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Süßes Gift und bittere Orangen: Historischer Kriminalroman

Süßes Gift und bittere Orangen: Historischer Kriminalroman

Titel: Süßes Gift und bittere Orangen: Historischer Kriminalroman
Autoren: Eve Rudschies
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ergänzt mit jungfräulichem Veilchenöl.
    Denn Anna Lucretia besaß eine Ernsthaftigkeit, eine stille Wachsamkeit und auch Eigensinn, die trotz aller körperlichen Ähnlichkeit vom Wesen ihres Vaters weit entfernt waren. Widmannstetter lächelte gerührt. Das hatte sie wahrscheinlich von ihrer Mutter. Diese glühend verehrte Hofmätresse hatte Hals über Kopf ausgerechnet den einfachen Doktor der Universität geheiratet, bei dem Widmannstetter in Tübingen Griechisch und Hebräisch gelernt hatte. Das gab es nicht jeden Tag. Ja, Anna Lucretia war die einzig Richtige. All die fröhlichen Italienerinnen, die er vor seiner Berufung nach Landshut in Rom so genossen hatte, brauchte er nicht mehr. Sabina wurde ungeduldig.
    »Also, Doktor Widmannstetter, was war der Grund dieser Auseinandersetzung?«
    »Es war Eure Nichte, das Fräulein von Leonsperg, Ihro Durchlaucht.«
    Herzog Ludwig fuhr hoch.
    »Meine Tochter? Wie ist das möglich?«
    »Hoheit, es war schon spät, aber ich arbeitete noch in der neuen Residenz. Alle Italiener waren bereits gegangen, die Deutschen an der Baustelle draußen auch. Ich befand mich im Nemesiszimmer. Ihr werdet Euch erinnern, gnädiger Fürst, am Vortag haben wir lange zusammengesessen: unschlüssig, wie wir die Schicksalsgöttin darstellen wollen. Ihr fandet meinen ersten Entwurf zu düster. Ich überlegte also vor Ort, welche Figuren wir wo platzieren sollten, mit welchen Attributen. Da stand auf einmal der Baumeister Niklas Überreiter vor mir. Ein gewaltiger Schreck durchfuhr meine Glieder. Er ist von kräftigster Statur und freundlich sah er nicht aus. Ich begrüßte ihn dennoch höflich. Er sah sich meine Notizen und Skizzen an, lobte sie auch, doch spöttisch tat er das. Nie hätte er gedacht, so sagte er, ich könne das eigene Schicksal so genau voraussagen. Meine Fortuna, auf ihrer Weltkugel schwankend, müsse wohl dem einmal hierhin, einmal dorthin blasenden Wind folgen. Nemesis, die Rachegöttin, für die ich ein eigenständiges Bild vorgesehen habe, drehe ja schnell am Schicksalsrad. Da hätte ich auch meine anderen Figuren bestens ausgesucht: die schöne Helena und das brennende Troja, den Tod des Polykrates oder den Scheiterhaufen von König Krösus. Mir wurde es langsam nicht geheuer. Ich fragte ihn direkt, was er mit seinen Anspielungen sagen wolle. Er war deutlich: Ich solle der eigenen Weisheit folgen und das Schicksal nicht über alle Maßen herausfordern.«
    Herzog Ludwig schüttelte verwundert den Kopf. »Was meinte er denn damit?«
    »Dass das Glück, Euch beim Bau Eurer neuen Residenz dienen zu dürfen, Hoheit, schon ungeheuer groß ist. Folglich erwarte mich großes Unglück, wenn ich annehme, was Ihr mir in Eurer unermesslichen Großzügigkeit schenken wolltet, nämlich die Hand Eurer einzigen Tochter. Das ist inzwischen kein Geheimnis mehr.«
    »Er hat Euch also bedroht«, ärgerte sich der Herzog.
    »Mehr als das, Hoheit, er hat mich deutlich vor den Folgen gewarnt.«
    Ludwig zuckte wie ein von Stechfliegen geplagter Ochse.
    »Das verstehe ich nicht. Überreiter ist von mir immer gut behandelt worden. Ich schätze ihn sehr, sonst hätte ich ihm nicht den Bau des neuen Weinkellers auf der Trausnitz anvertraut. Der wird immerhin noch größer und schöner als der des Kaisers in Wien.«
    Weißenfelder schüttelte nachdenklich den Kopf. »Das sieht der Baumeister womöglich ganz anders, Hoheit.«
    »Wie denn wohl, Herr Hofrat?«
    »Niklas Überreiter musste schon zweimal zurücktreten. Beim deutschen Bau der neuen Residenz durfte er Baumeister Zwitzel nur assistieren. Als Ihr den italienischen Bau ins Auge fasstet, im Sommer des Jahres 1536, ließet Ihr die beiden nach Mantua kommen, damit sie dort mit Euch den Palazzo Te studierten. Dennoch habt Ihr am Ende den Maestro Sigismondo und dessen Bautruppe verpflichtet. Wie Ihr wisst, Hoheit, sind die Landshuter Zünfte darüber sehr erbost. Da steht Überreiter, wenn er auch der erste Betroffene ist, keinesfalls allein.«
    Herzog Ludwig glich jetzt einem wütenden Stier. »Jeder soll tun, was er gut kann. Die Italiener können nun mal besser in ihrem Stil bauen als meine Landshuter. So etwas wie meine italienische Residenz wird einmalig sein in den deutschen Ländern. Das hat sogar mein Bruder in München verstanden mit seinem Hofrat Eck! Sie bringt Ruhm und Glanz für die Ewigkeit in unser Herzogtum. Dafür bleibt uns die Trausnitz, die Wiege der Wittelsbacher, nicht weniger lieb und teuer. Die habe ich nie vernachlässigt,
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