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Süß ist die Angst

Süß ist die Angst

Titel: Süß ist die Angst
Autoren: Pamela Clare
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vorstellen, dass ich auf dich einschlagen würde.«
    »So was darfst du mir nicht verraten. Dann fällt es mir schwer, mich vor dir zu fürchten.«
    Sie lachte.
    »Du wirst dich doch nicht vor mir fürchten.«
    Aber das stimmte nicht. Er fürchtete sich durchaus vor ihr.
     
    Sophie blickte hinauf zu den Sternen. Hunts Arm lag um ihre Schultern, und seine Stimme war wie ein Schnurren in ihrem Ohr, während er ihr die Konstellationen erklärte. Aus seiner Autoanlage drang ein romantischer Elvis-Song.
    »Das da ist das Sternbild des Löwen.« Er deutete in Richtung Westen. »Siehst du den Stern? Der so hell leuchtet? Das ist Regulus.«
    Sie blickte in die Richtung, in die er zeigte, und versuchte angestrengt, einen Löwen zu erkennen.
    »Und was ist dein Lieblingssternbild?«
    »Ich glaube, Orion, aber er ist jetzt nicht zu sehen. Schade, denn man kann ihn leicht erkennen. Er hat drei helle Sterne als Gürtel.«
    »Und warum magst du Orion am liebsten?«
    Er lächelte und sah ihr in die Augen.
    »Er ist der Jäger.«
    Hunt – jagen. Natürlich.
    Sie konnte kaum glauben, dass dieser anfangs so scheußliche Abend sich zum besten Abend entwickeln sollte, den sie je erlebt hatte. Er hatte ihnen beiden erst Softdrinks besorgt, dann waren sie in den Nationalpark gefahren, hatten an einer wunderschönen Stelle gehalten und waren ausgestiegen, um den phantastischen Blick über Wüste und Canyon und schroffe Felsformationen zu genießen. Dann war er mit ihr über Touristenstraßen gefahren, bis er einen schönen Platz zum Parken gefunden hatte.
    »Hast du die Eisenstange?«, hatte er gewitzelt, als er den Motor ausgestellt hatte.
    Sie hatten geplaudert, ihre Softdrinks getrunken und noch mehr geplaudert. Erstaunt hatte Sophie festgestellt, dass es ihr leichtfiel, ihm von sich zu erzählen – von ihrer früheren Schule in Denver, von der Einsamkeit, die sie hier in Colorado empfand, von der Lücke, die ihre Eltern hinterlassen hatten.
    »Du wünschst dir, du könntest sie zurückbringen, aber du kannst nichts tun«, sagte er und zog sie an seine Brust, als ihre Augen sich mit Tränen füllten. »Ja, das kenne ich.«
    Und dann erzählte er ihr, wie seine Mutter zweimal ins Gefängnis hatte gehen müssen und man ihn jedes Mal zu einer Pflegefamilie gebracht hatte. Das Sozialamt hatte erreichen wollen, dass er zur Adoption freigegeben wurde, aber er hatte gekämpft und sich geweigert, seine Mutter aufzugeben.
    »Und deswegen gerätst du jetzt so oft in Schwierigkeiten?«, fragte sie.
    Er sah sie überrascht an.
    »Wahrscheinlich«, antwortete er, nachdem er einen Augenblick geschwiegen hatte. »Wenn ich ein guter Mensch wäre wie du, dann hätte man leicht eine neue Familie für mich gefunden und mich von meiner Mutter getrennt. Aber sie ist und bleibt meine Mutter. Das wollte ich einfach nicht.«
    Sie sprachen über die Schule, über Lieblingslehrer, über Berufswünsche. Sophie erzählte ihm, dass sie immer schon Journalistin hatte werden wollen. Er erzählte, dass er Astronomie und Geologie mochte.
    »Ich wollte schon als Kind Astronaut werden«, sagte er und zuckte mit den Schultern, als hätte er gerade etwas nicht Ernstzunehmendes gesagt.
    »Warum nicht? Nein, ernsthaft! Warum nicht nach den Sternen greifen? Buchstäblich?«
    Er lachte und schüttelte den Kopf. Und ließ die Bombe platzen. »Im Augenblick wird mich kein College nehmen. Ich habe mich verpflichtet. Bei der Armee. Morgen früh bin ich weg.«
    »Du … du gehst?« Sie konnte es nicht glauben … und empfand einen seltsamen Schmerz in der Brust.
    Er blickte auf sie herab und grinste.
    »Wirst du mich vermissen, Elfe?«
    Und plötzlich wurde sie sich bewusst, dass sie ihn furchtbar vermissen würde. Sie hatte erst zwei, drei Stunden mit ihm verbracht, aber es fühlte sich so an, als würde sie ihn schon immer kennen.
    »Über dem Löwen steht das Sternbild der Jungfrau. Siehst du’s? Und der ganz helle Stern dort ist Spica. Wenn man ihm nach Süden folgt …«
    »Hunt?« Sophie traute sich kaum, es auszusprechen, aber wenn sie es nicht tat, hatte sie vielleicht nie wieder eine Chance dazu. Er würde morgen früh abreisen.
    »Hm?«
    Mit hämmerndem Herzen kratzte sie all ihren Mut zusammen.
    »Ich … ich wünschte, du würdest mich küssen.«
    Einen Moment lang sagte und tat er nichts, sondern sah ihr nur in die Augen, als versuchte er, in ihr zu lesen. Dann legte er ihr die linke Hand an die Wange, strich ihr mit dem Daumen über die Lippen und senkte den
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