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Sündenflut: Ein Merrily-Watkins-Mystery (German Edition)

Sündenflut: Ein Merrily-Watkins-Mystery (German Edition)

Titel: Sündenflut: Ein Merrily-Watkins-Mystery (German Edition)
Autoren: Phil Rickman
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Ganzkörperkondom, wie er die Spurensicherungsoveralls nannte, um sich die Sache näher anzusehen. Dann klatschte er in die Hände.
    «Also gut. Rufen wir die Fußtruppen. Wenn der Rest von diesem Typen irgendwo in der Nähe rumliegt, will ich, dass sämtliche Teile gefunden sind, bevor es hell wird. Außerdem muss das gesamte Gelände abgesperrt und die Schule für morgen geschlossen werden. Wo ist Billy Grace?»
    «Könnte sein, dass wer anders kommt», sagte Karen. «Aber es ist jemand unterwegs.»
    «Dieses Kreuz – hat das einen Namen?»
    «Ich weiß nicht, Boss. Aber dahinten steht eine Infotafel.»
    Karen führte Bliss zu dem Drahtzaun, der das Schulgelände abtrennte. Sie hielt ihre Taschenlampe hoch, und Bliss überflog das Schild.
    Errichtet im 14 . Jahrhundert und im
    19 . Jahrhundert umfassend restauriert,
    ist dies das einzige Beispiel für eine
    Betsäule, die im County die
    Zeiten überdauert hat …
    … errichtet in Zusammenhang mit dem
    Blackfriars-Kloster …
    … im Auftrag Sir John Daniels …
    … enthauptet aufgrund seiner Einmischung
    in die Kriege der Barone unter der
    Regentschaft Edwards III .
    «Und als sie diesen Sir John umgebracht haben, wurde da sein Kopf zufällig auf seinem eigenen Kreuz zur Schau gestellt?»
    «Das weiß ich nicht, Boss.»
    «Ich meine, das ist doch keine alte Hereforder Tradition, oder?»
    «Nicht zu meinen Lebzeiten jedenfalls», sagte Karen.
    «Irgendwer will hier die maximale Wirkung erzielen, Karen. Nach dem Motto:
Seht her, was ich getan habe.
»
    «Und vielleicht mit noch größerer Wirkung, als man eigentlich … Hier.» Karen gab ihm die Taschenlampe. «Das haben Sie vielleicht vorhin bei dem Blitzlicht von dem Fotoapparat nicht gesehen. Schauen Sie mal von hier.»
    Bliss ließ den Strahl der Taschenlampe von der Basis des Kreuzturms aus hochwandern. Das Licht erfasste, was vom Hals noch übrig war, schwarzes Blut und Knorpel.
    «Boss…»
    «Was?»
    «Gehen Sie mit dem Licht noch ein Stückchen höher.»
    Karen stellte sich neben ihn, hob seinen Arm etwas und hielt ihn fest, als das Licht die …»
    «Verdammt», sagte Bliss.
    «Genau, und wenn Sie ein paar Schritte zurückgehen, sehen Sie erst mal nur das.»
    Bliss schaltete die Lampe aus, ging ein paar Schritte zurück, und schaltete sie wieder an.
    «Was haben die Kerle mit ihm gemacht? Das ist, als ob er …»
    «Noch lebt», sagte Karen.

4 Wachsen oder sterben
    Der geleckte Lyndon Pierce erklärte ihnen, in welchem Jahrhundert man leben wollte. Eigentlich sogar, in welchem Jahrtausend.
    «Darum geht es, Leute.
Alles
geht einzig und allein um diese Frage.»
    Zur Bekräftigung schlug er auf den Tisch.
Leute?
Hatte Pierce im Fernsehen zu viele amerikanische Politiker gesehen?
    Niemand reagierte.
    Pierce hörte auf zu reden, und Merrily fiel auf, wie er über sein zurückgegeltes schwarzes Haar strich und den Blick durch den Versammlungssaal des Gemeindehauses aus den 60 ern wandern ließ, als sei er auf einmal unsicher geworden. Sie beugte sich zu Lol und flüsterte ihm ins Ohr: «Hat sein Publikum falsch eingeschätzt, oder?»
    «Vielleicht sind nicht die richtigen Leute gekommen», sagte Lol. «Kann sein, dass er einen Fehler gemacht hat, als er die Versammlung auf den verkaufsoffenen Abend gelegt hat. Abends kauft die arbeitende Bevölkerung ein. Er hat gerade festgestellt, dass er fast nur reiche Zugezogene vor sich hat.»
    «Mmmh.»
    Merrily dachte, dass sie zu viele der Versammlungsgäste nicht kannte. Früher hatte man als Pfarrer versucht, alle neu Zugezogenen in der Gemeinde kennenzulernen. Aber wenn man heutzutage mit einem Priesterkragen an einer Tür klingelte, gäbe man den Leuten das Gefühl, sie unter Druck setzen, bevormunden oder – noch schlimmer – missionieren zu wollen. Den Zugezogenen jedenfalls. Das waren nicht die Richtigen für Lyndon Pierce. Diese Leute
wollten
nämlich im vergangenen Jahrhundert leben, jedenfalls solange sie deshalb nicht zur Kirche gehen mussten.
    Und sie bildeten inzwischen beinahe die Mehrheit in Ledwardine, die Wochenendhausbesitzer und reichen Zugezogenen. Viele kamen, wenn sie nicht mehr berufstätig waren, aber das hieß auch nicht mehr dasselbe wie früher – Geschäftemacher aus London hörten mit fünfundvierzig auf zu arbeiten, verscheuerten ihr Londoner Reihenhaus für über eine Million und verkleinerten sich auf ein Bauernhaus mit vier Morgen Land und Nebengebäuden, die man zu Ferienwohnungen umbauen konnte. Pierce legte die Handflächen
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