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Sündenflut: Ein Merrily-Watkins-Mystery (German Edition)

Sündenflut: Ein Merrily-Watkins-Mystery (German Edition)

Titel: Sündenflut: Ein Merrily-Watkins-Mystery (German Edition)
Autoren: Phil Rickman
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festgestellt, dass sie nur traurig wurde, wenn sie das Foto ansah.
    Jetzt war es im
Heilig
-Ordner ihres Laptops gebunkert, zusammen mit der Mitgliederliste des Coleman’s-Meadow-Erhaltungsvereins. Jane wusste nicht so recht, warum sie das Bild an diesem Abend geöffnet hatte.
    Vor langer Zeit hatte man die Sonne über dem Cole Hill zwischen den aufrechtstehenden Megalithen von Coleman’s Meadow aufgehen sehen. Die Steine, die vor Jahrhunderten von einem frömmlerischen oder ängstlichen Bauern umgestürzt und eingegraben worden waren, könnten schon im nächsten Jahr wieder dort stehen – uralte Silhouetten vor der roten Morgendämmerung, ehrfurchtgebietende Wächter dieses geheiligten Bodens.
Eine kultische Wiederanknüpfung an die verborgenen Energieflüsse.
Das hatte sie in einem Schulaufsatz geschrieben. Und, echt,
dabei zu sein
, wenn das geschah! Oh Gott …
wenn
es geschah. Das würde nämlich nur passieren, wenn sie Lyndon Bastard Pierce daran hindern konnten, irgendein Ding zu drehen, durch das künftige Morgendämmerungen über hässlichen, postmodernen Flachbau-
Luxus-Eigenheimen
heraufziehen würden.
    Das konnte nicht geschehen. Es durfte nicht. Mit ein paar Tausend Mitgliedern, die sie jetzt weltweit hatten, war der Coleman’s-Meadow-Erhaltungsverein eine mächtige Interessenvertretung.
    Okay, vielleicht nicht
mächtig
, aber immerhin machten sie die Sache bekannt.
    Jane hatte im Salon des Pfarrhauses ein Kaminfeuer angezündet. Sie saß mit Ethel auf dem Sofa, einen Becher heiße Schokolade und den Laptop auf dem Couchtisch, und hörte dem Wind zu, der den Regen immer heftiger gegen das Fachwerkgemäuer aus dem 17 . Jahrhundert trieb. Wenigstens konnte sie sich darauf verlassen, dass sich Mom von Pierce nicht für dumm verkaufen lassen würde. Mom hatte es endlich verstanden.
    Es lief sogar richtig gut mit Mom zurzeit, eigentlich sogar schon ziemlich lange. Spirituelle Differenzen galten zwischen ihnen wenn auch nicht unbedingt als lösbar, so doch nicht mehr als unüberwindbare Mauer zwischen ihnen. Man konnte in dieser Gegend auch gar nicht als Pfarrerin arbeiten, ohne nach einer gewissen Zeit selbst zur halben Heidin zu werden.
    Auf jeden Fall stritten sie sich nicht mehr so viel. Jane wand sich bei der Erinnerung daran, wie sie im Garten des Pfarrhauses ihr selbstausgedachtes Frau-Luna-Ritual durchgeführt hatte. Da war sie wirklich noch ein kleines Mädchen gewesen. Eine Jungfrau. Prä-Eirion.
    Abrupt klickte Jane das Bild weg und schaltete den Laptop aus. Ethel hatte sich unter ihrem Arm auf ihren Schoß geschoben, schnurrte behaglich, und Jane streichelte sie langsam, den Blick auf die rot glühenden Kaminscheite gerichtet.
    Dann nahm sie ihr Handy, wurde beinahe schwach, rief dann aber doch nicht Eirion an, sondern versuchte es noch mal bei Neil Cooper. Sie wollte ihm eine Nachricht auf der Mailbox hinterlassen, damit sowohl er als auch seine Frau wussten, dass sie garantiert nicht …
    «Cooper.»
    «Oh.»
    «Jane», sagte er, und wenn sie ehrlich war, musste sie sich eingestehen, dass er nicht übermäßig begeistert klang.
    «Sorry, ich dachte, die Mailbox geht dran. Coops, hör mal, ich will dich nicht nerven oder so. Du hast mir deine Nummer zu Hause selbst gegeben, damit ich anrufen kann, wenn’s was Neues gibt.»
    «Und, was gibt’s Neues?»
    «Hm … also, na ja … nichts. Ich meine, das ist es ja gerade. Es passiert nichts. Alles wurde gestoppt. Warum ist alles gestoppt worden, Coops?»
    Sie kam sich dumm vor, aber er verstand doch bestimmt, wie wichtig das für sie war. Sie trug die Fackel weiter, die ihr Lucy Devenish übergeben hatte, die Volkskundlerin in dieser Gemeinde, die inzwischen tot war, und wenn Jane die Fackel erlöschen ließe …
    «Das Wetter ist nicht gerade günstig», sagte Neil Cooper.
    «Aber es gibt doch diese Zeltdinger, die man über die Gräben stellen kann.»
    «Ja, aber das reicht nicht. Und es besteht schließlich kein Grund, die Sache übers Knie zu brechen, oder? Abgesehen davon habe ich dir ja schon gesagt, dass es für mich nicht das wichtigste …»
    «Aber für mich, Coops. Nach Neujahr muss ich wieder in die Schule.»
    «Jane, die können schließlich nicht das ganze Projekt so einteilen, dass es in deinen Terminplan passt.»
    «Ich will doch nur … Ich will mich ja nicht einmischen oder so, ich will nur
dort
sein. Am Rand, mucksmäuschenstill. Ich will einfach dort sein, wenn die Steine wieder aufgerichtet werden.»
    «Na ja», sagte er,
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