Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Süße Teilchen: Roman (German Edition)

Süße Teilchen: Roman (German Edition)

Titel: Süße Teilchen: Roman (German Edition)
Autoren: Stella Newman
Vom Netzwerk:
fühlen, weil ich mir vorgemacht habe, dass es zwischen uns gefunkt hat.
    »Wir müssen los.« Ich wende mich ab und hänge den Mantel vorsichtig wieder auf den Bügel. Sogleich erscheint der Sicherheitsbeamte an meiner Seite, und der Mantel wird wieder gesichert.
    Am Ausgang bitte ich den Türsteher um meinen Schirm. Er sucht, zuckt mit den Schultern und erklärt, da sei kein Blauer mehr.
    »Ich habe ihn Ihnen vor zwanzig Minuten überlassen«, entgegne ich und versuche, weder unhöflich noch aufgebracht zu klingen. Ich möchte nicht ungeschützt durch den Regen laufen, denn dann würden sich meine Haare kräuseln und ich lege mit einem Mal großen Wert darauf, dass Will mich nur hübsch und mit glatten glänzenden Haaren sieht.
    »Aber er ist nicht mehr da«, stellt der Türsteher fest.
    »Komm«, sagt Will. »Wir nehmen ein Taxi.«
    »Du hast Locken bekommen«, sagt Will, als wir uns im Eurostar auf unsere Plätze setzen.
    »Wenn du wüsstest, wie ich die hasse.« Ich binde die Haare zu einem Pferdeschwanz zusammen. »Sie lassen sich nicht bändigen. Ich komme mir vor wie Goldlöckchen.«
    »Das finde ich gerade so schön. Es ist, als sähe ich erstmals die wahre Sophie. Sonst wirkst du immer so beherrscht.«
    »Das musst du gerade sagen.«
    »Ich? Wer von uns beiden hat denn versucht, bei einem Ausflug Recherche zu betreiben? – Warten Sie, ich mache das.«
    Mir gegenüber versucht eine Dame mittleren Alters, zwei große Tragetaschen von Bon Marché und einen Koffer ins Gepäckfach zu hieven.
    Will springt auf und verstaut den Koffer.
    »Danke«, seufzt sie erleichtert. »Legen Sie die Tüten auf den Koffer, ja?«
    » Bon Marché ist fabelhaft, oder?«, sage ich.
    »Ja, aber wenn ich mit den Tüten nach Hause komme, bringt mein Mann mich um. Zweihundert Euro habe ich für den Käse ausgegeben. Als ich an der Kasse war, traf mich fast der Schlag. Könnten Sie die Sachen im Auge behalten? Ich muss kurz mal wohin.«
    Sie ist kaum verschwunden, als ein Mann in den Dreißigern auf uns zukommt. Er trägt eine weiße Leinenhose mit zu vielen Taschen, ein Billionaire-Boys-Club -T-Shirt und einen Schal, den er vermutlich ziemlich lange vor dem Spiegel hindrapiert hat.
    Er ist mit zwei großen Tragetüten von Colette , einer Computertasche und einem tropfnassen Schirm bepackt. Sein Handy klemmt zwischen Schulter und Ohr. Laut telefonierend bringt er seinen Kram in der Gepäckablage unter.
    »Ich hab den Typen von Red Bull gesagt, wenn wir den Deal mit Dubai machen, ist alles im Kasten. Den Markt reißen wir auf, Alter, den reißen wir so was von auf.« Er wirft den klatschnassen Schirm auf die Tüten von Bon Marché .
    Will springt auf und bringt die Tüten in Sicherheit. Der Typ wirft ihm einen Blick zu, nach dem Motto: Was haben Ihre Scheißtüten über meinem Sitzplatz zu suchen?
    »Und dann habe ich dem PR-Heini bei Freuds gesagt, hol deinen Finger endlich aus dem Arsch deines Kumpels und sieh zu, dass du einen der Player an Land ziehst, im Frühjahr will ich es krachen lassen. Okay, muss Schluss machen – was? – ja, dann soll der Depp mich doch hassen. Ciao.«
    Will setzt sich wieder. Der Typ schnuppert an den Bon-Marché -Tüten herum und schiebt die mit dem Käse angewidert von seinen Colette -Tragetaschen. Hinter seinem Rücken zeigt Will ihm den Finger. Ich deute an, ich müsste mich übergeben.
    »Du bist kindisch«, flüstere ich.
    »Dito«, erwidert Will.
    Der Typ setzt sich, holt seinen iPod hervor, setzt Kopfhörer auf und beginnt, in seiner GQ zu lesen.
    Will stupst mich unter dem Tisch leicht an und deutet auf den Hals des Typen.
    »Was ist?«
    »Sieh dir den Schal an«, flüstert er. Ich schaue genauer hin. Mein Gott, der Typ hat wahrhaftig den Schal bei Colette gekauft, den für achthundertfünfundvierzig Euro, auf dem zwei nackte Frauen es mit einem Leoparden treiben.
    »So ein Wichser«, flüstere ich und sehe zu den gefüllten Tragetaschen hoch.
    »Richtig«, raunt Will.
    »Ein totaler und absoluter Wichser, der Typ hat meinen Schirm geklaut.« Inzwischen sind mir nämlich die beiden zerbrochenen Speichen daran aufgefallen.
    »Soll ich was sagen?«, fragt Will.
    »Das erledige ich schon.« Ich tippe dem Typ auf den Arm. »Entschuldigung«, sage ich.
    »Was?«
    »Ich glaube, Sie haben bei Colette meinen blauen Schirm mitgenommen. Mir sind gerade die beiden gebrochenen Speichen aufgefallen.«
    »Wie klein die Welt ist«, antwortet er. »Wie lustig.«
    »In der Tat.«
    »Wollen Sie den wiederhaben?«,
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher