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Süden und der Luftgitarrist

Süden und der Luftgitarrist

Titel: Süden und der Luftgitarrist
Autoren: Friedrich Ani
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Sie das?«
    Bachmann: »Das ist intern, darüber spreche ich nicht.« MH: »Für welchen Konzern entwickeln Sie das neue Projekt?«
    Bachmann: »Sportartikelindustrie, ein neues innovatives Herstellungszentrum mit Sporthallen, zwei Studios für die Produktion von Werbefilmen etcetera, ein deutschamerikanisches Mammutprojekt, ich habe heute Nacht mit einem unserer Investbanker aus New York telefoniert, sie sind weiter dabei, solange die Thüringer nicht einknicken, die kriegen plötzlich Schiss. Die Baukosten werden sich erhöhen, die Infrastruktur kostet mehr als geplant, aber am Ende werden hunderttausend Leute Arbeit finden, und zwar sichere Arbeit, in den verschiedensten Bereichen. Was ich im Moment mache, ist im Grunde Psychologie, Sie können sich gar nicht vorstellen, wie ängstlich Politiker sein können. Wenn eine Wahl ansteht, blasen sie gigantische Visionen in die Welt, und hinterher ziehen sie die Decke über den Kopf, weil sie mit der Wirklichkeit nicht klarkommen.«
    MH: »Warum wollte Edward Loos seinen Urlaub nicht verschieben?«
    Bachmann: »Fragen Sie ihn, wenn Sie ihn gefunden haben! Ich verrate Ihnen was, behalten Sie es für sich, es ist nicht mein Stil, erst mit anderen zu sprechen, bevor ich wichtige Entscheidungen treffe. Edward passt nicht mehr zu uns, er hat großartige Sachen entwickelt, er hat Reihenhaussiedlungen entworfen, da brauchen Sie keinen Strom mehr, so viel Licht fällt in die Räume, er ist ein Ass auf diesem Gebiet, er versteht viel von Dingen, die man nicht sieht, von der Arbeit mit Luft, von Abständen, von Trägern und Wänden, die Sie nicht bewusst wahrnehmen, weil sie verschiebbar sind oder so gelegt, dass sie absolut harmonisch in den Raum passen. Edward hat Preise für seine Ideen bekommen, zu Recht, alles zu Recht. Aber in gewisser Weise ist er im Kleinen stecken geblieben, er arbeitet gern für private Auftraggeber, überschaubare Projekte, kleine Gebäude für kleine Leute oder eben diese Reihenhäuser, die wirklich sensationell aussehen mit ihren großen Glasfassaden, diesen Balkonen, die wirken, als würden sie schweben, dieses helle, freie, phantasievolle Ambiente, fabelhaft für die Bewohner. Das soll er auch weiterhin machen. Aber nicht bei uns. Zudem – behalten Sie das bitte für sich, sowie er zurück ist, werde ich ihm das selbst sagen – zudem ist er nicht mehr kooperabel, er hat sich zu einem Tüftler entwickelt, er macht seine Sachen, ja, er hat Phantasie, deswegen haben wir ihn vor fünf Jahren auch mit aufgenommen, nur: Das reicht nicht. Das reicht nicht, wenn Sie nach vorn kommen wollen, wir sind zu gut für Reihenhäuser, bitte verstehen Sie mich nicht falsch, Edward findet garantiert schnell einen neuen Job, solche Leute werden überall gebraucht. Ich muss jetzt wieder rein.«
    MH: »Haben Sie ihn nicht gefragt, was er in München will?«
    Bachmann: »Er hat mir gesagt, er hat ein paar private Dinge zu erledigen, anscheinend sehr dringende private Dinge.«
    MH: »Was für private Dinge?«
    Bachmann: »Das hat er mir nicht verraten.« MH: »Ihrem Kompagnon auch nicht?«
    Bachmann: »Zwischen den beiden funktioniert es schon länger nicht mehr. Das ist auch ein Grund, weswegen wir die Struktur im Büro ändern müssen. So etwas wirkt sich auf die Kreativität aus, ich mag das nicht, solche unausgesprochenen Aversionen, das können wir uns nicht erlauben. Gradlinigkeit, darauf kommts an, wahrscheinlich ist das in Ihrem Beruf dasselbe.«
    MH: »Ahnt Edward Loos, dass Sie ihn feuern wollen?« Bachmann: »Ich bitte Sie, ich feuere meinen Kollegen nicht, wir trennen uns, ich habe Ihnen gesagt, wir leiten das Büro gemeinsam, wir treffen Entscheidungen gemeinsam.«
    MH: »Und wenn er mit dieser Entscheidung nicht einverstanden ist?«
    Bachmann: »Sie meinen, wenn er sich weigert zu gehen?«
    MH: »Das meine ich.«
    Bachmann: »Dann soll er bleiben. Dann werden wir sehen, wie es weitergeht. Aber es wird nicht weitergehen. Und das weiß er. Darüber mache ich mir keine Sorgen.«
    MH: »Sind Edward Loos und Alina Meyerlink ein Paar?«
    Bachmann: »Sie hatten ein Verhältnis, mehr war da nicht. Ich kann mich nicht erinnern, dass Edward je eine länger dauernde Beziehung gehabt hätte. Er ist ein Einzelgänger, in gewisser Weise ist er beziehungsuntauglich, in privater wie in beruflicher Hinsicht. Sein Wesen hat was Abstraktes, manchmal habe ich schon gedacht, er wäre der ideale Maulwurf, ein Agent auf Abruf. Wer weiß, vielleicht ist er einer.«
    Bevor er ihn
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