und füllte die dunkle Kabine mit einem sanften Schimmer. Lady Diana wirkte wie eine Mythengestalt uralter Sagen – und vielleicht noch schöner. Ihre Juwelen blinkten wie heimliche Tränen.
    Flandry strich selbstgefällig seinen kleinen Bart und ging sozusagen zum Angriff über.
    „Nicht, bitte!“ wehrte Lady Diana ihn ab, aber sie tat es in einer Art, die von keinem Mann hätte ernst genommen werden können. „Jetzt noch nicht …“
    Flandry ließ sich Zeit. Nur keine Eile, der Ball würde noch Stunden dauern. Dann aber, wenn die Jacht mit verringerter Geschwindigkeit der Erde zustrebte und sie ganz allein waren …
    Seine Gedanken wurden durch ihre Stimme jäh unterbrochen.
    „Warum erwähnten Sie das mit dem Urlaub?“ fragte sie. Ihre mit Leuchtfarbe polierten Fingernägel tanzten wie zwei Kerzenflammen durch die Dämmerung.
    Flandry nahm eine Zigarette aus der Tasche und zog daran, um sie zu entzünden. Der glühende Tabak enthüllte ein wenig von seinem hageren Gesicht, aus dem die Backenknochen scharf hervortraten. Die Nase war gerade, die Augen waren grau und die Haare dunkelbraun. Die letzte Bioskulptur hatte ihn für seine Begriffe fast zu schön gemacht, aber schließlich mußte man seinen Freundinnen eine gewisse Abwechslung bieten, wollte man ihnen nicht zu langweilig werden. Immerhin trug seine geschmackvolle Kleidung schon dazu bei, die meisten seiner Konkurrenten auszustechen.
    „Die Angelegenheit auf Nyanza war doch reichlich anstrengend“, gab er zu und spielte damit auf sein letztes Abenteuer in einem fernen Sonnensystem an. „Ich habe mir einen Urlaub wirklich ehrlich verdient. Die Merseier regen mich genug auf, wenn ich sie nur von weitem sehe, ganz zu schweigen von der Anstrengung, sich auch noch mit ihnen spitzfindig zu unterhalten.“
    „Heute werden Sie das nicht nötig haben, Sir Dominic“, sagte sie und lächelte sanft. „Vergessen Sie doch einmal diese heimliche Rivalität, die uns allen das Leben so schwer macht. Für heute wenigstens sollten Sie nicht daran denken, sondern versuchen, mit ihnen auszukommen.“
    „Das versuche ich immer, Mylady, aber sie gehen nicht darauf ein.“
    „Aber, das ist doch nicht wahr! Ich habe schon so oft mit ihnen gesprochen …“
    „Ja, ich gebe gern zu, daß sie charmant sein können, wenn sie das wollen – besonders Damen gegenüber.“ In seiner Stimme schwang eiskalter Hohn. „Das irdische Empire zu zerstören ist keine Arbeit, die sich von heute auf morgen erledigen läßt.“
    Früh genug kam ihm zu Bewußtsein, daß er ja nicht im Dienst war; und es mußte ja auch Stunden geben, in denen er die Uniform des Geheimdienstes ablegte. Besonders jetzt, wo eine Wette über tausend Kredite mit seinem Freund im
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